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Max van der Moritz schrieb am 4.8. 2002 um 14:54:23 Uhr über

SilvioGesell

Geld versus Waren



Silvio Gesell fand heraus, daß das Geld den Waren überlegen ist und daß diese Überlegenheit die Grundursache der Zinsen ist.. Aus dieser Grunderkenntnis ergeben sich seine gesamten wirtschaftlichen Schlußfolgerungen und seine Lösungsvorschläge. Deshalb ist es notwendig diese Überlegenheit zu verstehen, wenn man verstehen will, welchen Einfluß die von ihm vorgeschlagene dem Bargeld angelastete Ausgleichsabgabe im Wechselbeziehungsgefüge der Wirtschaft haben wird.

Das ist gar nicht so einfach und auch seine prominentesten Befürworter Keynes und Irving Fisher konnten das nicht. Der Grund dafür ist der, daß sie keine Kaufleute waren und nur Kaufleute dauernd in ihren Geschäften mit der Tatsache konfrontiert sind, daß sie laufend entweder Geldbesitzer oder Warenbesitzer sind. Sie sind deshalb die einzigen, die in der Lage sind beide Seiten in der Praxis zu erleben. Alle anderen Menschen sind nie in ihren Leben Warenbesitzer und es fehlt ihnen deshalb das Verständnis dafür, daß die Waren dem Geld unterlegen sind. Nur die Produzenten von Waren befinden sich manchmal in Besitz von welchen, aber sie erleben dafür die Überlegenheit des Geldes nur von der Seite der Benachteiligten, wenn ihnen der Geldbesitzer die Preise diktiert.

Auch Wirtschaftssachverständige sind nie im Besitz von Waren weil jede Ware im Moment des Endverkaufes ihren Warencharakter verliert.(Ware ist ein zum Verkauf gestimmtes Wirtschaftsgut, welches im Augenblick des Endverkaufes zum Gebrauchsgut geworden ist.) Deshalb verstehen auch sie nicht, daß Waren dem Geld unterlegen sind. Die einzige Zeit in der diese Unterlegenheit ausgeglichen wird, ist dann wenn das Geld mindestens 5% im Jahr durch Inflation an Wert verliert. Dieser Ausgleich ist aber erst in der Zukunft gegeben. Zum Zeitpunkt des Kaufes ist dieser Wertverlust noch nicht existent und wenn der Warenbesitzer so lange warten würde, wären seine Waren entweder unmodern oder verdorben.

Allerdings führt eine erwartete Inflation dazu, daß der Geldbesitzer sich leichter von seinem Geld zu trennen gewillt ist. Darum sind auch Zeiten leichter Inflation oft mit guter Konjunktur verbunden. Deshalb glauben auch viele Geldreformer, daß es genügen würde eine leichte Dauerinflation zu machen. Sie vergessen dabei aber zwei Dinge. Erstens geben sie damit das Ziel einer stabilen Währung auf und zweitens macht es einen großen Unterschied ob der Geldschein vielleicht in einem Jahr um 5% weniger wert sein wird oder vielleicht den Wert erhält oder gar um5% mehr wert wird oder die Sicherheit, daß der Geldschein in einem Jahr wohl dasselbe wert sein wird aber mit einer Gebühr von 5% belegt wird. Dazu kommt noch, daß ein derart umlaufgesichertes Geld stetig umläuft und daher das Verhältnis der wirksamen Geldmenge zum Warenstrom ohne Zeitverzögerung so angepaßt werden kann, daß ein fester Preisstand die Folge ist. Eine Folge auf welche die jeweilige Nationalbank gesetzlich verpflichtet werden kann.

Bei starker Inflation, wenn die Geldentwertung schon sehr augenscheinlich ist, verliert aber das Geld seine Überlegenheit und dann wird der Handel von der anderen Seite aus gestört, weil niemand seine Ware für so ein Geld hergeben will und oft sogar deshalb die Warenproduktion einstellt. (Warenproduktion ist Produktion von Wirtschaftsgütern, die zum Verkauf bestimmt sind im Gegensatz zu Produktion für den Eigenbedarf.) Schon produzierte Waren werden dann zurückgehalten und nur gegen Aufpreis verkauft.

