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voice recorder schrieb am 14.1. 2003 um 08:13:33 Uhr über

Reichtum

Reichtum als öffentliches Geheimnis 1 Im Gegensatz zur Armut wird Reichtum weltweit zwar gepriesen, bewundert, ja ver-
göttücht, aber gleichzeitig wird er, was die Fakten angeht, mit
einem Kranz aus Unwissen und Geheimnissen umgeben. Deshalb
soll zunächst einmal, wie bei der Armut, das vorhandene Wissen
in repräsentativer Weise dargestellt und bewertet werden, zu-
nächst mit Blick auf den reichen Industriestaat Deutschland,
dann weltweit.
Detaitreiche Bei allen Unzulänglichkeiten stellt die deutsche Regierung
rschteierung Armut vergleichsweise ausführlich und detailliert dar. Dagegen
n Reichtum spielt die Regierung hinsichtlich des Reichtums die von vornher-
ein weithin Unwissende. Sie tut so, als wäre das Phänomen erst
vor einigen wenigen Jahren aus dem Dunkel der Menschheitsge-
schichte aufgetaucht und als hätte sich bisher noch niemand so
richtig damit beschäftigt. Dieses Blinde-Kuh-Spiel ist in der po-
litischen Öffentlichkeit umso leichter möglich, als es sich mit der
vorherrschenden Einstellung deckt.
»Im Hinblick auf den Reichtumsbegriff, auch wegen des erst
in Ansätzen entwickelten Forschungsstandes, fehlen bisher klare
Definitionen und Abgrenzungen«, heißt es. Der Reichtum, so
wird ein bekanntes Bild bemüht, gleiche »scheuem Wild«, das
auf abgelegenen Waldlichtungen grase und beim leisesten Ge-
räusch und bei jedem neugierigen Blick fluchtartig den Ort ver-
lasse. Die bisherigen Untersuchungen über den Reichtum seien
wenig ergiebig, man habe es mit »gravierenden Unzulänglichkei-
ten der empirischen Grundlage« zu tun. Die Regierung schlüpft
in die Rolle wissenschaftlicher Behutsamkeit und »beschränkt«
sich auf eine »beschreibende Darstellung der Einkommens- und
Vermögensverteitung«.
Diese Darstellung lässt allerdings nicht nur die Entstehung
und Verwendung des Reichtums außer Acht, sondern entpuppt
sich auch auf der gewählten statistisch-beschreibenden Ebene
als eine kostenlose, staatliche Tamkappe für das >scheue Wild(.
»Auf der Grundlage des Bruttoeinkommens« zählt die Regierung
für das Jahr 1995 in Deutschland 27.230 Einkommensmitlionäre.
Diese Zahl stützt sich aber nur auf die Angaben der Betroffenen
gegenüber ihren Finanzämtern. Experten sind sich eiräg, dass
diese Angaben weniger die Wirklichkeit als die Kunst der )Steu-
ergestaltung( in den einkommensstarken Milieus widerspiegeln.
Die Regierung bemerkt nebenbei, dass diese Zahl zu niedrig
angesetzt ist. Weil der Staat den Selbstauskünften der Topver-

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diener und den eigenen Steuerstatistiken aus guten Gründen misstraut, wird alte fünf Jahre die »Einkommens- und Verbrauchsstichprobe« (EVS) durchgeführt. Das »Statistische Bundesamt« befragt dazu außerhalb der Besteuerungsprozedur 70.000 Haushalte. Freilich kastriert der Staat aus dem gleichzeitigen Interesse, die Einkommenssphäre der Topverdiener zu schützen, seine eigene Wahrheitsfindung: Bei der EVS werden »aus Datenschutzgründen« Haushalte mit einem Netto-Monatseinkommen über 18.000 Euro erst gar nicht befragt. Die Regierung empfindet das zwar als »problematisch«, belässt es aber bei den »gravierenden Unzulänglichkeiten der empirischen Grundlage«.
Die Regierung spricht von den Topeinkommen, als wären sie so einfach und durchsichtig wie die Löhne der Arbeiter. Dabei wird verschwiegen, dass zwar die Aktiengesellschaften entsprechend der gesetzlichen Publizitätspfticht die Summe der Bezüge alter Vorstandsmitglieder im Jahresbericht veröffenthchen - allerdings nur die Gesamtbezüge, damit nicht der Unterschied zwischen dem Vorsitzenden und den anderen Vorstandsmitgüedem bekannt wird -, dass aber inzwischen die nicht publizitätspflichtigen Leistungen des Unternehmens an denselben Personenkreis ausgedehnt wurden: Prämien für weiteren Verbleib im Unternehmen (Hatteprämien), Aktienoptionen, mietfreie Dienstwohnungen, kostenlose Benutzung von Dienstwagen, Übernahme von Vereinsbeiträgen (Golfctub, Rotary u. ä.), von privaten Telefonkosten und Versicherungen sowie Einzahlungen auf Pensionen. Beim Ausscheiden werden Abfindungen und Übergangsgelder gezahlt, obwohl eine neue Stellung bereits angetreten wurde (Goldener Handschlag).
Verschwiegen wird weiter, dass Topmanager heute nicht nur Einkommen aus dem Unternehmen erhalten, bei dem sie angestellt sind, sondern auch aus Unternehmen, die sie nebenbei selbst betreiben oder an denen sie beteiligt sind, dass sie Tantiemen aus Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmandaten in anderen Unternehmen erhalten, dass sie aus gleichzeitigen Gutachten und Beraterverträgen verdienen und dass sie beispielsweise kostengünstige Kredite erhalten, die zudem oft nur als solche bezeichnet werden, in Wirklichkeit aber steuerfreie Geschenke darstellen, da sie nicht zurückgezahlt werden. 12 Das reguläre,

12 1 Einen Teiteinbtick in dieses Phantasiatand der verschwiegenen Top-

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