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Max van der Moritz schrieb am 16.1. 2003 um 17:16:02 Uhr über

Gogos

Noch einige Bemerkungen aus der Praxis und den Überlegungen, die daraus folgen. Es freut mich übrigens, daß es anscheinend in Deutschland doch auch Bestrebungen gibt ein Gutscheingeld herauszugeben. Leider hat es aber anscheinend keinen eigenen Wertstandard, ist also nicht Freigeld.


Der Teufel im Detail.

Es kommen in der Praxis immer wieder Sachen vor, die man in der Theorie nicht beachtet hat und die einem auch bei den Erfahrungsberichten vorhergehender praktischer Experimente nicht aufgefallen sind. Unterschiede in der Versuchsanordnung und andere wirtschaftliche Situationen können da Ergebnisse haben, mit denen man nicht gerechnet hat. Ein Beispiel dafür ist die wesentlich langsamere Umlaufgeschwindigkeit der ersten Gogos gegenüber dem Wörgler Geld 1932.
Nachdem das bemerkt worden war, wurde die Sache aber schnell klar. Erstens ist die wirtschaftliche Lage eine wesentlich andere und es besteht beim Gogoexperiment noch nicht eine Deflation mit einem Sinken des Preisniveaus um 7% im Jahr bei dem praktisch das gesamte Nationalbankgeld vom Markt verschwunden war und zweitens werden die Gogos nicht vom Bürgermeisteramt eingeführt. Sie wurden auch nicht, wie in Wörgl an Leute ausgegeben als Teil ihres Monatslohnes, die das lokale Geld genau so ausgaben, wie sie das andere Geld ausgegeben hätten.
Das sind die Hauptgründe der langsameren Anfangsbewegung und nicht die geringere Gebrauchsgebühr. Die Geschwindigkeit des Gogoumlaufes wird sich automatisch steigern, wenn das andere Geld noch mehr verschwindet und wenn die Gogos Leute erreichen, die alles Geld, das sie bekommen ohnehin schnell ausgeben. Der Kreislauf jedes Geldes hängt weitgehend von den Benützern ab und die Leute, die anfangs die Gogos in die Hand bekamen, hatten keine sonderliche Eile damit, sie weiter zu geben. Es war auch noch keinesfalls bekannt, wer überhaupt Gogos akzeptiert. Es war also gar nicht so einfach, die Gogos zu verwenden aber auch das wird sich im Laufe des Jahres ändern.
Trotz dieser Mängel wurde aber kein einziger Gogo zurück getauscht. Alle warten darauf verwendet zu werden. Sie sind schon dazu bereit, das verschwindende Nationalbankgeld zu ersetzen. Daß die Sache langsamer geht hat nicht nur Nachteile. Im Gegenteil - es erlaubt einen langsameren evolutionären Übergang von einem Geld zu einem anderen.
Nachdem die Ursachen der langsameren Bewegung erkannt worden waren, kann man auch etwas dagegen tun. Das Wichtigste dabei ist das, daß die Leute selbst erkennen, daß die Gogos nur dann ihre segensreiche Wirkung haben können, wenn jeder sich bemüht sie weiter zu geben. Die Annahme, daß die Gogos, wenn sie erst akzeptiert worden waren, schnell weiter gegeben würden, war augenscheinlich nicht ganz richtig, weil eben die Unterschiede zur Wörgler Situation nicht richtig eingeschätzt worden waren.
Das ist kein großer Schaden und eine Erfahrung aus der nun andere Gogomeister lernen können. Da es ihnen kaum gelingen wird zu viele Gogos in Umlauf zu bringen, wenn sie nicht von selber beginnen umzulaufen, werden sie selber auch Mittel und Wege finden müssen, damit Leute die Gogos in die Hände bekommen, die sie gerne weiter geben werden.
