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HiSven schrieb am 4.4. 2005 um 22:22:49 Uhr über

Wahrnehmung

Aus der Frage, wie es mir gehe, vorausgesetzt, sie wird überhaupt an mich gerichtet, was in letzter Zeit eher selten vorgekommen ist - nicht, daß mich das stören würde oder sonstwie beunruhigen, im Gegenteil - erhebt sich, wenn ich mit der Gewissenhaftigkeit, die mir schon seit langem eigen ist, darauf antworten möchte, die Notwendigkeit, das Verhältnis meiner Wahrnehmung hinsichtlich derjenigen guten und schlechten Dinge, die mich betreffen, zu überprüfen. Dabei beginne ich in der Regel mit den schlechten Dingen, ich weiß nicht warum, ich könnte geradesogut mit den guten anfangen, aber es erscheint mir naheliegender, mit den schlechten anzufangen. Möglicherweise ist meine Leidensfähigkeit, also die Wahrnehmung der schlechten Dinge, stärker ausgeprägt als meine Genußfähigkeit, die für die guten Dinge zuständig ist, allerdings könnte ich nicht behaupten, daß mir das gefiele, ich habe von jeher Symmetrie bevorzugt. Denn es ist so, daß gewisse Überlegungen durch die Tatsache - die bloße Vermutung reicht schon aus - dadurch unnötig erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden können, daß meine Leidens- und Genußfähigkeit unterschiedlich stark ausgeprägt sein könnten. Diese Möglichkeit beunruhigt mich zutiefst. Es muß also, um mich zu beruhigen, ein anderer Grund vonnöten sein, aus dem heraus ich meine Überprüfung für gewöhnlich mit den schlechten Dingen beginne, die übrigens in den meisten Fällen, an die ich mich erinnere, sich zu verbessern scheinen, zumindest seit einiger Zeit. Dafür gibt es, soweit ich es zu diesem Zeitpunkt überblicken kann, zwei Möglichkeiten. Entweder werden die schlechten Dinge tatsächlich immer besser, während meine Wahrnehmung und somit meine Leidensfähigkeit die gleiche bleibt, oder die schlechten Dinge bleiben gleich schlecht, während meine Wahrnehmung abstumpft und infolgedessen im selben Tempo auch meine Leidensfähigkeit abnimmt. Das ist nicht unbedingt von Nachteil, da mir, wie bereits ausgeführt, in diesem Fall die schlechten Dinge immer besser erscheinen, obwohl sie in Wirklichkeit gleich schlecht bleiben. Allerdings nimmt mit der Abstumpfung meiner Wahrnehmung auch meine Genußfähigkeit ab. Das hat zur Folge, daß die guten Dinge für mich immer schlechter werden, obwohl sie in Wirklichkeit gleich gut bleiben. Im selben Tempo, in dem meine Genußfähigkeit infolge abstumpfender Wahrnehmung abnimmt, müssen also die guten Dinge, damit sie für mich scheinbar immer gleich gut bleiben sollen, immer besser werden. Damit sie mir indes besser erscheinen sollen, als sie sind, muß das Tempo, mit dem die Verbesserung der guten Dinge vor sich geht, dasjenige, mit dem meine Genußfähigkeit abnimmt, übertreffen, und damit ist kaum zu rechnen. Denn zweifellos stumpft meine Wahrnehmung, sofern sie überhaupt abstumpft, immer schneller ab, und demzufolge nehmen im gleichen Tempo Genuß- und Leidensfähigkeit ab. Hinwiederum ist das von Vorteil, denn je schneller meine Leidensfähigkeit abnimmt, desto schneller scheinen mir die schlechten Dinge besser, vorausgesetzt, sie bleiben gleich schlecht und werden nicht etwa im selben Tempo, oder noch schneller, schlechter. Nahezu ideal ist es, wenn die schlechten Dinge gleich schlecht bleiben, während die guten immer besser werden: Die abnehmende Leidensfähigkeit bewirkt, wie bereits ausgeführt, kontinuierliche Verbesserung der schlechten Dinge (scheinbar für mich), die abnehmende Genußfähigkeit bewirkt kontinuierliches Gleichbleiben der guten Dinge. Das ist eine Situation, wie sie von Fall zu Fall sogar zutrifft, allerdings ist sie selten von längerer Dauer und bisher offenbar niemals von Konsistenz