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wuming schrieb am 22.12. 2008 um 03:21:08 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
David Foster Wallace
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David Foster WallaceDavid Foster Wallace (* 21. Februar 1962 in Ithaca, New York; † 12. September 2008 in Claremont, Kalifornien [1]) war ein US-amerikanischer Schriftsteller, der vor allem ironische Romane, Essays und Kurzgeschichten veröffentlichte.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
1.1 Familie
1.2 Wirken
1.3 Krankheit und Tod
2 Schreiben
3 Werke
3.1 Fiktion
3.2 Sonstiges
4 Literatur
4.1 Übersichten
4.2 Studien
4.3 Interviews
5 Weblinks
6 Einzelnachweise
Leben [Bearbeiten]
Familie [Bearbeiten]
David Foster Wallace wurde 1962 in Ithaca, New York, als einziger Sohn von James Donald und Sally Foster Wallace geboren, kurz nachdem James Wallace sein Philosophie-Studium an der Cornell University im Herbst 1962 beendet hatte. Später lebte die Familie in einem kleinen Ort namens Philo südlich von Urbana, Illinois. Zu dieser Zeit arbeiteten die Eltern als Lehrkräfte an der Universität in Champaign-Urbana.
Das Dorfleben verarbeitete Foster Wallace in zahlreichen Essays und Kurzgeschichten, vor allem in A Supposedly Fun Thing I’ll Never Do Again. Bald zog die Familie nach Urbana. Sally Foster Wallace lehrte englische Literatur am Parkland College in Champaign. Foster Wallace hatte eine jüngere Schwester, Amy Wallace, die seit 2004 als Rechtsanwältin in Arizona praktiziert. Seit 2004 war Foster Wallace mit Karen Green verheiratet.
Wirken [Bearbeiten]
Bevor Foster Wallace sich ernsthaft den Geisteswissenschaften zuwandte, verfolgte er zunächst eine Karriere als Tennisprofi. Der jugendliche David schaffte es als Profi bis auf Platz 17 der amerikanischen Rangliste. Im Studium, das er auf der gleichen Alma Mater begann, die auch sein Vater bereits besucht hatte, legte er den Schwerpunkt auf Logik und Mathematik. Die modallogische These, die er in seiner Abschlussarbeit in diesem Fach entwickelte, brachte ihm den Gail Kennedy Memorial Prize ein. Außerdem studierte Foster Wallace Literatur und Philosophie. Aus seiner Abschlussarbeit in englischer Literatur wurde später sein erster Roman Der Besen im System.
1985 schloss er in beiden Fächern mit summa cum laude ab. Seit 2002 lehrte er am Pomona College in Claremont kreatives Schreiben.[2]
Krankheit und Tod [Bearbeiten]
Am 12. September 2008 erhängte sich Wallace laut Medienberichten in seinem Haus in Claremont. Er wurde von seiner Frau Karen Green tot aufgefunden, als diese vom Einkaufen zurück kam. Sein Vater erklärte der Presse, dass sein Sohn seit 20 Jahren an Depressionen gelitten habe und nur mit Medikamenten lebens- und schreibfähig gewesen wäre. Wegen der auftretenden Nebenwirkungen hatte er diese jedoch zuletzt abgesetzt, worauf sich die Depressionen wieder massiv einstellt hatten. Im Sommer 2008 war er deswegen zweimal in einem Krankenhaus behandelt worden und u.a. auch mit Elektroschocks, was aber offenbar keine Besserung bewirkte. Sein Vater vermutete, dass sein Sohn seinen Zustand zuletzt einfach nicht mehr ausgehalten habe. [3][4]
Schreiben [Bearbeiten]
Mit dem postmodernen Roman Infinite Jest gelang Wallace 1996 der Durchbruch als angesehener Roman-Autor. Das Buch wurde aufgrund seiner hohen Komplexität bisher noch nicht in deutscher Sprache veröffentlicht. Der Übersetzer Ulrich Blumenbach sagte bereits 2004 in einem Spiegel-Interview, er werde neun bis zehn Monate pro Jahr an dem Werk arbeiten. Die Übersetzungsarbeit soll im Dezember 2008 beendet sein und der Roman unter dem Titel Unendlicher Spaß im Herbst 2009 erscheinen.[5]
Auch wenn er zunächst durch Romane bekannt wurde und stets als Romancier galt, wandte Foster Wallace sich bereits geraume Zeit vor seinem Tod von dieser Literaturform ab. So erschien 2003 als eines seiner letzten Bücher eine Biographie (über den deutschen Mathematiker Georg Cantor). Zuletzt blieben kurze Erzählformen seine Art des literarischen Ausdrucks: Er veröffentlichte einen Band mit Erzählungen (Oblivion, 2004; in Deutschland 2006 der erste Band mit dem Titel In alter Vertrautheit und der zweite Band 2008 mit dem Titel Vergessenheit erschienen) sowie ein Band mit Essays (Consider the Lobster and Other Essays, 2005), bevor er – drei Jahre vor seinem Tod – literarisch verstummte.
Wallaces Texte fallen durch ihre Wortmächtigkeit wie durch ihre komplexen, langen und verschachtelten Sätze auf. Seine radikale ironische und absurde Schreibweise wurde häufig mit der von James Joyce und Thomas Pynchon verglichen. Foster Wallaces Thema war die Identitätssuche des modernen Menschen, der Wunsch des Individuums nach Kommunikation, Zugehörigkeit und Lebensinhalt. Dabei zeigte er ein Gespür für den Jargon des Alltags. Es gelang ihm, das tägliche verbale Dauerfeuer aus Informationen und Soundbites, das aus diversen Medien auf den Menschen niederprasselt, literarisch zu verarbeiten, indem er es in seiner Bedeutungslosigkeit darstellte.[6]
Zudem brachte er die Fußnote, bis dato vornehmlich in wissenschaftlichen Texten zu finden, als literarisches Stilmittel in die Belletristik zurück. 1997 erhielt er den „Genius Award“ der MacArthur Foundation, was der Grund neben seinen vielfältigen Begabungen (Literatur, Mathematik, Tennis) dafür sein mag, dass er nicht selten als Genie bezeichnet wird. Er gilt als eines der größten Talente der amerikanischen Literatur.
