Das merkwürdige an der Stille ist: es gibt sie garnicht.
Als junger Mensch machte ich mal eine Besichtigung einer Rundfunkanstalt mit. Wir kamen auch in einen würfelförmigen Raum, etwa 5 m lang, hoch und breit, in den von allen Seiten spitze Pyramiden aus einem festen Schaumstoff hineinragten. Sie waren etwa einen Meter hoch, und standen »dicht an dicht«. Nur ein schmaler Gang zwischen zwei Türen blieb frei, und ein Fenster gab es zu einer Art Kontrollraum. Dies war der »schalltote Raum«, ein Raum von absoluter Stille, der benutzt werde, um Mikrophone exakt zu kalibrieren. Ah ja - in den Ecken gab es Lautsprecher. Es sei interessant, daß man es alleine in diesem Raum keine zehn Minuten aushalte. Ob es jemand probieren wolle ? Na klar !
Also gingen alle hinaus, und ich blieb in diesem Raum zurück, der mir zunächst nur optisch befremdlich vorkam. Als die Tür hinter dem Letzten geschlossen wurde, fiel also die Stille über mich her. Es ging wahnsinnig schnell. Zuerst hörte man den Atem, die Bronchien, dann das Herz, das so laut gegen das Trommelfell schlug, daß man meinte, es platzt. Und dann die Verdauung. Man hörte es gluckern und blubbern, Rülps- und Furzgeräusche allenthalben und diese irre Kakophonie des eigenen Körpers wurde schließlich durch das Blut komplettiert, daß man durch die Adern rauschen hörte. Ich floh regelrecht zur Tür, und hörte beim Gehen meine Gelenke knarzen. Es waren keine zwei Minuten, die ich in diesem Raum ausgehalten hatte.
|