gen, dass Werkzeuge zu poietischen Prothesen werden, die uns von der modernen condition bumaine befreien (... ). Diese Aufgabe wird vor allem durch die neuen und zunehmend immateriellen Formen effektiver und intellektueller Arbeitskraft bewältigt werden, und zwar in der Gemeinschaft, die sie konstituieren, und in der Künstlichkeit, die sie als Projekt präsentieren( ... ).@, (229) @,Diese Parenthese wird nun geschlossen und lässt uns mit einer neuen Aufgabe zurück: im Nicht-Ort einen neuen Ort zu schaffen: ontologisch neue Bestimmungen des Menschen, des Lebens zu konstruieren - eine mächtige Künstlichkeit des Seins.« (230)
Es ist der Begriff des Barbaren, mit dem HIN ihrem Gebrauch des »Wir« am deutlichsten ihren Führungsanspruch bei der gewalttätigen Durchsetzung eines neuen Herrentums und Avantgardismus der postmodernen Eliten aufprägen. Barbarische Elite im Wir einer neuen Produktionsgemeinschaft: diese Formel bringt zugleich einen proto-faschistisclien Grundgedanken zum Ausdruck, dem wir uns weiter unten noch zuwenden werden. Sie gibt auch dem bereits zitierten Satz seine wirkliche Bedeutung:
>@ln Wahrheit sind nämlich wir die Herren dieser Weit, weil unser Begehren und unsere Arbeit sie fortwährend neu erschaffen.« (394)
Das ist ein Remake, ein zyklisches Wiederanknüpfen an die barbarische Gewalt als Medium (nicht nur als Mittel) technischökonomischer Durchbrüclie zu einer neuen Formation im Projekt des zum mythisclien Wir vergemeinschafteten Körpers. So haben neue Eliten schon zuvor ihr liegemoniales Projekt einer auf eine neue Iiitensitäts- und Rationalitätsstufe getriebenen Ausbeutung formuliert - im vorangegangenen Zyklus als tayloristiscii-fordistische Avantgarden der Globalisierung ihres Rationalitätsparadigmas zur »Gesamtverwaltung« der Erde.
Die Gescliiclitsschreibung hat uns inzwischen darüber aufgeklärt, dass ihre iniiovativen Funktionseliten nicht nur bei der Barbarisierung des ersten Weltkriegs, sondern auch in den faschistischen Bewegungen eine zentrale Rolle gespielt haben, und dass der Mythos der Volks- und Produktivkraftgemeinschaft immer ein Mythos der Bewegung gewesen ist, die sich auch als Globalisierungsbewegung zu neuen Großräumen verstanden hat. Der vitalistisclie Mythos unseres sich im Prozess schöpferischer Zerstörung erfindenden neuen Barbarentums ist in H/Ns Buch als theoretisches »Intermezzo« lierausgelioben. In dieser Hervorhebung formuliert der Text, mit seinem Bekenntnis zum affirmativ-gewalttätigen und zerstörerisclien Barbarentum, den Kraftkern politisch-
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philosophischer Energetik. Sie bestimmt den Duktus und die Rhetorik der gesamten Ausfülirungen ebenso, wie die Einstellung zur propagandistisclien Funktion von Wahrheit, Fälschung, Täuschung.
METHODE9 RHETORIK, PROPAGANDA
HARDT/NEGRI ALS UNSERE PROPHETEN
Wir müssen hier etwas innehalten. Wir haben nachvollzogen, wie Technologien aus der Perspektive seiner kommandierenden und zurichtenden Kräfte, Subjektivität aus ihrer Definition von oben, Bewegung aus der barbarischen Vitalkraft seiner lierrscliaftliclien technisch-sozialen Avantgarden, schöpferische Zerstörung aus den Diktaten ihrer Innovationen, des Sicii-Einbringens in ihren Durchsetzungsprozess als Aufruf an uns und als Gebot formuliert werden. Simple Propaganda, ohne metliodischen Ansatz? Wie organisieren H/N Methode als Erkenntniszugang zum historischen Prozess und Perspektive als Wahl des Orts des Betrachtenden und der Blickrichtung, um zu solchen Ergebnissen zu gelangen? Und - damit zusammenhängend: wie inszenieren sie die Gegenstände ihrer Betrachtung, mit welchen rhetorischen und didaktischen Methoden führen sie die Leser auf den Weg zu ihren Ergebnissen? Denn wir wissen: der Blick produziert den Gegenstand, die Methode den Befund.
Gehst Du von den Kampf- und Befreiungsformen aus, in denen sich die Subjekte gegen die Gewaltformen und Eliten der Verwertung in ihrer Subjektivität und Gesellscliaftliclikeit selbst hervorbringen und historisch verwirklichen, dann werden die technologischen, sozialtechnischen, kulturellen, geistigen (bis hin zu philosopiiisclien) Erscheinungen der gegen sie gerichteten Gewalt bis in ihre strukturellen und kulturellen Verfestigungen in ihrer Abhängigkeit begreifbar. Fängst Du mit dem Blick aus der Perspektive der Macht und Herrschaft an, dann verschwindet das Eigene der kämpfenden Subjekte unter dem Mantel von Souveränität, Kontrolle, Technologien und Gesai-ntvision, es wird methodisch enteignet.
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