Werke [Bearbeiten]
Fiktion [Bearbeiten]
1987 The Broom of the System
Der Besen im System, dt. von Marcus Ingendaay; Köln: Kiepenheuer und Witsch 2004, ISBN 3-462-03407-3
1990 Girl with Curious Hair (Stories)
Kleines Mädchen mit komischen Haaren - Stories, dt. von Marcus Ingendaay; Köln: Kiepenheuer und Witsch 2001, ISBN 3-462-02975-4
1996 Infinite Jest
deutsch voraussichtlich 2009
1999 Brief Interviews with Hideous Men (Stories)
Kurze Interviews mit fiesen Männern, dt. von Marcus Ingendaay; Köln: Kiepenheuer und Witsch 2002, ISBN 3-462-03079-5
2004 Oblivion (Stories)
1. Teil: In alter Vertrautheit, dt. von Ulrich Blumenbach und Marcus Ingendaay; Köln: Kiepenheuer und Witsch 2006, ISBN 3-462-03727-7
2. Teil: Vergessenheit, dt. von Ulrich Blumenbach und Marcus Ingendaay; Köln: Kiepenheuer und Witsch 2008, ISBN 3-462-03974-1
Sonstiges [Bearbeiten]
1990 Signifying Rappers: Rap and Race In the Urban Present (mit Mark Costello)
1997 Shipping Out - A Supposedly Fun Thing I’ll Never Do Again
Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich, dt. von Marcus Ingendaay; Hamburg: Marebuch, ISBN 3-936384-00-2 (TB-Ausgabe: München 2008, ISBN 978-3-442-54229-1)
2003 Everything and More: A Compact History of Infinity
Georg Cantor. Der Jahrhundertmathematiker und die Entdeckung des Unendlichen, dt. von Helmut Reuter und Thorsten Schmidt; München: Piper 2007, ISBN 3-492-04826-9
2005 Consider the Lobster and Other Essays
Literatur [Bearbeiten]
Übersichten [Bearbeiten]
James Rother, „Reading and Riding the Post-Scientific Wave. The Shorter Fiction of David Foster Wallace.“ Review of Contemporary Fiction 13.2 (1993), 216-234, ISBN 1564781232
Marshall Boswell, Understanding David Foster Wallace. Columbia: University of South Carolina Press, 2003, ISBN 1570035172
Iannis Goerlandt und Luc Herman, „David Foster Wallace.“ Post-war Literatures in English: A Lexicon of Contemporary Authors 56 (2004), 1-16; A1-2, B1-2.
Studien [Bearbeiten]
Tom LeClair, „The Prodigious Fiction of Richard Powers, William Vollmann, and David Foster Wallace“. Critique: Studies in Contemporary Fiction 38.1 (1996), 12-37.
Frank Louis Coffi, „An Anguish Becomes Thing: Narrative as Performance in David Foster Wallace’s Infinite Jest.“ Narrative 8.2 (2000), 161-181.
Catherine Nichols, „Dialogizing Postmodern Carnival: David Foster Wallace’s Infinite Jest.“ Critique: Studies in Contemporary Fiction 43.1 (2001), 3-16.
Stephen Burn, „Generational Succession and a Source for the Title of David Foster Wallace’s The Broom of the System“. Notes on Contemporary Literature 33.2 (2003), 9-11.
Stephen Burn, „David Foster Wallace’s Infinite Jest: A Reader’s Guide“. New York, London: Continuum, 2003 (= Continuum Contemporaries) ISBN 082641477X
Michael Harris, „A Sometimes Funny Book Supposedly about Infinity: A Review of Everything and More.“ Notices of the AMS 51.6 (2004), 632-638. (pdf-Volltext)
Interviews [Bearbeiten]
Larry McCaffery, „An Interview with David Foster Wallace.“ Review of Contemporary Fiction 13.2 (1993), 127-150, ISBN 1564781232
Laura Miller, „The Salon Interview: David Foster Wallace“. Salon 9 (1996). [2]
„The Usage Wars.“ Radiointerview mit David Foster Wallace und Brian Garner. The Connection (30 March 2001).
Michael Goldfarb, „David Foster Wallace.“ Radiointerview für The Connection (25 June 2004). (full audio interview)
Weblinks [Bearbeiten]
Literatur von und über David Foster Wallace im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu David Foster Wallace • PICA-Datensatz) • Einträge im Musikarchiv
David Foster Wallace in der Internet Movie Database (deutsch)
Biografie in der NNDB (englisch)
Infinite Jest. Reviews, Artikel und Sonstiges
THE HOWLING FANTODS! - David Foster Wallace: Neuigkeiten, Info, Links
“Postmodern Writer Is Found Dead at Home”, NYT, 14. September 2008
„Kult-Schriftsteller: David Foster Wallace tot aufgefunden“, Spiegel Online, 14. September 2008
Suizid als Zeichen, Die tageszeitung, 16. September 2008
http://www.salon.com/books/feature/2008/09/26/david_foster_wallace/index.html
Einzelnachweise [Bearbeiten]
↑ Novelist David Foster Wallace found dead
↑ Spiegel-Online: David Foster Wallace tot aufgefunden
↑ [1]
↑ The New York Times, Bruce Weber, September 14, 2008.
↑ Süddeutsche Zeitung, 19. September 2008.
↑ Spiegel-Online: David Foster Wallace tot aufgefunden
Personendaten
NAME Wallace, David Foster
KURZBESCHREIBUNG US-amerikanischer Schriftsteller
GEBURTSDATUM 21. Februar 1962
GEBURTSORT Ithaca (New York), New York (Bundesstaat)
STERBEDATUM 12. September 2008
STERBEORT Claremont (Kalifornien), Kalifornien
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/David_Foster_Wallace“
Kategorien: Autor | Literatur (20. Jahrhundert) | Literatur (21. Jahrhundert) | Literatur (Englisch) | Literatur (Vereinigte Staaten) | Roman, Epik | Kurzgeschichte | Essay | Hochschullehrer (Vereinigte Staaten) | US-Amerikaner | Geboren 1962 | Gestorben 2008 | Mann
Quark schrieb am 19.8. 2002 um 22:14:46 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Der Bund Deutscher Schriftsteller BDS wurde 1997 mit Sitz in Dietzenbach (nahe Frankfurt a.M.) gegründet, weil vor allem neue Autoren, die ihr erstes Manuskript veröffentlichen wollen, unter einem Defizit an Informationen leiden. Noch nicht etablierte Autoren kennen in aller Regel weder die Besonderheiten des Verlagswesens noch die Möglichkeiten und Risiken, die eine Veröffentlichung mit sich bringen kann.
