weil ihre scheinbar nicht hierarchische Darstellung oder Aussage in Wirklichkeit nur eine völlig hierarchische Lösung zuläßt. So zum Beispiel bei dem berühmten Fi-eundschafts-Theot-em: »Wenn zwei beliebige Individuen in einer Gesellschaft genau einen gemeinsamen Freund haben, dann gibt es ein Individuum, das mit allen anderen befreundet ist.« (Rosenstiehl und Petitot fragen, wer nun dieser gemeinsame Freund ist. »Ist der universelle Freund dieser Gesellschaft von Paaren der Lehrer, der Beichtvater oder der Arzt? All diese Vorstellungen sind vom Ausgangsaxiom erstaunlich weit entfernt.« Ein Freund des Menschengeschlechts oder vielleicht der Philo-soph des klassischen Denkens, selbst wenn er nur eine verkümmerte Einheit ist, wenn sein Wert nur in seiner Abwesenheit und Subjektivität liegt und er daher sagt: Ich weiß nichts und ich bin nichts?) Die Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von Theoremen der Diktatur. Darauf läuft auch das Prinzip der Wurzeln und Bäume hinaus, oder der Ausweg und die Lösungsmöglichkeit der Nebenwurzeln: auf die Struktur der Macht. 15
Diesen zentrierten Systemen setzen die Autoren Systeme ohne Zentrum entgegen, Netzwerke von endlichen Automaten, in denen die Kommunikation von einem Nachbarn zum anderen hergestellt wird, in denen Stränge oder Kanäle nicht schon vorgegeben sind, in denen alle Individuen untereinander austauschbar und nur durch einen momentanen Zustand definierbar sind, so daß die lokalen Vorgänge koordiniert werden und das Endergebnis unabhängig von einer zentralen Instanz synchronisiert wird. Eine Transduktion intensiver Zustände löst die Topologie ab, und »der Graph, der den Informationsfluß reguliert, ist gewissermaßen das Gegenteil eines hierarchischen Graphen... Es gibt keinen Grund, warum der Graph ein Baum sein sollte« (wir würden einen solchen Graphen als Karte bezeichnen). Hier stellt sich das Problem der Kriegsmaschine oder des Firing Squad: braucht man einen General, damit n Individuen gleichzeitig abfeuern können? Vom Standpunkt eines Kriegsrhizoms oder einer Guerillalogik aus kann man die Lösung ohne General für eine nicht zentrierte Mannigfaltigkeit finden, die eine begrenzte Anzahl von Zuständen und Signalen mit entsprechender Geschwindigkeit enthält, ohne daß die Kopie eines zentralen Befehls notwendig ist. Man kann sogar zeigen, daß eine solche maschinelle Mannigfaltigkeit, ein maschinelles Gefüge oder
15. Pierre Rosenstiehl und Jean Petitot, »Automate asocial et syst@mes acentr@«, in Comniuni(-atiotis. Nr. 22, 1974, S. 45-62. Zum Freundschaftstheorem vgl. Herbert S. Wilf, The Fi-iend,@hip Theo@-em in Conibinatoi-ial Mathemati(-s, Welsh Academic Press; über ein ähnliches Theorem, das sogenannte Theorem der kollektiven Unentschlossenheit, vgl. Kenneth J. Arrow, So(@ial Choi(-e and individual Values, New York 1963.
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eine maschinelle Gesellschaft, jeden zentralisierenden u lichenden Automaten als »asozialen Eindringling« zurüc ist n immer n-1. Rosenstiehl und Petitot betonen, daß zentrisch-azentrisch nicht so sehr aufgrund der Ding bezeichnet, sondern vielmehr gaufgrund der Zurechnun denen er an die Dinge herangeht. Bäume können an ein schlossen sein oder im Gegenteil ein Rhizom hervortr allgemeinen trifft es zu, daß ein und dieselbe Sache nungsweisen oder Steuerungstypen zuläßt, wobei ihr Zu jeweils grundlegend ändert. Das gilt zum Beispiel Psychoanalyse: nicht nur in ihrer Theorie, sondern auch der Zurechnung und Behandlung unterwirft sie das Unb artigen Strukturen, hierarchischen Graphen, wiederhol rungen, Zentralorganen, dem Phallus, Phallusbaum. In hung kann die Psychoanalyse ihre Methode nicht ände ihre eigene diktatorische Macht auf einem diktatorisch Unbewußten. Die Manövrierfähigkeit der Psychoan ziemlich beschränkt. In der Psychoanalyse wie in ihre gibt es immer einen General, einen Chef (General Freu analyse dagegen, die das Unbewußte wie ein azentr behandelt, wie ein maschinelles Netz endlicher Autom gelangt zu einem ganz anderen Status des Unbewußten für die Linguistik. Rosenstiehl und Petitot er "
wagen
Möglichkeit einer »azentrischen Organisation einer G Wörtern«. Für Aussagen und Begierden geht es nie d bewußte einem Baumschema entsprechend zu reduzier tieren oder signifikant zu machen. Es geht darum, das produzieren, und mit ihm neue Aussagen, andere Rhizom ist diese Produktion des Unbewußten selbst.
Es ist merkwürdig, wie der Baum die Wirklichkeit u
16. Ebenda. Das wichtigste Merkmal eines azentrischen Systems: die werden unabhängig von einer zentralen Instanz koordiniert, und werden im gesamten Netzwerk (Mannigfaltigkeit) vorgenommen. » Personendatei nur bei den Personen selber angelegt werden, denn Lage, sich zu beschreiben und die Angaben auf dem laufenden zu schaft selber ist die einzig mögliche Datenbank für persönliche Dat aus azentrische Gesellschaft lehnt den zentralisierenden Automaten dringling ab.« (S. 62) Zum »Firing Squad Theorem« vgl. S. 51-57. E daß Generale, die davon träumen, sich die fonnalen Techniken d anzueignen, auf Mannigl@ltigkeiten »von synchronen Modulen« zu zahlreichen, voneinander unabhängigen leichten Einheiten beruhen», ein Minimum von zentralisierter Macht und «hierarchischen Schal siehe auch Guy Brossollet, »Das Ende der Schlacht«, übers. von W Spanocchi, Guy Brossollet, Vei-teidigung ohne S(-hla(@ht, München 19
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