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stopthewar schrieb am 15.2. 2003 um 06:10:14 Uhr über

Schulden





Wie erpressbar sind Regierungen?

Norbert Rost 12.02.2003

Die steigende Verschuldung beeinflusst die Politik - auch im Hinblick auf
einen Krieg

Der angekündigte Krieg gegen den Irak führt zu der seltsamen Situation, dass
Regierungen sich strikt gegen den Großteil ihres Volkes stellen. Welchen Grund hat
es, dass selbst in Demokratien die Stimme des Volkes ungehört bleibt? Hängt alles
nur - wie so oft - am Geld?
















Beispiel Türkei: "Wenn du bis zum Hals verschuldet bist und die Europäische
Union dir nicht die Stange hält, kann es doch keine Alternative für die Türkei geben,
als den Amerikanern die von ihnen geforderte Unterstützung zu geben."






So spricht der sozialdemokratische Abgeordnete Inal Batu, früher
Botschafter im Dienst des Außenministeriums. Zwischenzeitlich gab die Türkei mehr als
36% der gesamten Staatsausgaben nur für Zinszahlungen aus.

In seinem inzwischen zum Bestseller avancierten Buch »Global Brutal« beschreibt der
US-Ökonom Michel Chossudovsky das immer gleiche Vorgehen des Internationalen
Währungsfonds IWF, um die Volkswirtschaft eines Landes unter Kontrolle zu bekommen.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Kreditvergabe. Unter der Maßgabe, die Wirtschaft
ankurbeln zu wollen, wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt, der neue Kredite meist für die
Zurückzahlung alter Zinsschulden vorsieht. Dies läuft so weit, dass die Neuverschuldung
nicht mehr in die Wirtschaft investiert wird, sondern nur zur Bedienung alter
Verpflichtungen herhalten muss.

Macht die entstehende Abhängigkeit Staaten erpressbar? Was die »Dritte Welt« angeht,
steht das laut Chossudovsky außer Frage. Doch auch Länder, die man als Industrienationen
bezeichnen könnte, bewegen sich auf gefährlichem Terrain.

Beispiel Russland:

Allein dieses Jahr stehen Rückzahlungen in Höhe von 20% des gesamten Staatshaushalts
an. Der Spiegel fragt hier: "Hat sich Russlands Regierung vom IWF
und Amerikas Investmentbankern ausnehmen lassen?" Und auch hier die Schlussfolgerung:
"Im Jahr vor der Krise hatte die Jelzin-Regierung doch gar keine Wahl mehr. Wäre sie den
Vorschlägen des IWF nicht gefolgt, den Rubelkurs mit Dollars aus neuen Krediten zu
stützen, hätte sie jede Unterstützung aus Europa und den USA verloren."

Beispiel USA:

Das Land steckt in einem Schuldendilemma, dessen Kollaps nur eine Frage der Zeit zu
sein scheint. Trotzdem gibt die US-Regierung Geld aus, als gäbe es dieses Problem nicht (
Wohin steuern die USA?). Noch immer ist der Dollar die
Welt-Leitwährung. Vertraut die US-Regierung weiterhin stur auf die jahrzehntealte,
traditionelle Stabilität Ihrer Währung? Oder spekuliert sie darauf, dass die Abhängigkeiten
anderer Nationen von der Stabilität dieser Währung so groß ist, dass sie einem Absturz
des Dollars nicht tatenlos zusehen werden?

Und: Bei wem haben die USA und ihre Bürger Schulden? An wen fließen die Tilgungen
und die Zinsen? Wer hat das Land und seine Leute auf diesem Wege in der Hand? Ist die
US-Regierung bereits gekauft? Im Jahr 2000 hatten die USA einen
nationalen Schuldenstand von 3,4 Billionen US-Dollar, die Regierung musste dafür 223
Milliarden Dollar an Zinsen zahlen. Mit den Steuererleichterungen und steigenden
Haushaltsausgaben (Rüstung, nationale Sicherheit) dürften die Schulden, so das
Congressional Budget Office, bis zum Jahr 2008 auf über 5 Billionen Dollar ansteigen.
Dann müssten jährlich 250 Milliarden Dollar oder 9 Prozent der staatlichen Ausgaben für
Zinsen ausgegeben werden.

Beispiel Deutschland:

2001 betrug die Verschuldung des öffentliche Gesamthaushalts 1. 203.887.000.000 Euro.
Euro. Für seine Schulden zahlt der Bund ca. 38 Milliarden Euro Zinsen, das sind fast 20%
sämtlicher Steuereinnahmen, Tendenz, dank Neuverschuldung,
steigend. Damit der Bund seine gesamten Schulden abbauen kann, müssten ca. 4 Jahre lang
sämtliche Steuereinnahmen für die Tilgung verwendet werden. Auch in Deutschland
werden inzwischen alle neuen Schulden für die Begleichung eines Teils der Zinsen für
alte Schulden benutzt. Auch in Deutschland ist also der Zwang zur Neuverschuldung allein
aufgrund alter Schulden bereits aktiv.

Gläubiger des Staates sind laut Bund der Steuerzahler inländische
Kreditinstitute, »das Ausland« sowie Versicherungen, Bausparkassen und Privatleute.
Bezeichnend dafür, wie heikel das Thema ist, ist die Äußerung vom Chef-Volkswirt der
Deutschen Bank Norbert Walter im Interview mit Sandra Maischberger auf n-tv. Auf die
Frage, ob und wenn ja wie die Deutsche Bank von einer höheren Verschuldung der
Bundesrepublik profitiert, antwortete er leicht stockend, das könne er nicht sagen, die
Bank sei so groß, da hätte er so spontan keine Übersicht. Dies ist wenig glaubhaft, wenn
man bedenkt, dass die Deutsche Bank das größte Kreditinstitut Deutschlands ist und damit
auch einen nicht unerheblichen Anteil an Krediten des Staats halten dürfte. Als
PANORAMA im April 2002 unter dem Thema Wem gehört die
Republik? nachfragte, gab es auch nur: »Kein Kommentar«.

Währenddessen gründen Unternehmen in Berlin eigene
Niederlassungen, um möglichst nah an der Politik zu sein. Der
Einfluss der Unternehmen auf Politiker und die von ihnen
unterstützten Entscheidungen werden immer größer.

Die meisten europäischen Nationen haben inzwischen einen
Schuldenstand angehäuft, der nicht mehr problemlos abtragbar sein
dürfte. Das Beispiel Türkei zeigt, dass die finanziellen Abhängigkeiten von Staaten
Einfluss auf die Politik ausüben können, die vom Volk nicht gewünscht sind. Gerade in
der aktuellen Situation, in der die Menschheit in einen neuen, gefährlichen Krieg geführt
werden soll, der mit fragwürdigen Methoden begründet wird, sollten die Menschen ihre
Regierungen fragen: Wie sehr werden eure Entscheidungen von fremder Leute Geld
beeinflusst?






























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last modified: 12.02.2003
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