Die großen Autorenverbände wie der P.E.N. stehen den bekannten Autoren bei. Neue Autoren finden dagegen kaum Ansprechpartner, die sie beraten können - was zum Beispiel die Suche eines Verlags oder den Abschluß eines Verlagsvertrages betrifft.
Die Aufgaben des Bundes Deutscher Schriftsteller BDS konzentrieren sich besonders auf die Bedürfnisse dieser neuen Autoren:
*Die kostenfreie telefonische Beratung etwa wird jährlich von 4.000 Autoren aus aller Welt genutzt.
* Das »Register unveröffentlichter Werke« verzeichnet mehrere Tausend unveröffentlichter Manuskripte und steht Verlagen für Anfragen offen, wenn spezielle Themen (z.B. ein historischer Roman zum 16. Jahrhundert) oder Anregungen gesucht werden.
* Der BDS ist Teilnehmer an den Buchmessen in Frankfurt a.M. und Leipzig und stellt dort unveröffentlichte Manuskripte aus, um sie bei Lektoren, Verlegern etc. ins Gespräch zu bringen.
* Das Schriftstellerlexikon verzeichnet neben arrivierten Schriftstellern auch noch unbekannte oder wenig bekannte Autoren, die erst eine einzige Buchveröffentlichung vorweisen können.
Die derzeitige Präsidentin ist Renate Stahl. Ihr liegt die Förderung der neuen Autoren auch deshalb besonders am Herzen, weil die Buchproduktionen der Verlagskonzerne eine kulturell schädliche Uniformität mit sich bringen und weil die literarische Vielfalt gerade durch neue Autoren gewährleistet werden kann.
Die Leiterin der Geschäftsstelle ist Adele Draxler. Sie ist profunde Kennerin des Verlagswesens und des Buchmarkts, und sie führt zusammen mit Alexandra Limburg den Großteil der Beratungen durch, die Autoren auf ihrem oftmals steinigen Weg weiterhelfen.
Weitere ehrenamtliche Kräfte sorgen durch ihre Unterstützung dafür, daß die Projekte des BDS kontinuierlich weitergeführt werden.
Der BDS ist gemeinnützig tätig und finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.
Bund Deutscher Schriftsteller BDS e.V., Römerstr. 2, D-63128 Dietzenbach
Tel. 06074-47566, Fax 06074-47540
wuming schrieb am 22.12. 2008 um 02:59:52 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Lion Feuchtwanger (* 7. Juli 1884 in München; † 21. Dezember 1958 in Los Angeles) war ein deutscher Schriftsteller und zu Lebzeiten einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren in den USA und in Russland.
Lion Feuchtwanger auf einer DDR-Briefmarke von 1974Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben in Deutschland bis 1933
2 Exil in Frankreich und den USA
3 Werke
3.1 Romane
3.2 Lyrik
3.3 Autobiografische Schriften
3.4 Erzählungen
3.5 Theaterstücke
4 Literatur
5 Verfilmungen seiner Werke
6 Dokumentarfilm
7 Siehe auch
8 Weblinks
9 Belege
Leben in Deutschland bis 1933 [Bearbeiten]
Lion Feuchtwanger wurde als Sohn des vermögenden jüdisch-orthodoxen Margarinefabrikanten Sigmund Feuchtwanger und seiner nicht weniger begüterten Ehefrau Johanna geb. Bodenheim geboren. Er unternahm schon früh Versuche als Schriftsteller, die ihm bereits als Schüler einen Preis einbrachten. 1903 schloss er die Schule mit dem Abitur am humanistischen Wilhelmsgymnasium München ab. Danach studierte er Geschichte, Philosophie und Deutsche Philologie in München und Berlin, löste sich dabei stark vom Elternhaus. Er promovierte 1907 bei Franz Muncker über Heinrich Heines Der Rabbi von Bacharach. Von einer Habilitation nahm er aufgrund der Beschränkungen für Juden Abstand. (1933 entzog die Universität München den Doktortitel, weil er Jude sei. Erst im November 1952 gab ihm die Universität den Titel wieder offiziell zurück.)
Er gründete 1908 seine eigene Kulturzeitschrift Der Spiegel, dessen erste Ausgabe am 30. April erschien. Nach 15 Nummern und sechs Monaten fusionierte sie jedoch auf Grund finanzieller Probleme mit der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen Zeitschrift Die Schaubühne, für die Feuchtwanger von nun an schrieb.[1]. 1912 heiratete er die jüdische Kaufmannstochter Marta Löffler, weil sie schwanger war. Ihrer beider einzige Tochter starb bei der Geburt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 leistete er Militärdienst, aus dem er aber aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig entlassen wurde. Bereits 1918 entdeckte er das Talent des jungen Bertolt Brecht, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. Während der Revolution 1918/1919 war Feuchtwanger krank und unbeteiligt.
Nach einigen Erfolgen als Dramatiker verlagerte er seinen Schwerpunkt auf den historischen Roman. Am erfolgreichsten war Jud Süß (geschrieben 1921/22, veröffentlicht 1925), der auch international bereits ab 1926 großen Anklang fand, nachdem Feuchtwanger lange in Deutschland vergeblich einen Verleger gesucht hatte. Die antisemitische Thematik schien unpopulär. Sein zweiter großer Erfolg war Margarete Maultasch. Aus beruflichen Gründen zog er 1925 nach Berlin, 1932 in eine große Villa am Grunewald. 1932 erschien der erste Teil der jüdischen Trilogie Der jüdische Krieg. Feuchtwanger sprach sich für den Kosmopolitismus aus und damit auch gegen einen jüdischen Nationalismus. Auch richtete er sich gegen den marxistischen Historischen Materialismus. Sein Interesse galt fortschrittlichen Intellektuellen als Schrittmachern des Fortschritts.
Feuchtwanger erkannte als einer der ersten hellsichtig die Gefahren durch Hitler und die NSDAP; so schrieb er bereits 1920 in seinem Text Gespräche mit dem ewigen Juden, der ersten Satire gegen den Nationalsozialismus: „Türme von hebräischen Büchern verbrannten, und Scheiterhaufen waren aufgerichtet, hoch bis in die Wolken, und Menschen verkohlten, zahllose, und Priesterstimmen sangen dazu: Gloria in excelsis Deo. Züge von Männern, Frauen, Kindern schleppten sich über den Platz, von allen Seiten; sie waren nackt oder in Lumpen, und sie hatten nichts mit sich als Leichen und die Fetzen von Bücherrollen, von zerrissenen, geschändeten, mit Kot besudelten Bücherrollen. Und ihnen folgten Männer im Kaftan und Frauen und Kinder in den Kleidern unserer Tage, zahllos, endlos.“ (L.F.: Ein Buch nur für meine Freunde. Ffm 1984, S. 453f.)