Im Idealfall eines gleichbleibenden Preisstandes ist aber die Überlegenheit des Geldes augenscheinlich, erzwingt Preisnachlässe und damit gelangt weniger Geld in die Hände der Produzenten., während die Vermögen der Geldbesitzer im gleichen Ausmaß steigen.

Bei im Allgemeinen sinkendem Preisen wird für einen Kaufmann das Geschäft fast unmöglich gemacht. Er kann Waren, die er noch zu höheren Preisen eingekauft hat nicht mehr mit Gewinn verkaufen. Er bleibt so auf einen immer größer werdenden Teil seines Warenlagers sitzen und seine Lage wird noch verschärft durch die Preisunterbietungen seiner Konkurrenten, die später zu billigeren Preisen eingekauft hatten.. Da Ware für einen Kaufmann nur einen Wert hat, den Wiederverkaufswert, und dieser höher sein muß als sein Einkaufspreis bleibt ihm meistens nichts anderes übrig als sein Warenlager mit Verlust abzustoßen um wenigstens wieder einiges Geld in seine Hand zu bekommen.

Die Frage ist nun, was er mit dem Geld machen soll. Neue, nun billigere Ware einkaufen? Oder warten bis sie noch billiger wird? Oder das Geld dafür bereithalten um Ware und vielleicht sogar Betriebe von in Verlegenheit geratenen Konkurrenten billigst aufzukaufen? Abwarten wird in den meisten Fällen die Antwort sein und damit kommen seine Lieferanten in immer größere Verlegenheit. Unser Kaufmann und alle anderen Kaufleute bleiben auf einem Geld sitzen, welches immer mehr wert wird und die Produzenten müssen ihre Betriebe schließen und ihre Arbeiter entlassen. Das heißt nicht, daß sie auf Bargeld sitzen bleiben. Sie können es ruhig zur Bank bringen aber diese wird in so einer Situation die größten Schwierigkeiten haben , es an Leute weiter zu verleihen. Wem sollten sie es leihen? Den Arbeitslosen? Die haben kein überflüssiges Geld um dem Kaufmann selbst die billigsten Waren abzukaufen. und würden sich vielleicht gern eines leihen.

Die Leute mit den großen Geldvermögen haben kein Interesse Waren zu kaufen, weil sie ihr Geld ja nur in gewinnbringende Projekte investieren wollen und Waren unter Preisdruck sind das nicht.

So kommt die Wirtschaft zum Erliegen und niemand sieht die Ursache in der unscheinbaren Tatsache der Überlegenheit des Geldes und weil die Geldsurrogate wenigstens teilweise diese Überlegenheit übernehmen bei stabilen oder fallendem Preisstand, werden durch sie nur die Auswirkungen in beide Richtungen verstärkt.

Bei Inflation verstärken sie die Inflation und bei Deflation verschwinden sie schneller vom Markt als das Bargeld und verstärken so die Deflation.

Die Geldtheoretiker sehen nicht, daß Geld und Geldsurrogate und auch Kredit als Geldsurrogat untereinander austauschbar sind, daß aber Waren, um sie zu Geld zu machen verkauft werden müssen und auch von keiner Bank als Sicherheit anerkannt werden. So bekommt zum Beispiel selbst ein Händler von Goldschmuck von seiner Bank 100% des Wertes von Handelswechseln welche er einreicht und 70% der Summe von offenen Rechnungen, die er zediert selbst wenn die Rechnungsschuldner oder Wechselaussteller keinerlei Bonität haben, für sein wertvolles Warenlager aber keine müde Mark. Falls ein Kaufmann mit weniger wertbeständigen Waren handelt, stellt sich die Frage überhaupt nicht. Waren sind dem Geld unterlegen und davon beißt keine Maus und auch keine Liquiditätstheorie einen Faden ab.

Das Handelskapital in Form von Geld kann sich diesen Vorteil bezahlen lassen und tut das auch entweder in Form von niedrigeren Preisen oder beim Verleih durch Zinsen. Die übertragen sich dann auf das Sachkapital und nicht umgekehrt, weil das Handelskapital das ursprüngliche Kapital ist, und niemand dieses Geld für etwas hergeben würde, welches nicht mindestens genau so viel Zinsen abwirft.






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