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peter schrieb am 7.11. 2000 um 18:45:08 Uhr über

Handtasche

Unter der Hand Eine Materialsammlung zu einem Phänomen zur Eröffnung der Ausstellung Künstlerinnen und Handtaschen in der ACC-Galerie, Weimar, 10.11.2000, 20 Uhr

Der Begriff Handtasche, man sollte anderes vermuten, findet sich selten in einschlägigen Nachschlagewerken.

Der Duden Nr. 7, das Herkunftswörterbuch, sagt uns folgendes. Die Herkunft des ursprünglich auf das dt. und niederld. Sprachgebiet beschränkten substantives mhd. Tasche ahd. Tasca "Ranzen/ Säckchen/ kleines Behältnis niederl. Tasche, Mappe, Geldbeutel ist dunkel.

Im Duden Nr. 8, dem Nachschlagewerk für sinn- und sachverwandte Wörter, findet sich das Wort Handtasche unter dem Eintrag Tasche gar nicht. Wir erhalten aber folgende Aufzählung: Aktentasche, Einkaufstasche, Papiertüte, dann folgt sofort weiter: »sich die Taschen füllen«, sich bereichern, die Hand auf die Tasche halten, geizig sein.

Somit verwundert es nicht, das Tely Büchner, die Kuratorin der Ausstellung im Ende des letzten Jahres Mühe hatte, eine vollkommen unschuldige Ausstellung mit dem zwar zum Gegenstand passenden aber auch ambivalenten Titel »Unter der Hand« im Thüringer Landtag unterzubringen und eine Unterstützung durch den Herrn Ministerpräsidenten Vogel zu erhalten.

Ich gestehe, daß ich privat nicht die Assoziationen der Politiker sah, die wohl nicht nur den Duden sondern auch sich selbst plötzlich in einer bedränglichen assoziativen Klemme sahen.

Sieht man die Handtasche als ein mythisches Zeichen des unergründlich Weiblichen, als ein dunkles Geheimnis dessen, was die weibliche Identität, so sie unterwegs ist, im Verborgenen ausmacht oder zusammenhält, ist man versucht das modernste Informationssystem, das Internet, zu Rate zu ziehen. In der uns versprochenen Informations- und Datenfülle sollte sich doch Aufklärendes zu diesem alltäglich wiederkehrenden außergewöhnlichen Geheimnis im Chaos der einem permanent begegnenden gegenständlichen Umwelt finden lassen.

Eine Recherche im Internet führt zu folgenden fragmentarischen, subjektiv sortierten und reduzierten Ergebnissen:
Lycos:

Deutsches Leder und Schuhmuseum Offenbach

Das Museum besitzt die größte Handtaschensammlung in Europa.
Vom Beutel des 15. Jhs. bis zur eleganten Damenhandtasche des
Jugendstils, der hochwertigen Taschen und Stadtrucksäcke der 2.
Jahrtausendwende reichen die Sammlungen. Was heute Mode ist, ist
morgen oder übermorgen historisch und dann ein begehrtes Objekt
für das Museum.

Die numerisch geordneten sich einer inneren Logik weitestgehend entziehenden Suchergebnisse verweisen an zweiter Stelle auf eine Initiative der Herrenweltz aus den 70er Jahren: die Herren-Gelenk-Handtasche. Ein Irrweg, der uns glücklicherweise nur noch im östlichen Teils Europas ab und an über den Weg läuft: So passt es gut, auch einem untergegangenen Politikus in Zusammenhang mit unserer Suche wieder zu begegnen

Wien: Oskar wollte die Handtasche von Sun-Reporter nicht...
Wien - Wieder eine britische Spitze gegen unseren
Finanzminister. Ein Reporter des »Sunday Mirror« reicht ihm ein
kleines Männertäschchen. Anspielung auf einen Scherz von
Lafontaine vergangene Woche in Brüssel, als er, der horrenden
deutschen Netto-Zahlungen an die EU müde, sagte, es ginge ihm
wie der früheren britischen Premierministerin Thatcher. Am
liebsten würde er mit einer Handtasche wedeln und rufen: Wir
wollen unser Geld zurück. "Ich bin wie Margaret Thatcher - ich
will mein Geld zurück", witzelte dann auch der Mirror-Reporter.
Oskar fand's gar nicht lustig - und die Tasche wollte er auch nicht
haben.

