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wuming schrieb am 13.1. 2007 um 21:17:39 Uhr über

Schriftsteller




Eugen Drewermann (* 20. Juni 1940 in Bergkamen bei Dortmund) ist ein deutscher Theologe, Psychoanalytiker, Schriftsteller und der bekannteste Vertreter der tiefenpsychologischen Exegese.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Wirken
3 Auszeichnungen
4 Quellen
5 Werke (Auswahl)
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks



Leben [Bearbeiten]Drewermann wuchs mit zwei Geschwistern in der westfälischen Bergarbeiter-Gemeinde Bergkamen auf. Seine Mutter war katholisch, sein Vater, ein Bergarbeiter, evangelisch. Drewermann studierte von 1959-1965 Philosophie in Münster und Katholische Theologie in Paderborn. 1966 wurde er zum Priester geweiht. Er arbeitete als Studentenseelsorger und ab 1974 als Subsidiar in der Gemeinde St. Georg in Paderborn. Ab 1968 ließ er sich in Göttingen in Neopsychoanalyse ausbilden. 1978 habilitierte er sich in Katholischer Theologie und erhielt die Paderborner Lehrerlaubnis für Dogmatik. Als Privatdozent hielt er ab 1979 Vorlesungen in Religionsgeschichte und Dogmatik an der Theologischen Fakultät Paderborn. Im Oktober 1991 entzog ihm Erzbischof Johannes Degenhardt (1926-2002) die katholische Lehrbefugnis und im Januar 1992 die Predigtbefugnis. Im März 1992 folgte die Suspension vom Priesteramt. Ursache waren von der Kirchenführung abweichende Ansichten Drewermanns in Fragen der Moraltheologie und der Bibelauslegung. Am 20. Juni 2005, seinem 65. Geburtstag, trat Drewermann nach eigenen Angaben aus der Römisch-Katholischen Kirche aus.[1] Drewermann ist als Lehrbeauftragter an der Universität Paderborn, als Schriftsteller, Redner und Psychotherapeut tätig.

Beeinflusst von Carl Gustav Jung legt Drewermann biblische Texte vorrangig tiefenpsychologisch aus, wovon auch sein Buch Tiefenpsychologie und Exegese (1988) zeugt. Später stützt er sich stärker auf Sigmund Freud. Durch die Veröffentlichung des Buches „Kleriker. Psychogramm eines Ideals“, in dem er unter anderem die These vertritt, dass der Zölibat der psychischen Gesundheit der katholischen Priester schade, bzw. auf neurotischen Voraussetzungen beruhe (was von vielen Priestern als „Nestbeschmutzung“ empfunden wurde), kam es zum Streit mit der katholischen Amtskirche. Als Drewermann in einem Interview mit dem Spiegel dann auch noch die Jungfrauengeburt (also die Jungfräulichkeit Mariens vor, während und nach der Geburt) als biologische Tatsache anzweifelte, kam es zum Entzug der Lehr- und Predigtbefugnis.


Wirken [Bearbeiten]In der Wochenzeitung Freitag bezieht er immer wieder Stellung zu existentiellen Fragen. Drewermann ist gelegentlich Gast in Fernseh-Talkshows und wird zu Vorträgen überall im deutschsprachigen Raum eingeladen. Seine Wirkung auf viele Menschen geht, wie selbst Kritiker einräumen, nicht zuletzt von einer charismatischen Redebegabung aus, die weniger in oft hektischen Talkshows als vielmehr bei Vorträgen spürbar wird. Mit eindringlich-sanfter Stimme, die von einigen als monoton bezeichnet wird, vermag er über Stunden ohne Manuskript nahezu fehlerlos wie in Schriftsprache vor großem, ihm gebannt lauschenden Publikum zu sprechen. Dabei meidet er Alltagsjargon ebenso wie abgegriffene Redewendungen, so dass seine Sprache durchweg auf hoher Stilebene angesiedelt ist. Die Vorträge sind zudem klar gegliedert und enthalten eine Fülle von Beispielen aus der Literatur- und Philosophiegeschichte, Naturwissenschaft und Politik. In seiner Aufgabe als Seelsorger, etwa gegenüber Depressiven, meidet Drewermann »theologische Trostformeln«, die zum Grundbestand der christlichen Dogmatik gehörten, für den Kranken allerdings »religiöse Sprüche« seien. Auch würden sie der Freiheit des Menschen in seiner jeweiligen Notlage nicht gerecht. Statt von der »Vergebung der Sünden«, dem Kreuzestod wie der Auferstehung Jesu, der Erlösung durch die Taufe zu sprechen oder die Beichte bei Schuldgefühlen anzuempfehlen, setzt er auf die Begleitung durch einen Psychoanalytiker. An ihm könne sich der Leidende aufrichten und so über einen großen Zeitraum Vertrauen zu sich selber aufbauen. Diese lange Wegstrecke sei wesentlich christlich, ja an der Bergpredigt orientiert (MT 5, 41,42).