Im November 1932 brach er zu Vorträgen nach London und in die USA auf. Ab dem 30. Januar 1933 war eine Rückkehr nach Deutschland unmöglich aufgrund seiner politisch gefährlichen Arbeit und wegen seiner jüdischen Abstammung. Feuchtwanger galt den Nationalsozialisten als einer ihrer intellektuellen Hauptgegner. Seine Bücher wurden ein Opfer der Bücherverbrennung 1933. Sein Name tauchte im Sommer 1933 in der ersten Ausbürgerungsliste Hitlerdeutschlands auf. Eine literarische Frucht dieser Phase war der Roman Die Geschwister Oppermann.
Exil in Frankreich und den USA [Bearbeiten]
Seit 1933 lebte Feuchtwanger in Sanary-sur-Mer, einem Zentrum des deutschsprachigen Exils in Südfrankreich. Aufgrund der hohen Auflagen seiner Bücher insbesondere im angelsächsischen Sprachraum führte er ein vergleichsweise behagliches Leben im Exil. Als Folge der wenig antinazistischen Haltung der Westmächte näherte er sich weiter dem Sowjetkommunismus an. Werbewirksam reiste er vom November 1936 bis Februar 1937 in die stalinistische Sowjetunion, in der seine Werke mit Hilfe Artemi Chalatows verlegt wurden. In seinen Reiseeindrücken Moskau 1937 rechtfertigte er die Schauprozesse gegen angebliche Trotzkisten und erregte damit die Empörung von Arnold Zweig, Franz Werfel und Bruno Frank. Seine stalinfreundliche Haltung verzögerte später seine Einbürgerung in die USA. In Exil rechnet er satirisch mit den deutschen Intellektuellen ab, die im Deutschen Reich geblieben waren.
Im Jahre 1940 musste sich Feuchtwanger nach dem Überfall Deutschlands auf Frankreich wie viele andere Deutsche, die sich in Frankreich aufhielten, im Mai in das Internierungslager Les Milles begeben, wo er bereits bei Kriegsausbruch 1939 für wenige Wochen interniert worden war. Später wurden die Gefangenen von Les Milles aufgrund des Vorrückens der deutschen Truppen in ein provisorisches Zeltlager nahe Nîmes verlegt. Von dort wurde er von Angestellten des amerikanischen Konsulats in Marseille - als Frau verkleidet - herausgeschmuggelt. Nach Monaten des Wartens in Marseille konnte er mit seiner Frau Marta Feuchtwanger unter abenteuerlichen Umständen über Spanien und Portugal in die USA fliehen und lebte ab 1941 bis zu seinem Tode in Kalifornien, ab November 1943 in der komfortablen Villa Aurora. Auch durch die Einkünfte durch Filmrechte konnte er sich diese mit einer großen Bibliothek leisten. Feuchtwanger war Mitbegründer des Aurora-Verlages 1944 in New York. Nach dem Krieg wurde er als Linksintellektueller argwöhnisch von den US-Behörden in der McCarthy-Ära beobachtet. Am Lebensende befasste er sich wieder mit jüdischen Themen und befürwortete einen jüdischen Staat als Zuflucht (Die Jüdin von Toledo).
1953 erhielt Lion Feuchtwanger den Nationalpreis der DDR 1. Klasse für Kunst und Literatur. Dort wurde er als Antifaschist und kommunistischer Sympathisant hoch in Ehren gehalten, wenn auch die jüdischen Momente seines Werkes weniger gewürdigt wurden.
Lion Feuchtwanger erkrankte 1957 an Nierenkrebs. Nach mehreren Operationen verstarb er Ende 1958 an inneren Blutungen.
Werke [Bearbeiten]
Romane [Bearbeiten]
Der tönerne Gott, 1910
Jud Süß, München 1925, ein Roman über Joseph Süß Oppenheimer, ISBN 3-7466-5600-1
Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch, Berlin 1923
Wartesaal-Trilogie; diese drei Romane setzen sich mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus und Reaktionen darauf auseinander.
Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz, Berlin 1927-30, ISBN 3-7466-5606-0
Die Geschwister Oppermann (früherer Titel: Die Geschwister Oppenheim), Amsterdam 1933, ISBN 3-7466-5607-9 - dieser Roman schildert die Verfolgung der Juden nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten
Exil, 1937-39, ISBN 3-7466-5022-4, schildert den Alltag und das Leben eines deutschen Komponisten im französischen Exil. Dabei engagiert sich der zunächst unpolitische Künstler im Verlag einer Emigrantenzeitung.
Josephus-Trilogie, Romane über den jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus:
Der jüdische Krieg, 1931-32, ISBN 3-7466-5602-8
Die Söhne, 1934-35
Der Tag wird kommen, 1939-41
Der falsche Nero, 1936
Die Brüder Lautensack, 1941
Simone, 1943 u.ö. Die 15-jährige Simone Planchard im gewaltsamen Widerstand gegen die Nazis in Frankreich, gleicher Stoff von Bertolt Brecht und Feuchtwanger dramatisiert
Die Füchse im Weinberg, 1944-46. Zum Niedergang des Ancien Régime im vorrevolutionären Frankreich.
Venedig (Texas), 1946, New York, Aurora-Verlag, Auflage 4.000
Waffen für Amerika, 1947/1948 Zur amerikanischen Unabhängigkeit mit französischer Hilfe.
Goya oder der arge Weg der Erkenntnis, Frankfurt/Main 1951 (größter Erfolg in den USA, Anspielung an McCarthy-Ära)
Narrenweisheit oder Tod und Verklärung des Jean-Jacques Rousseau, 1950-52
Die Jüdin von Toledo (Veröffentlichung in Westdeutschland 1955: Spanische Ballade), USA 1954, ISBN 3-7466-5621-4
Jefta und seine Tochter, 1955-57
Lyrik [Bearbeiten]
Pep J. L. Wetcheeks amerikanisches Liederbuch, Potsdam 1928. Ironische Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Glauben an die Kraft des Kapitals.