Meist finden sich unter dem Such-Begriff Handtaschen als erstes Eintragungen,
die auf einen besonderen Gegenstand der Begierde von Dieben verweisen. Dieses könnte ironisch als ein letzten Aufleben des Beutelschneidens gewertet werden, träfe es nicht vornehmlich, wehrlose ältere Damen.
(Der Beutel in diesem Zusammenhang verstanden als ein geschlechtsneutraler Vorgänger der mittlerweile weiblich domestizierten Handtasche und nicht wie im ostdeutschen Sprachgebrauch üblich als Synonym für eine Plastik-Einkaufstüte)

Wuppertalerzeitung, 19.10.98
Merlinweg: 81-jähriger wurde Handtasche entrissen
Ein bisher unbekannter Täter entriß einer 81-jährigen Frau Mittwoch Morgen, den 21.10.98 gegen 11.45 h, auf dem Merlinweg in Elberfeld von hinten die Handtasche. Anschließend flüchtete der Jugendliche mit seiner Beute (u.a. ca. 100 DM und diverse Papiere) ins Waldgelände am Weyerbuschturm. Der Räuber war etwa 15 - 16 Jahre alt, ca. 165 - 170 cm groß, auffallend dünn, trug eine schwarze Jacke, eine blaue Pudelmütze ohne Bommel, eine blaue Jeans und Turnschuhe. Die Frau blieb unverletzt.

Bei einer Sucheingabe bei dem größten deutschen online Buchshop, Amozon.de, finden sich gerademal drei Buchtitel:
Amozon:

1. Handtaschen. Valerie Steele, Laird Borrelli; Gebundene Ausgabe.
2. Handtaschen. Moden und Designs im 20. Jahrhundert. -- Claire Wilcox; Gebundene Ausgabe.
3. Die Handtasche. The girl´s best friend. Von Carmen Allen.

Zu diesem letzten Titel läßt uns der Verlag folgendes wissen:
Handtaschen sind wie Autos: Einige sind einzigartige Edelschlitten, andere Klassiker, aber keine bloß Transportmittel von A nach B. Die moderne Frau wählt mit ihrer Handtasche nicht nur ein modisches Accessoires, sondern ihre mobile Bank und ihr tagbares Schlafzimmer, Büro sowie Notfallset, ohne die sie zweifellos verloren wäre. Sogar die kleinste Handtasche leugnet ihre Gesetze der Physik, um Handy, Filofax, Lippenstift, Spiegel, Haarbürste, Geld, Kreditkarten, Schlüssel und Pfefferminzbonbons beinhalten zu können. Carmen Allen führt durch die Geschichte der Handtasche, angefangen bei den Kuverttaschen der Goldenen Zwanziger bis hin zur körpergerecht geformten Handtaschevon Coco Chanel. Sie zeigt, mit welchen Modellen sich die Stars aus Film und Fersehen in der Öffentlichkeit zeigten und versucht zu ergründen, was eine Handtasche über den Lebensstil und und die Persönlichkeit der Trägerin verrät. Im letzten Teil stellt sie berühmte Designer mit ihren unterschiedlichsten Modellen vor.

Ich sprach mit den ausstellenden Künstlerinnen über ihre Vorstellungen über die Verstauungsstrategien von Männern, geht man davon aus, das die Handtasche von ihrer funktionalen Seite her auch ein Verstauungsproblem löst und nicht nur eine Grabkammer der kleinen Intimitäten eines individuellen Lebens ist. Dabei kamen wir leider nur auf männliche Bekleidungsstücke, die eine gewisse Stellvertreterfunktion im unendlichen Spannungszustand der Verstauung und Ordnung jener einen alltäglich begleitenden Gegenstände erfüllen:

Lederhose, Jeansjacke, Parkerjacke, bis zu den außergewöhnlichen Stauzonen in englischen Anzügen. Ein Rätsel blieben hierbei die Möglichkeiten der Verstauungen in der Vergangenheit, z.B. in Rüstung und Uniform.

Betrachtet man neue Strategien des Verstauens etwa die Entwürfe für die Firma Luis Vuiton von Vivian Westwood, ist man wieder direkt auf das Herkommen der heutigen Handtasche als Gegenstand der Mode verwiesen, der Vorläufer der heutigen Handtasche ist in direkter Linie das Barocktäschlein, mit dem die aristokratischen Damen durch die Gärten tänzelten..

