Die Lemniskate (von Latein lemniscus ‚Schleife‘) ist allgemein eine schleifenförmige geometrische Kurve. Im Speziellen ist sie das Symbol für Unendlichkeit von der Form einer liegenden Acht: \infty. Unicode: U+221E (∞).
Inhaltsverzeichnis
1 Lemniskate von Bernoulli
1.1 Definition
1.2 Gleichungen der Lemniskate von Bernoulli
1.3 Eigenschaften
1.4 Fläche
1.5 Bogenlänge
1.6 Krümmung
1.7 Vorkommen
2 Andere Lemniskaten
3 Symbolik in der Freimaurerei
4 Siehe auch
5 Literatur
6 Weblinks
Lemniskate von Bernoulli
Die Lemniskate von Bernoulli, benannt nach dem schweizerischen Mathematiker Jakob Bernoulli, ist eine ebene Kurve mit der Form einer liegenden Acht. Sie ist eine algebraische Kurve vierter Ordnung und Spezialfall einer Cassinischen Kurve.
Definition
Die Lemniskate von Bernoulli wird durch folgende geometrische Eigenschaft definiert:
Gegeben seien eine positive reelle Zahl a und zwei Punkte F_1 und F_2 im Abstand von 2 a voneinander. Die Lemniskate mit den Parametern (a, F_1, F_2) ist dann der geometrische Ort aller Punkte P, für die gilt
\overline{F_1 P} \cdot \overline{F_2 P} = a^2.
Gleichungen der Lemniskate von Bernoulli
Es sei der Einfachheit halber vorausgesetzt, dass die Punkte F_1 und F_2 auf der Abszisse liegen und die Mitte zwischen ihnen gerade der Ursprung ist.
Gleichung in kartesischen Koordinaten:
\left(x^2 + y^2 \right)^2 - 2 a^2 \left(x^2 - y^2 \right) \, = \, 0
Gleichung in Polarkoordinaten:
r = a \sqrt{2\cos(2\varphi)} \quad \text{ mit } \ \cos(2\varphi) \ge 0
Parametergleichung:
x = \frac{a\sqrt{2}\cos(t)}{\sin(t)^2 + 1}; \qquad y = \frac{a\sqrt{2}\cos(t)\sin(t)}{\sin(t)^2 + 1} \quad \text{ mit } \ 0 \le t < 2\pi
Der Parameter a ist der Abstand zwischen Koordinatenursprung und den beiden definierenden Punkten F1 und F2. Die Strecke von F1 zu F2 hat also die Länge 2a.
Eigenschaften
Die Lemniskate von Bernoulli hat die folgenden Eigenschaften:
Sie ist achsensymmetrisch zur Verbindungsgeraden von F_1 und F_2.
Sie ist achsensymmetrisch zur Mittelsenkrechten zwischen F_1 und F_2
Sie ist punktsymmetrisch zum Mittenpunkt zwischen F_1 und F_2
Auf der Verbindungsgeraden von F_1 und F_2 liegen von allen Punkten der Lemniskate nur der Mittenpunkt zwischen F_1 und F_2 und die diesem fernsten beiden Kurvenpunkte im Abstand (a \sqrt{2}|0).
Der Mittenpunkt zwischen F_1 und F_2 ist ein Doppelpunkt der Kurve, er wird also zweimal durchlaufen. Die beiden Tangenten in ihm schneiden die Verbindungsgerade von F_1 und F_2 in einem Winkel von 45°.
Die Lemniskate ist die geometrisch am Kreis invertierte Kurve einer gleichseitigen Hyperbel.
Fläche
„Quadratur“ der Lemniskate: A = 2·a²
Die beiden von der Lemniskate eingeschlossenen Teilflächen haben jeweils den Flächeninhalt a^2.
Bogenlänge
Die Gesamtbogenlänge der Lemniskate ist linear in a und kann unter Verwendung des von Giulio Carlo Fagnano dei Toschi um 1750 untersuchten elliptischen Integrals
F(x) \overset{\underset{\mathrm{def}}{}}{=} \int_0^x\frac{dt}{\sqrt{1-t^4}}
explizit angegeben werden als
2a\int_{-1}^1\frac{dt}{\sqrt{1-t^4}} = 4aF(1)
oder, mit Verwendung der im Jahr 1798 von Carl Friedrich Gauß eingeführten lemniskatischen Konstante
\varpi \overset{\underset{\mathrm{def}}{}}{=} 2\int_0^1\frac{dt}{\sqrt{1-t^4}} = 2,62205755429211981… ,
als
2a\varpi = a\,\Gamma(\tfrac{1}{4})^2 / \sqrt{2\pi} ,
was ungefähr 5,244 a ist.
Krümmung
Die Krümmung der Lemniskate lässt sich in Polarkoordinaten als \kappa(\varphi) = \tfrac{3}{2a^2}r(\varphi) angeben, ist also stets proportional zu ihrem Abstand r. In obiger Parameterdarstellung wird diese Kurve aber anders durchlaufen! Hier ist \kappa(t) > 0 für t < \pi und \kappa(t) < 0 für t > \pi. Ist sie gar in impliziter kartesischer Form gegeben, lässt sich über das Vorzeichen der Krümmung nichts aussagen – da kein Durchlaufsinn gegeben ist – , und somit nur ihr absoluter Betrag bestimmbar ist. Fordert man ein möglichst natürliches Durchlaufen – differentialgeometrisch möglichst glatt, analytisch also Existenz von möglichst hohen Ableitungen nach der Bogenlänge längs des Kurvenweges – werden die beiden Schlaufen der Kurve jeweils andersherum durchlaufen und das Vorzeichen der Krümmung der Lemniskate ändert sich somit beim Durchgang der Kurve durch den Nullpunkt.
Vorkommen
Die Lemniskate tritt als Bewegungskurve im Wattschen Parallelogramm bzw. Wattgestänge auf sowie bei der Lemniskatenanlenkung eines Eisenbahnradsatzes.
Andere Lemniskaten
Die Lemniskate von Gerono ist eine weitere Lemniskate. Sie ist eine spezielle Lissajous-Figur.
die Lemniskate von Booth (Andrew D. Booth)
die Lemniskate von Gerono (Camille-Christophe Gerono)
Symbolik in der Freimaurerei
Die Freimaurerei kennt die Lemniskate als Symbol für die weltweite Bruderkette. Die Schleife wird mit der Zwölfknotenschnur oder auch beim Vereinigungsband (Liebesseil) gebildet. Man findet sie beispielsweise auf den sogenannten Arbeitsteppichen der kontinentaleuropäischen Johannislogen. (Siehe auch: Acht, Endacht).
Siehe auch
Lemniskatische Konstante
Lemniskatenlenker
Lemniskatischer Sinus
Literatur
Max Koecher, Aloys Krieg: Elliptische Funktionen und Modulformen, 2. Aufl., Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-49324-2
Weblinks
Wiktionary: Lemniskate – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Eric W. Weisstein: Lemniscate. In: MathWorld (englisch).
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