Autobiografische Schriften [Bearbeiten]
Moskau 1937 : Ein Reisebericht für meine Freunde. Amsterdam: Querido Verlag, 1937. - Es gibt zahlreiche Neuausgaben, z.B. Berlin: Aufbau Verlag, 1993. ISBN 3-7466-0168-1. Feuchtwangers Sicht der stalinistischen Sowjetunion, die er 1936/1937 besuchte.
Unholdes Frankreich, 1942 (später „Der Teufel in Frankreich“), ISBN 3-7466-5018-6, beschreibt Feuchtwangers Erlebnisse in Frankreich 1940 im französischen Internierungslager Les Milles, während die deutsche Front sich auf das Lager zubewegt.
Erzählungen [Bearbeiten]
Panzerkreuzer Potemkin, Aufbau Verlag (DDR), 1946, veröffentlicht in der Bundesrepublik 1985 im Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 3-596-25834-0. Enthält verschiedene Erzählungen, darunter auch »Venedig (Texas)«
Theaterstücke [Bearbeiten]
Altindische Schauspiele, Reclams Universal-Bibliothek (DDR), Band 453, 1969
Wahn oder Der Teufel in Boston, Pazifische Presse, Los Angeles, 1948
Literatur [Bearbeiten]
Marta Feuchtwanger: Leben mit Lion. Gespräch mit Reinhart Hoffmeister in der Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“. Lamuv, Göttingen 1991, ISBN 3-88977-278-1
Hans Wagener: Lion Feuchtwanger, Morgenbuch, Berlin 1996, ISBN 3-371-00406-6.
Reinhold Jaretzky: Lion Feuchtwanger, 5. Aufl., Rowohlt, Reinbeck bei Hamburg 1998, ISBN 3-499-50334-4.
Wilhelm von Sternheim: Lion Feuchtwanger. Ein deutsches Schriftstellerleben, Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-7466-1416-3.
Manfred Flügge: Die vier Leben der Marta Feuchtwanger. Biographie, Aufbau, Berlin 2008, ISBN 978-3-351-02664-6.
Verfilmungen seiner Werke [Bearbeiten]
1934 - Jew Süss - Regie: Lothar Mendes (mit Conrad Veidt)
1939 - Semya Oppengeym - Regie: Grigori Roschal
1971 - Goya - oder Der arge Weg der Erkenntnis - Regie: Konrad Wolf
1973 - Die Brüder Lautensack - Regie: Hans-Joachim Kasprzik
1981 - Exil - Regie: Egon Günther (mit Klaus Löwitsch und Vadim Glowna)
1983 - Die Geschwister Oppermann - Regie: Egon Monk (mit Wolfgang Kieling und Rosel Zech)
1991 - Erfolg - Regie: Franz Seitz (mit Bruno Ganz)
Dokumentarfilm [Bearbeiten]
Feuchtwanger lebt! Reportage, Deutschland, 2008, 44 Min., Buch und Regie: Herbert Krill, Produktion: 3sat, Erstsendung: 17. Dezember 2008, Inhaltsangabe mit Video, 44 Min.
Siehe auch [Bearbeiten]
Lion-Feuchtwanger-Preis
Exilliteratur
Weblinks [Bearbeiten]
Literatur von und über Lion Feuchtwanger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Lion Feuchtwanger • PICA-Datensatz) • Einträge im Musikarchiv
Tabellarischer Lebenslauf, DHM
Biographie, judentum-projekt.de
Lion Feuchtwanger - Chronist des Antisemitismus
Informationen zu Feuchtwanger, Lion im BAM-Portal
Feuchtwanger Memorial Library an der USC in Los Angeles
Villa Aurora - Künstlerresidenz - Historisches Baudenkmal - Kulturzentrum
Lion Feuchtwanger relaunched - Das offizielle Portal zum Internationalen Lion Feuchtwanger-Jahr 2008-2009
Lion Feuchtwanger in der Internet Movie Database (deutsch)
Belege [Bearbeiten]
↑ W. von Sternheim, Lion Feuchtwanger, p. 93ff
Personendaten
NAME Feuchtwanger, Lion
KURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller
GEBURTSDATUM 7. Juli 1884
GEBURTSORT München
STERBEDATUM 21. Dezember 1958
STERBEORT Los Angeles
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Lion_Feuchtwanger“
Kategorien: Autor | Literatur (20. Jahrhundert) | Literatur (Deutsch) | Mann | Deutscher | Deutschsprachiger Emigrant | Bewegung Freies Deutschland | Person (München) | Roman, Epik | Geboren 1884 | Gestorben 1958AnsichtenArtikel Diskussion Seite bearbeiten Versionen/Autoren Persönliche WerkzeugeAnmelden Suche
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® schrieb am 11.9. 2010 um 01:21:24 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Victor Klemperer (* 9. Oktober 1881 in Landsberg an der Warthe; † 11. Februar 1960 in Dresden) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Schriftsteller. Zu seiner Bekanntheit trugen neben seiner Abhandlung LTI – Notizbuch eines Philologen (Lingua Tertii Imperii: Sprache des Dritten Reiches) vor allem seine Tagebücher bei, in denen er akribisch seine Ausgrenzung als Intellektueller jüdischer Herkunft aus der deutschen Gesellschaft im Alltag der Zeit des Nationalsozialismus dokumentierte.[1]
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
1.1 Biographie
1.2 Geschwister
2 Auszeichnungen und Ehrungen
3 Tagebuch
4 Werke
4.1 Veröffentlichungen zu Lebzeiten
4.2 Aus dem Nachlass
5 Filme
6 Literatur
7 Weblinks
8 Einzelnachweise
9 Hördateien
Leben [Bearbeiten]
Wohnhaus Victor Klemperers in Dresden-Dölzschen
Gedenktafel am Haus Weimarische Straße 6a in Berlin-Wilmersdorf
Grabstein Victor Klemperers in Dresden-DölzschenBiographie [Bearbeiten]
Victor Klemperer, Vetter des Dirigenten und Komponisten Otto Klemperer sowie Onkel des deutsch-amerikanischen Schauspielers Werner Klemperer, war das achte und jüngste Kind von Dr. Wilhelm Klemperer und seiner Ehefrau Henriette geb. Frankel. Victor hatte drei Brüder und vier Schwestern. Sein Vater war zunächst in Landsberg und später in der jüdischen Reformgemeinde in Berlin Rabbiner. Das Französische Gymnasium Berlin verließ Victor Klemperer zunächst ohne Abschluss, um auf Drängen seiner Eltern eine kaufmännische Lehre zu absolvieren. Im Jahr 1902 holte er in Landsberg an der Warthe das Abitur nach und studierte dann Philosophie, Romanistik und Germanistik in München, Genf, Paris und Berlin. Am 16. Mai 1906 heiratete er die Konzertpianistin und Malerin Eva Schlemmer. Von 1905 bis 1912 lebte er als freier Publizist in Berlin. Im Jahr 1912 konvertierte er zum Protestantismus. Die Promotion erlangte er 1912, 1914 dann die Habilitation. Von 1914 bis 1915 arbeitete Klemperer als Lektor an der Universität Neapel und meldete sich anschließend als Kriegsfreiwilliger. Vom Winter 1915 bis Frühjahr 1916 war er als Artillerist an der Westfront eingesetzt, später bei der Militärzensur als Buchprüfer in Kowno und Leipzig. Im Jahr 1920 wurde er als Professor für Romanistik an die Technische Hochschule Dresden berufen.