Einige Kritiker weisen indes auf häufig wiederkehrende, von Kierkegaards melancholischer Existenzbetrachtung kommende Grundmotive wie Angst und Verzweiflung hin, mit denen er monokausal die Phänomene des Bösen zu erklären und zu überwinden versuche. Diese Erklärungen sind aber für die Anhänger der psychologisch-therapeutischen Bedeutung des Christentums gerade so überzeugend. Vor allem auf politischem Gebiet wird dem bekennenden Pazifisten Drewermann - etwa von Henryk M. Broder - vorgehalten, seine Negativbeispiele beschränkten sich auf west- vor allem amerikakritische, ja antiamerikanische Positionen und verharmlosten den islamischen Fundamentalismus und Terrorismus.

Ähnlich sind die Einwände gegenüber seiner Kritik an der Katholischen Amtskirche. Spare Drewermann nicht mit Tadel an ihr und dem Papst, indem er ihnen Angstverwaltung, Dogmatismus, Ausblendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Entfremdung von Amts wegen vorwerfe, gelte dies erst recht für den Islam, der die geistesgeschichtliche Phase der Aufklärung noch nicht durchlaufen habe. Nach Drewermann selbst dagegen hat sich der Islam nicht zu Unrecht als Vernunftreligion verstanden. Der Islam lasse sich als Reformangebot an den christlichen Dogmatismus interpretieren. Den drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam komme ein Moment der Aufklärung zu, weil sie die Zerspaltenheit der menschlichen Seele in einem einheitlichen Gegenüber, Gott, vereinten.

Drewermann beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Märchen (insbesondere der Brüder Grimm), die er tiefenpsychologisch und religionsphilosophisch deutet. Eine besondere Affinität hat er zu Dostojewski, dessen Werk und Person er immer wieder interpretiert hat. Dabei standen Themen wie SuchtDer Spieler«), christliche Nächstenliebe und »Vergebung der Sünden« (»Verbrechen und Strafe«) im Vordergrund. Darüber hinaus setzt er sich (als Vegetarier) für den Tierschutz ein und prangert Umweltzerstörung und Tierquälerei an. Ein Grund der Naturzerstörung sei die anthropozentrische Weltbetrachtung der monotheistischen Religionen, die, im Gegensatz zu den »östlichen« Religionen Buddhismus und Hinduismus, den Menschen aus dem Zusammenhang der »Schöpfung« nähmen und die Nähe zur Tierwelt leugneten. Damit setze der Mensch sich über die Tierwelt, mit der er doch durch die Evolution verbunden sei. So falle es ihm leicht, ja sei zwangsweise Folge der Überbevölkerung, die Umwelt zu zerstören, Tiere wie Sachen zu behandeln, Hühner in zu engen Legebatterien einzusperren und Millionen empfindungsfähiger Rinder beim bloßen Verdacht von BSE zu töten. Je nach Grad der evolutionären Entwicklung bis zu den Säugetieren müsse die Empfindungs- und Leidensfähigkeit der Tiere berücksichtigt werden.





Auszeichnungen [Bearbeiten]Aufgrund seines Engagements für Frieden und eine humane Zukunft der Menschheit, gegen Antisemitismus und Fremdenhass wird ihm - gemeinsam mit Konstantin Wecker - der Erich-Fromm-Preis 2007 verliehen.

1994 erhielt er die Urania-Medaille, mit der Menschen gewürdigt werden, die einer breiten Öffentlichkeit Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglichen und so die wissenschaftliche Volksbildung unterstützen.

Sein Einsatz für Freiheit und Menschlichkeit innerhalb der Kirche wurde 1992 von der Schweizer Herbert-Haag-StiftungFür Freiheit in der Kirche«) ausgezeichnet, die sich für einen aufgeschlossenen und ökumenisch gesinnten katholischen Glauben einsetzt.

Drewermann ist Preisträger des Integrationspreises der gemeinnützigen Stiftung Apfelbaum (Köln).