gewesen, denn das würde bedeuten, daß alle guten Dinge, selbst diejenigen, die mich zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht betreffen, gleichzeitig und im selben Tempo besser würden und dementsprechend alle schlechten Dinge im selben Zeitraum unverändert blieben. Das erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich, ich will diese Situation als hypothetischen Sonderfall betrachten, der, sollte er jemals eintreten oder bereits eingetreten sein, von mir höchstwahrscheinlich unbemerkt bleiben wird beziehungsweise unbemerkt geblieben sein wird, da mir die Möglichkeiten fehlen, zu einem bestimmten Zeitpunkt alle guten und schlechten Dinge gleichzeitig auf ihre Konsistenz hin zu überprüfen. Es kann mir also egal sein. Hingegen tritt der gewöhnliche Fall, also die zeitweilige und unregelmäßige Verbesserung einiger guter Dinge, die zufällig mit dem dem Gleichbleiben einiger schlechter Dinge zusammenfällt, durchaus gelegentlich ein, ich brauche das hier nicht zu wiederholen. Ich wiederhole es nur, da mir scheint, daß dieser Fall, wie bereits ausgeführt, in letzter Zeit des öfteren eintritt, was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, daß meine Wahrnehmung immer schneller abstumpft. In der Regel jedoch, zumindest ist das bis vor kurzem noch die Regel gewesen, habe ich festgestellt, daß diejenigen guten und schlechten Dinge, die mich betreffen und die ich beobachte (was ich durchaus nicht immer tue, mein Gott, als hätte ich nicht auch etwas anderes zu tun, freilich sehr selten) in ganz unvorhergesehener Weise besser oder schlechter werden oder gleich gut oder gleich schlecht bleiben, für wer weiß wie lange Zeit. Ich konnte also nicht immer mit Sicherheit sagen, daß meine Wahrnehmung überhaupt abstumpft, und ich erinnere mich nicht, das je behauptet zu haben. Es ist nicht ausgeschlossen, daß von beiden erwähnten Möglichkeiten die erste zutrifft, nämlich daß meine Wahrnehmung immer gleich bleibt, während die guten und schlechten Dinge sich wie auch immer verändern, oder, dritte Möglichkeit, meine Wahrnehmung sich sogar zunehmend verfeinert, was ich indes nicht hoffe. Denn das hätte zur Folge, daß meine Genuß- und Leidensfähigkeit im gleichen Tempo zunähmen und somit die schlechten Dinge, sofern sie gleich schlecht bleiben, mir immer schlechter erscheinen würden, und, sobald sie tatsächlich schlechter werden, mir in ganz unangemessener und unerträglicher Weise schlecht erscheinen würden. Unzweifelhaft würde durch die zunehmende Genußfähigkeit, mit der ich die guten Dinge wie bereits ausgeführt wahrnehmen würde, dieser Zustand bis zu einem gewissen Grade ausgeglichen werden können - vorausgesetzt, meine Genußfähigkeit ist ebenso stark ausgeprägt wie meine Leidensfähigkeit - aber ich vermute - der Vorsicht halber gehe ich zumindest davon aus -, daß die Anzahl der schlechten Dinge die der guten, und sei es auch noch so gering, möglicherweise übertrifft. Es ist daher vorteilhaft anzunehmen, daß meine Wahrnehmung abstumpft, während die Annahme einer immer weiter sich verfeinernden Wahrnehmung oder zumindest die bloße Vorstellung davon eher in solchen Zeiten günstig ist, in denen die Anzahl der guten Dinge die der schlechten Dinge übertrifft, und damit ist kaum zu rechnen. Obwohl ich das nicht mit Bestimmtheit sagen kann, denn es liegt außerhalb meiner Möglichkeiten, das Verhältnis der Anzahl der guten und der schlechten Dinge zueinander zu einem bestimmten Zeitpunkt mit Sicherheit feststellen zu können, so daß ich es mir, wenn ich gewissenhaft auf die Frage, wie es mir gehe, antworten möchte, nicht erlauben darf zu antworten, danke, es geht mir gut, doch, ich kann nicht klagen, nicht einmal das.

März 2005


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