Im Jahr 1935 wurde Klemperer auf Grund des nationalsozialistischen Reichsbürgergesetzes unter Federführung des Gauleiters Martin Mutschmann aus seiner Professur an der TH Dresden entlassen. Er konzentrierte sich daraufhin auf die im Juli 1933 begonnene Arbeit zur Geschichte der französischen Literatur im 18. Jahrhundert, die in zwei Bänden 1954 und 1966 erschien. Als dann den nach den nationalsozialistischen Rassengesetzen als Juden Geltenden auch der Zugang zu Bibliotheken und das Abonnieren von Zeitungen und Zeitschriften verboten wurde, waren ihm die Hände gebunden und er musste diese wissenschaftliche Arbeit vorläufig einstellen. Um so intensiver widmete er sich darum seinen Tagebüchern und begann 1938 die Arbeit an seiner Vita. Während der Kriegsjahre legte er mit seinen Tagebuchaufzeichnungen die Grundlage für seine geplante Abhandlung zur Sprache des Dritten Reiches, der „LTI“ (Lingua Tertii Imperii). Diese Tagebuchnotizen führte Klemperer als Loseblattsammlung, die er in regelmäßigen Abständen durch seine Frau bei einer Freundin, Dr. Annemarie Köhler, in Pirna, verstecken ließ, da eine Entdeckung durch die Gestapo bei den permanent drohenden Haussuchungen fatale Folgen gehabt hätte.
Nachdem er 1940 aus seinem erst 1934 bezogenen Haus in Dresden-Dölzschen vertrieben wurde, lebten er und seine Frau in verschiedenen „Judenhäusern“ in Dresden. Die Luftangriffe auf Dresden in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 überlebte das Paar mit geringen Verletzungen und entkam der drohenden Deportation. Zitat aus „LTI“:
Am Abend dieses 13. Februar brach die Katastrophe über Dresden herein: die Bomben fielen, die Häuser stürzten, der Phosphor strömte, die brennenden Balken krachten auf arische und nichtarische Köpfe, und derselbe Feuersturm riß Jud und Christ in den Tod; wen er aber von den etwa 70 Sternträgern diese Nacht verschonte, dem bedeutete sie Errettung, denn im allgemeinen Chaos konnte er der Gestapo entkommen.
Nach einer mehrmonatigen Flucht durch Sachsen und Bayern kehrten die Klemperers im Juni 1945 nach Dresden und schließlich in ihr Haus in Dölzschen zurück. Die folgenden Monate, in denen Klemperers berufliche Zukunft weiterhin unsicher blieb, nutzte er zur Niederschrift seines Buches „LTI“, das 1947 erschien.
Eine Übersiedlung in die Westzonen lag ihm gefühlsmäßig fern, da er lieber mit den „Roten“ als mit den „alten Braunen“ seine restliche Lebenszeit verbringen wollte. Eva und Victor Klemperer traten nach kurzer Überlegung noch vor der Zwangsvereinigung der KPD bei und zählten somit im weitesten Sinne zur politischen Elite in Dresden, obwohl Klemperer den Marxismus nicht unkritisch sah.[2] Von 1947 bis 1960 war Klemperer an den Universitäten Greifswald, Halle und Berlin tätig. Im Jahr 1950 wurde er als Vertreter des Kulturbundes Abgeordneter der Volkskammer der DDR sowie ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und bemühte sich, der französischen Sprache eine angemessene Stellung in der DDR einzuräumen.
Nach dem Tod von Eva Klemperer am 8. Juli 1951 heiratete Klemperer 1952 die 45 Jahre jüngere Germanistin Hadwig Kirchner[3], die nach Klemperers Tod an der Herausgabe seiner Tagebücher mitwirkte.
Victor Klemperer starb im Februar 1960 im Alter von 78 Jahren. Seine Grabstelle befindet sich auf dem Friedhof in Dresden-Dölzschen.
Geschwister [Bearbeiten]
Die Geschwister Victor Klemperers:
Georg, 1865–1946, Arzt, Direktor des Krankenhauses Berlin-Moabit
Felix, 1866–1932, Arzt, Direktor des Krankenhauses Berlin-Reinickendorf
Margarete (Grete), 1867–1942, verh. Riesenfeld
Hedwig, 1870–1893, verh. Machol
Berthold, 1871–1931, Rechtsanwalt
Valeska (Wally), 1877–1936, verh. Sußmann
Marta, 1873–1954, verh. Jelski
Auszeichnungen und Ehrungen [Bearbeiten]
Wilhelm Pieck verleiht Victor Klemperer den Vaterländischen Verdienstorden in Silber (1956)1951 Ehrenpromotion Dr. paed. h. c. durch die Technische Hochschule Dresden anlässlich des 70. Geburtstages
1952 Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur
1956 Vaterländischer Verdienstorden in Silber
1960 F.-C.-Weiskopf Preis der Akademie der Künste zu Berlin (postum)
1995 Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München (postum), mit Laudatio von Martin Walser
2000 Der Victor-Klemperer-Wettbewerb, ein Jugendwettbewerb für Demokratie und Toleranz des Bündnisses für Demokratie und Toleranz wird nach ihm benannt.