Der alte Gogomeister hat dafür schon Pläne und wird berichten, wie erfolgreich sie sind. Der Rindfleischvorverkauf allein kann 6000 Gogos in Umlauf bringen und sind die erst einmal unter dem Publikum und die Dollars dafür in der Kassa der Ausgabestelle können mindestens gleich viele Gogos auch als zinsfreie Wechselkredite in Umlauf gebracht werden. Es wird auch andere Kaufleute geben, die Gogos als Warengutscheine verkaufen werden, genau wie es der Oldy mit dem Rindfleisch macht. Manche werden die Gogos dafür durch Wechsel bezahlen aber kleinere Mengen werden sicher auch bar bezahlt werden. Es sollte keine großen Schwierigkeiten machen, die dreifache Geldmenge an Gogos in Umlauf zu bringen, als damals in Wörgl im Umlauf waren.
Die Hauptsache wird sein, daß auch Arbeitnehmer, die normalerweise ihr Geld selbst dann zur Gänze ausgeben, wenn es nicht umlaufgesichert ist, Gogos in ihre Hände bekommen. Angestellte und Arbeiter in den beteiligten Geschäften und Gewerben kommen dabei in erster Linie in Frage. Wenn viele Leute mit Gogos in der Brieftasche etwas in den Geschäften kaufen wollen wird das Selbstinteresse der Kaufleute dazu führen, daß sie versuchen werden möglichst viele dieser Gogos zu erhaschen.
Selbst ein Arbeitsloser wird sich günstiges Fleisch in Form von Gogofleischgutscheinen kaufen aber dann wahrscheinlich früher damit andere Bedürfnisse decken. Besonders, wenn ihm klar gemacht wird, daß diese Gogos dann weiter lokal verwendet werden und das Geschäft im Ort beleben werden, was vielleicht auch ihm zumindest Gelegenheitsarbeit bringen könnte. Auch in Wörgl waren die 25% Arbeitslosen, die wieder Arbeit fanden nicht in ihren alten Betrieben unter gekommen. Die konnten mangels Absatz im Rest von Österreich gar nicht wieder eröffnet werden. Es war nur lokale Arbeit im Straßenbau und auch bei der Renovierung von Privathäusern, die den Löwenanteil der Arbeitsplätze schuf.
Wenn alle ihre lokalen Gogos ausgeben, können alle auch erwarten, sie irgendwann einmal wieder zu sehen.
Die Geschwindigkeit des Umlaufes und die Geschwindigkeit der Gogoausbreitung hängt nicht allein von den Gogos und der Arbeit der Gogomeister ab, sondern auch davon, was mit dem anderen Geld passiert. Der Idealfall für die Gogos wäre die Einführung eines Goldstandards, wie zur Zeit von Wörgl. Da wären die Gogos nicht mehr aufzuhalten.
Selbstverständlich ist der Welthandelsteil des Geldumlaufes nicht mit einem lokalen Geld zu machen aber das wird von ihm ja nicht verlangt. Es soll damit nur das aus den kleinen Städten zuerst verschwindende Geld, das dann im lokalen Umlauf fehlt, ersetzt werden. Gelingt das im Gegensatz zu Wörgl bevor die Betriebe mangels Absatz geschlossen werden müssen, kann der lokale Umlauf dadurch gesteigert werden, indem sich die Betriebe mehr auf lokalen Absatz umstellen.
In Wörgl wurde zu spät mit dem Wörgler Geld begonnen und daher geschah das nicht mehr. Die Betriebe waren schon stillgelegt und geschlossen. Daher konnten in der kurzen Zeit auch nur ein Viertel der Arbeitslosen wieder in den Geldumlauf eingebracht werden. Es ist zu hoffen, daß es diesmal gelingt lokales Geld früher in Umlauf zu bringen und später eine Ausweitung der Umlaufes zu erreichen. Die Kleinstädte in der näheren Umgebung leiden ja auch schon an Geldmangel und werden darum gerne dem Beispiel folgen, wenn sie erst sehen, wie das Geschäft mit dem lokalen Tauschmittel aufblüht.
Das geschah ja in Wörgl auch. Hätten damals alle 170 Gemeinden, die sich anschließen wollten, mitgemacht, wäre ein derartig großer Markt mit funktionsfähigen Geld versorgt worden, daß der Absatz vieler Güter gewährleistet worden wäre und noch mehr Arbeitslose als in Wörgl wieder Arbeit gehabt hätten.
















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