>Info zum Stichwort Gewalt | >diskutieren | >Permalink 
Jussufbenjussuf schrieb am 21.3. 2002 um 18:38:44 Uhr über

Gewalt

Eine Gerichtsverhandlung über die Gewalt aus dem Monitor.


1. Der Angeklagte

Der große, starke Held mit orangem Kampfanzug, nennen wir ihn einmal „Gordon Freeman“, läuft mir gezückter MG durch eine dunkle und riesige, geheime Forschungseinrichtung. Warnendes Geächze verrät einen Zombie, der hinter der Ecke steht und nur darauf wartet, jedes humane Wesen zu zerfleischen. Gordon wirbelt geschickt und schnell um die Ecke und zersiebt das viel zu langsame Etwas ihm gegenüber, blutend und stöhnend geht das Halb-Mensch-Halb-Zecke-Wesen zu Boden. Weiter mit dem Abenteuer. So in etwa stellen wir uns doch eine Szene in den meisten sogenannten Gewalt-Computer (oder Video)-Spielen vor, hier im Beispiel übrigens „Half-Life“, das in der englischen Version bei uns auf dem Index steht und deshalb in einer zensierten deutschen Version angeboten wird. Fest steht: In den Spielen, seien es Computer- oder Konsolenspiele, die in das GenreEgo-Shooter“ (Spiele, bei denen Reflexe und das Ausschalten von Gegner im Vordergrund stehen und man sich in 1st-Person-Sicht durch eine Welt bewegt) eingereiht werden, wird Gewalt dargestellt. Bei manchen ist sie häufiger und deutlicher, bei anderen wiederum nur vereinzelt und durch Schatten oder leise Schreie angedeutet. Diese Detailtreue in der Darstellung von Gewalt ist übrigens die ausschlaggebende Messlatte für die BPjS (mehr zu dem Thema aber vom Markus).

2. Der Kläger

Amerika war der Vorreiter in den Ländern der Welt, was Kriminalität an Schulen und, allgemeiner gesagt, Kriminalität unter Jugendlichen betrifft. Einige Beispiele liefern zahlreiche Berichte in der Vergangenheit über Attentate und Massaker an Schulen. Diese Welle der Gewalt, des Drogenhandels und Konsums, des Waffenbesitzes und anderem schwappt seit Mitte der 90er Jahre nun auch nach Europa und nach Deutschland. Beispiele gefällig? Erinnert euch doch nur mal an Bad Reichenhall...oder wenn ihr damals nicht die Glotze angeschaltet habt, dann schaut einfach mal auf den Schulhof in einer beliebigen Grundschule in der Pause. Ich sehe brave Mädchen beim Pokémonkarten tauschen (oder natürlich auch Jungen), aber dann rennen manche mit einem imaginären Gewehr herum und spielen Krieg. Sterben übrigens richtig authentisch, die Kleinen. Oder sie »catchen« sich zu Boden wie es die Vorbilder Goldberg und Hulk Hogan machen. OK, das ist noch eher harmlos im Gegensatz zu ersterem Beispiel, aber diese eher jüngeren Versionen der gewalt-i-fizierten Jugend werden aber auch mal älter...Für eben diese fortgeschrittene Generation machen es hiesige schärfere Gesetze und eine andere Einstellung zu Waffen als in Amerika zwar schwerer, aber das Problem besteht dennoch. Tja, nun stellen sich besorgte Lehrer, Eltern und Opfer die durchaus berechtigte Frage:
Woher kommt die Gewalt und Kriminalität unter den Jugendlichen???

3. Die Anklage

Der Mensch hat die Eigenschaft für negative Geschehnisse einen Sündenbock zu benötigen, der dann fernab von sachlicher und objektiver Diskussion als der alleinige Verursacher der Misere dargestellt wird. Einige Beispiele: In den 70er Jahren war das Konsumieren von Drogen in etwa das was die Gewaltspiele (mitunter) heute sind: Die Antwort auf oben genannte Frage.
Der Gegenstand aller langen Diskussionen um dieses Thema ist nun, ob die Verrohung der Kids wirklich allein oder zum großen Teil an den Gewaltdarstellungen in Computer -und Videospielen liegt, oder ob die Blutspiele gar nichts damit zu tun haben.

4.Das Urteil

Hier kann ich jetzt nur meine eigene Meinung einbringen, aber um nicht mit den von vielen Vorurteilen belasteten Durchschnittsbürgern streiten zu müssen und um euch glücklich zu machen, werde ich das höchstrichterliche Urteil sehr allgemein fassen: Ich glaube, dass es kaum ein Übel in der Welt gibt, an dem nur eine Sache allein schuld ist und genau sowenig ist an unserem Problem nur der Angeklagte schuld. Mitschuld ja, aber nicht allein verantwortlich: Der Junge in Bad Reichenhall hatte tatsächlich entsprechende Spiele auf seinem Rechner, aber es kam auch heraus, dass er Mitglied in einer antisemitisch orientierten Gruppe war und sogar nationalsozialistisches Material besaß. Die fightenden Kids auf dem Pausenhof werden nicht unbedingt „Half-LifeoderQuakespielen, aber trotzdem gehts bei denen schon mal rau zu, da spielt bei der ganz jungen und somit eher beeinflussbareren Generation der Fernseher gewiss mit eine wichtige Rolle. Aber auch nicht allein. Und ich, ich spiele solche Spiele übrigens recht gern. Nicht, weil ich des Gegners Kopf auf mich zurollen sehen will, sondern den Nervenkitzel mag, der mit der düsteren Stimmung und der Gefährdung des eigenen virtuellen Lebens verbunden ist. Und bringe ich Menschen um??? So ist es übrigens bei der Mehrheit von Onlinespielern auch; Blutpatches und Motorsägen-Optionen werden ausgeschaltet um den sportlichen Charakter des Multiplayerspiels zu erhalten. Also man sieht: Gewalt heißt nicht gleich Computer um es kurz zu sagen. Anstatt mit solchen Sprüchen (ohne viel dahinter) die gesamte Computer -und Videospiele Welt zu verdammen, sollte man erstmal versuchen, derartige Spiele in den Händen derer zu lassen, die es vertragen und mit der richtigen Erziehung der eigenen Kinder eine gute und stabile Grundlage schaffen, um zu verhindern, dass diese nicht gleich bei der ersten Konfrontation mit Gewalt ausrasten, ihre Spielerlebnisse auf das wahre Leben übertragen und eine MG mal in der Realität ausprobieren...

-Freispruch für den Angeklagten-



   User-Bewertung: +1
Versuche nicht, auf den oben stehenden Text zu antworten. Niemand kann wissen, worauf Du Dich beziehst. Schreibe lieber eine atomische Texteinheit zum Thema »Gewalt«!

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Gewalt«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Gewalt« | Hilfe | Startseite 
0.0396 (0.0307, 0.0076) sek. –– 871610088