Tagebuch [Bearbeiten]
Im ausführlichen Tagebuch zeigt sich Klemperer als genauer, kritischer aber auch selbstkritischer Beobachter seiner Zeit und seines Milieus. Während der Zeit der Weimarer Republik betrafen Klemperers Beobachtungen vorwiegend seine wissenschaftliche Karriere und die zahllosen Intrigen an der Universität, beispielsweise die Konkurrenz zu Ernst Robert Curtius. Weiter schrieb er viel über die Beziehung zu seiner ersten Frau Eva, die oft kränklich war, beschrieb Personen und Landschaften, notierte auch eifrig die häufigen Kinobesuche. Aufmerksam verfolgte er sein eigenes gesundheitliches Befinden und die Fortschritte seines wissenschaftlichen Schreibens. Häufig wurde er von Selbstzweifeln heimgesucht. Klemperer äußerte sich auch offen über die Probleme seiner Existenz als konvertierter Jude und vermerkte den nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs im Zusammenhang mit der Dolchstoßlegende und den Wirren um die bayrische Räterepublik virulent um sich greifenden Antisemitismus.
Ab 1933 lässt sich mitverfolgen, wie Klemperer langsam und systematisch ausgegrenzt wurde, zunächst nur in der Wissenschaft, später auch im privaten Leben. Klemperers Tagebücher aus der NS-Zeit sind Zeugnis einer Atmosphäre großer und immer größer werdender Angst, in der Klemperer und die anderen Bewohner des „Judenhauses“ lebten: vor allem Angst vor der Gestapo. Gegenüber den häufigen Notizen über antisemitische Äußerungen während der Weimarer Republik vermerkt Klemperers Tagebuch aber eine trotz oder wegen der offiziellen antisemitischen Politik zunehmende Höflichkeit der nichtjüdischen Bevölkerung gegenüber den durch den gelben Stern stigmatisierten Juden – eine Höflichkeit, die natürlich in Bezug auf die Vernichtungspolitik konsequenzenlos blieb.
Die Tagebücher wurden ab 1996 im Aufbau-Verlag veröffentlicht und waren ein großer verlegerischer Erfolg. Die Tagebücher der Jahre 1933 bis 1945 gelten heute als wichtiges Dokument der Zeitgeschichte und sind Standardwerke für den Geschichts- und Deutschunterricht. Auch die Tagebücher aus der Weimarer Republik und aus der Zeit nach 1945 beeindrucken als Dokumente eines unbestechlichen Beobachters, der auch nicht davor zurückscheut, den eigenen Ehrgeiz oder die „lingua quarti imperii“ (LQI – den Jargon der neuen kommunistischen Machthaber) kritisch zu thematisieren. Eine ungekürzte und umfangreich kommentierte Fassung der Tagebücher 1933 bis 1945 erschien 2007 als elektronische Edition auf CD-ROM.
Werke [Bearbeiten]
Veröffentlichungen zu Lebzeiten [Bearbeiten]
Die moderne französische Prosa 1870–1920, Berlin 1923
Die französische Literatur von Napoleon bis zur Gegenwart, 4 Bde., Berlin 1925–31 (Neuausgabe 1956 unter dem Titel Geschichte der französischen Literatur im 19. und 20. Jahrhundert)
LTI – Notizbuch eines Philologen, Berlin, 1947 (Ausgabe beim Reclam Verlag Leipzig, ISBN 3-379-00125-2)
Geschichte der französischen Literatur im 18. Jahrhundert, Bd. 1: Berlin, 1954, Bd. 2: Halle 1966
Aus dem Nachlass [Bearbeiten]
Curriculum Vitae: Erinnerungen 1881-1918 (Band I–II). Berlin 1996, ISBN 3-746-65500-5
Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum – Tagebücher 1919–1932. Berlin 1996, ISBN 3-351-02391-X
„Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ Tagebücher 1933–1945 (Band I–VIII). Berlin 1995, ISBN 3-7466-5514-5
Und so ist alles schwankend – Tagebücher Juni–Dezember 1945. Berlin 1996, ISBN 3-7466-5515-3
So sitze ich denn zwischen allen Stühlen. Tagebücher 1945–1959 (Band I–II). Berlin 1999, ISBN 3-351-02393-6
Das Tagebuch 1933–1945. Eine Auswahl für junge Leser. 2. Auflage, Berlin 1997.
Victor Klemperer: Die Tagebücher 1933–1945. Kritische Gesamtausgabe. CD-ROM. Berlin 2007. ISBN 978-3-89853-550-2
„Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ Tagebücher 1933–1945. Eine Auswahl. Berlin 2007. (SpiegelEdition23) ISBN 978-3-87763-023-5
Filme [Bearbeiten]
„Klemperer – Ein Leben in Deutschland“: 12-teilige Fernsehserie, Deutschland 1999, Regie Kai Wessel, Verfilmung von Klemperers Leben während der Zeit des NS-Regimes nach einer um erfundene Episoden erweiterten Bearbeitung von Klemperers Tagebüchern durch Peter Steinbach (Drehbuch), Titelrolle: Matthias Habich
„Die Sprache lügt nicht“: Dokumentarfilm über Klemperers Analyse der Sprache des „Dritten Reiches“ (Lingua Tertii Imperii), Frankreich 2004, Regie: Stan Neumann, 79 Minuten
Literatur [Bearbeiten]
Steven E. Aschheim: Scholem, Arendt, Klemperer. Intimate Chronicles in Turbulent Times. Indiana University Press, Bloomington 2001, ISBN 0253338913.
Hannes Heer (Hrsg.): Im Herzen der Finsternis. Victor Klemperer als Chronist der NS-Zeit. Aufbau-Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-351-02456-8.
Norbert Haase, Stefi Jersch-Wenzel, Hermann Simon (Hrsg.): Die Erinnerung hat ein Gesicht. Fotografien und Dokumente zur nationalsozialistischen Judenverfolgung in Dresden 1933–1945. Kiepenheuer, Leipzig 1998, ISBN 3378010266.
W. Theodor Elwert: Klemperer, Viktor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12. Duncker & Humblot, Berlin 1980, S. 35.
Jürgen Storost: 300 Jahre romanische Sprachen und Literaturen an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Lang, Frankfurt a. M. 2000, S. 519–532, ISBN 3-631-38312-6.