Quellen [Bearbeiten]↑ Menschen bei Maischberger: 2005 - Schluss mit lustig? ARD-Sendung vom 13. Dezember 2005

Werke (Auswahl) [Bearbeiten]1978: Strukturen des Bösen (Habilitationsschrift)
1981: Das Mädchen ohne Hände
1982: Psychoanalyse und Moraltheologie (3 Bände)
1984: Das Eigentliche ist unsichtbar. Der kleine Prinz tiefenpsychologisch gedeutet
1987/88: Das Markusevangelium
1988: Tiefenpsychologie und Exegese
1989: Kleriker: Psychogramm eines Ideals
1989: Ich steige hinab in die Barke der Sonne. Meditationen zu Tod und Auferstehung
1991: Die Spirale der Angst. Der Krieg und das Christentum
1992: Giordano Bruno oder Der Spiegel des Unendlichen. Roman
1992: Wenn der Himmel die Erde berührt. Meditationen zu den Gleichnissen Jesu
1992: Die Botschaft der Frauen. Das Wissen der Liebe.
1992: Lieb Schwesterlein, laß mich herein - Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet (enthält Interpretationen zu Das Mädchen ohne Hände, Marienkind, Der Trommler, Brüderchen und Schwesterchen, Die kluge Else und Frau Holle)
1992: Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter - Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet. (Enthält Interpretationen zu Schneeweißchen und Rosenrot, Der goldene Vogel, Die Kristallkugel, Rapunzel, Dat Mäken von Brakel, Meister Pfriem, Der Herr Gevatter, Gevatter Tod und Fundevogel)
1992-1995: Das Matthäusevangelium
1993: Dogma, Angst und Symbolismus
1998: Daß auch der Allerniedrigste mein Bruder sei. Dostojewski - Dichter der Menschlichkeit
2001: Wozu Religion? Eugen Drewermann im Gespräch mit Jürgen Hoeren (Herder spektrum)
2002: Im Anfang..., Glaube in Freiheit, bisher 6 Bände
2003: Religiös bedingte neurotische Erkrankungen
2003: Aschenputtel
2003: Der Froschkönig
2003: Eugen Drewermann - Rebell oder Prophet? Der unbequeme Theologe im Gespräch mit Felizitas von Schönborn (edition q)
2004: Hänsel und Gretel
2004: Moby Dick
2004: Wenn die Sterne Götter wären. Moderne Kosmologie und Glaube. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren. Herder, ISBN 3451283484
2005: Dornröschen
2006: Heilende Religion - Überwindung der Angst
2006: Atem des Lebens - Das Gehirn. Die moderne Neurologie und die Frage nach Gott. Patmos, ISBN 3491210003

Siehe auch [Bearbeiten]Uta Ranke-Heinemann

Literatur [Bearbeiten]Matthias Beier: A Violent God-Image: An Introduction to the Work of Eugen Drewermann. Continuum, New York 2004. ISBN 0-8264-1584-9
Gregor Fehrenbacher: Drewermann verstehen. Eine kritische Hinführung. 2. Auflage. Walter Verlag, Olten 1992. ISBN 3-530-21021-8
Ralph Fischer: Macht der Glaube heil? - Der christliche Glaube als Heilsmacht im Anschluss an Eugen Biser und Eugen Drewermann, Peter-Lang-Verlag, Frankfurt a. M. 2006. ISBN 3-631-54767-6
Reinhold Gestrich: Eugen Drewermann - Glauben aus Leidenschaft. Eine Einführung in seine Theologie, Quell Verlag, Stuttgart 1992. ISBN 3-7918-1917-8
Bernhard Lang: Eugen Drewermann - Kleines Porträt eines Romantikers. Universität Paderborn 2001
Cesare Marcheselli-Casale: Von Drewermann lernen. Die Bibel auf der Couch, Benziger Verlag, Zürich 1992. ISBN 3-545-24105-X
Thomas Scheer (Hrsg.): Drewermann und die Folgen. Vom Kleriker zum Ketzer? Stationen eines Konflikts, Wilhelm Heyne Verlag, München 1992. ISBN 3-453-05944-1

Weblinks [Bearbeiten]Literatur von und über Eugen Drewermann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Das Werk Eugen Drewermanns - detaillierte Vorstellung der Werke Eugen Drewermanns
Video von Dr. Drewermanns Vorlesung »Wie hältst Du's mit den Tieren oder: von der Notwendigkeit einer neuen Ethik« im Rahmen der Interdisziplinären Vorlesungsreihe Tierrechte an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg am 19. Oktober 2006
Der Kirchenrebell aus Paderborn (WDR)
http://www.kirchenkritik.de/portraits/drewermann.html
Sendung »Menschen bei Maischberger« vom 13.12.2005 mit Video
Interview mit Dr. Eugen Drewermann
Gott oder Großhirn - Woher kommt die Seele? (Titel Thesen Temperamente vom 17.09.2006, Hessischer Rundfunk)


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