Weiter im Internet recherchierend stieß ich, wie sollte es anders sein auch auf auf den Spiegel:
Der Spiegel (09.10.199/ Nr. 41)

Das Bäuchlein verdecken
Nicht bloß im ersten Roman der früheren Klatschkolumnistin Beate Wedekind spielt eine Handtasche die heimliche Hauptrolle, auch im wirklichen Leben modebewusster Frauen geht es nicht ohne sie. Für Designer ist sie die wahre Talentprobe, denn wird sie Kult, bringt sie Millionengewinn. Welche Handtaschen diesen Status erreichten und welche auf der Strecke blieben, verrät das Buch »Die Handtasche« der »Tatler«-Redakteurin und Handtaschen-Fetischistin Carmel Allen, 32. Gut funktionierender Instinkt und feines Gespür für den Zeitgeist, so lernt man hier, sind für den Designer unerlässlich: Will die Trägerin Laptop, Handy, Filofax und Aktenordner unterbringen, oder soll das Täschchen bloß Lippenstift, Puder und ein paar Visitenkarten verstecken? Legt sie Wert auf Selbständigkeit, oder begleitet sie einen bedeutenden Mann? Will sie als Schauspielerin mit ihrer eleganten Tasche ein Bäuchlein verdecken wie einst Grace Kelly, oder soll die praktische Handbag Willenskraft symbolisieren wie bei Maggie Thatcher? Markige Worte scheinen auch in Sachen Handtasche ein Erfolgsrezept zu sein: Leute mit zu kleinem Ego sollten besser auf sein Label verzichten, fand etwa Lebemann Versace, die Stars Courtney Love und Demi Moore hängten sich prompt seine Modelle über die Arme. Kleineren Egos bleiben zum Glück immer noch an die hundert andere Markennamen.


Außerdem fand sich noch folgende Buchbeschreibung auf den Seiten von Amazon.de:

Das Leben ist eine ungeöffnete Handtasche von Penny Faith

Hattie Gordon kommt ihr Leben manchmal wie eine Handtasche vor: schön gestylt von außen, aber innen drin das reinste Chaos. Das wäre weiter kein Problem, wenn man mal zum Aufräumen käme. Aber was, wenn die Einzelteile ständig höchst eigenmächtig herumrumoren? So geht es in Hatties Leben schon lange. Ihr erster Eheversuch mit Adam liegt lange genug zurück, um als Anekdotenschatz für die Gespräche mit ihren Freundinnen zu dienen. Anders als die scheinbar perfekte Ehe ihres Bruders. Aber wie ist es zu verstehen, wenn Simon sich immer wieder in Erinnerungen an schöne Studien- und WG-Zeiten ergeht, als er noch mit Hatties bester Freundin Kate zusammen war? Dagegen ist die Nachbarin Franny mit ihrem Zwillingspaar als Liebhaber(n) schon fast unproblematisch. Und auch Hatties Eltern haben sich daran gewöhnt, daß die Welt ihrer Kinder nicht mehr so geordnet ist wie das Vorstadtleben der siebziger Jahre, als man ABBA hörte und Ellbogen auf dem Tisch noch eine Rüge auslösten. Hatties Schauspielkarriere soll jetzt ein Agent auf die Sprünge helfen. Aber als sie Aidan kennenlernt, ahnt Hattie, daß sie ihn nicht nur mit ihren Talenten als Komödiantin hinreißen will. Und wie war das mit der ungeöffneten Handtasche ihres Lebens? Einfach aufmachen und jonglieren, beschließt Hattie Gordon. Ein witzig leichter Frauenroman für Leserinnen von Helen Fielding und Zoe Barnes.

Die weitaus spannenste Entdeckung im Netz war die folgende aufschlußreiche und im gewissen Sinne abschließende und endgültige Offenbarung des Inhaltes und der Funktion einer Damenhandtasche.
Denn, wer wenn nicht Queen Elisabeth und Queen Mom sind und waren die Protagonistinnen und Gralshüterinnen der Kultur der Damenhandtasche.

Hamburger Morgenpost Online vom 14.1.98

Die Handtasche der Queen: Was ist da drin?

London - Was hat die Queen in ihrer Handtasche? Diese Frage beschäftigt die Welt. Psychologen behaupten sogar: Die Tasche ist leer, dient nur als Barriere gegen das Volk. »Nein«, enthüllt nun eine Studie - die Begleiterin Ihrer Majestät ist prall gefüllt:

Neben klassischen Kleinigkeiten wie Spiegel, Lesebrille, Tagebuch, Taschenmesser, Füller, Kamera und Puderdose hat die Queen auch außergewöhnliche Dinge dabei: Talisman (Pferdchen aus Messing), Hundecracker (für ihre Corgis), Minzbonbons (für sie selbst) und einen S-förmigen Fleischhaken, an dem sie bei Banketts ihre Handtasche am Tischrand aufhängt.
Bei den Untertanen, so die Studie, kommt die Handtasche trotzdem nicht an. Fast alle finden sie häßlich - oder lächerlich. Soll Elizabeth also darauf verzichten? »Bloß nicht«, sagt Psychologe Dennis Friedman. »Der Queen die Handtasche zu nehmen, heißt, ihr die Weiblichkeit zu nehmen. Das wäre, als ob man einen Mann kastriert

Peter Lang, Berlin, April/ Oktober 2000




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