Weblinks [Bearbeiten]
Wikiquote: Victor Klemperer – Zitate
Commons: Victor Klemperer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Victor Klemperer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
www.ub.fu-berlin.de Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
Informationen über die Verfilmung der Lebensgeschichte
Die Tagebücher von Victor Klemperer
(RealMedia-Audio einer Sendung des Bayerischen Rundfunks, auch zum Download - 18:59 Min., 20,2 MB; zahlreiche weitere Materialien, auch für Lehrende)
Biographie auf den Seiten des Victor-Klemperer-Kollegs in Berlin
Informationen auf den Seiten der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Inhaltsübersicht zum Nachlaß von Prof. Victor Klemperer in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Geschwister-Scholl-Preis 1995, Laudatio für Victor Klemperer
Episodenführer zur TV-Serie
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ Klemperer gilt damit als einer der wichtigsten Chronisten insbesondere der antisemitischen Verbrechen der Nationalsozialisten. In ähnlicher Weise hielt der Mediävist und Pädagoge Willy Cohn (1888–1941) bis zu seiner Ermordung 1941 das Leiden der jüdischen Gemeinde in Breslau in seinen vor kurzem publizierten Tagebüchern fest, vgl. [1]
2.↑ Peter Jacobs »Ein bißchen unter Naturschutz« Victor Klemperers Tagebücher aus der frühen DDR-Zeit, aus UTOPIE kreativ, H. 85/86 (November/Dezember) 1997, S. 108-113
3.↑ tag-des-herrn.de: Zwischen allen Stühlen. Wie der Alltag das Gewissen belastete – Hadwig Klemperer in Halle über ihren Mann Victor.
Hördateien [Bearbeiten]
Gesprochener Artikel
Normdaten: PND: 11856319X (PICA) | LCCN: n87906344 | VIAF: 37028841 | WP-Personeninfo
Personendaten
NAME Klemperer, Victor
KURZBESCHREIBUNG Schriftsteller und Literaturwissenschaftler
GEBURTSDATUM 9. Oktober 1881
GEBURTSORT Landsberg an der Warthe
STERBEDATUM 11. Februar 1960
STERBEORT Dresden
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer“
Kategorien: Literaturwissenschaftler | Romanist | Autor | Literatur (20. Jahrhundert) | Literatur (Deutsch) | Roman, Epik | Tagebuch | Träger des Geschwister-Scholl-Preises | Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR | Sprachkritik | Künstler (Dresden) | Person (Dresden) | Hochschullehrer (Greifswald) | Hochschullehrer (Halle an der Saale) | Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin) | Abgeordneter der Volkskammer | Träger des Vaterländischen Verdienstordens | KPD-Mitglied | SED-Mitglied | Mitglied der VVN-BdA | Funktionär des Kulturbundes der DDR | Deutscher | Geboren 1881 | Gestorben 1960 | Mann | Nationalpreisträger (DDR)
wuming schrieb am 30.5. 2010 um 12:34:49 Uhr zu
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Stendhal (* 23. Januar 1783 in Grenoble; † 23. März 1842 in Paris; eigentlich Marie-Henri Beyle) war ein französischer Schriftsteller.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben und Schaffen
1.1 Jugend
1.2 Militärzeit
1.3 Mailand
1.4 Paris
1.5 Auf Reisen
2 Werke
3 Literatur
4 Weblinks
5 Einzelnachweise
Leben und Schaffen [Bearbeiten]
Jugend [Bearbeiten]
Stendhal war das älteste von drei Kindern eines bürgerlichen, aber Adelsambitionen hegenden Anwalts am Obersten Gerichtshof (Parlement) der Provinz Dauphiné. Mit sechs verlor er seine Mutter bei der Geburt der jüngsten Schwester, was ihn traumatisierte, und er verargte es seinem Vater zutiefst, als der sich mit der Schwester der Mutter liierte und ihn der „Tyrannei“ eines ungeliebten Hauslehrers aussetzte, eines ehemaligen Geistlichen. Er wurde jedoch sehr gefördert von seinem Großvater mütterlicherseits, dem schöngeistig interessierten Arzt und Voltaire-Verehrer Gagnon, sowie dessen unverheiratet gebliebener Schwester. Während der Zeit der Schreckensherrschaft (Terreur) 1793/94 sympathisierte er aus Trotz gegen seinen royalistisch eingestellten Vater mit den revolutionären Jakobinern und freute sich geradezu, als jener verhaftet wurde und Gefahr lief, guillotiniert zu werden.
1796-99 besuchte er die nach einer Schulreform neu eingerichtete Grenobler École centrale (wo er in Mathematik brillierte) und ging dann aus der ihm verhassten engen Provinzstadt nach Paris, um an der neuen École Polytechnique zu studieren. Er meldete sich aber nicht zur Aufnahmeprüfung (concours), sondern fing an, Theaterstücke und anderes zu schreiben. Bald danach erkrankte er in seinem kargen und kalten möblierten Zimmer und wurde daraufhin von entfernten Cousins, den etwas älteren Brüdern Daru, in ihr Haus aufgenommen.
Militärzeit [Bearbeiten]
Die Darus gehörten zur näheren Umgebung Napoleon Bonapartes und partizipierten an dessen fulminantem Aufstieg zum Herrscher von ganz Mitteleuropa. Als ihr Verwandter und Protégé profitierte auch Stendhal. Er nahm zunächst als blutjunger Offizier 1800 an Napoleons siegreichem Italienfeldzug teil, wobei er als Adjutant eines Generals das Land, insbesondere die Stadt Mailand, von der besten Seite kennenlernte und sich zum Liebhaber italienischer Kunst, Musik und Lebensart entwickelte. Allerdings infizierte er sich zugleich in einem Bordell mit Syphilis, deren akutes Stadium ihn 1802 zum Quittieren des Militärdienstes zwang.
Vorübergehend halbwegs gesundet, verbrachte er einige Jahre mit viel fruchtbarer Lektüre sowie allerlei fruchtlosen literarischen, geschäftlichen und amourösen Experimenten in Grenoble, Marseille und Paris. 1806, inzwischen war wieder Krieg, schloss er sich erneut den Darus an und avancierte zum Kaiserlichen Kriegskommissar und anschließend zum Verwalter der kaiserlichen Domänen im Département Oker des 1807 gegründeten Königreichs Westfalen, eines kurzlebigen französischen Satellitenstaates, der von Napoleons jüngerem Bruder Jérôme Bonaparte regiert wurde. In seinen Zeugnissen aus und über Braunschweig (1806-1808), das Briefe, Tagebücher und Reisebeschreibungen enthält, lieferte er eine amüsante Beschreibung der Braunschweiger Gesellschaft [1] 1810/11 setzte er seine Karriere in Paris fort und wurde für kurze Zeit Chef der Verwaltung der kaiserlichen Liegenschaften (vor allem der Schlösser samt ihren Kunstschätzen). 1812 nahm er teil an Napoleons Russlandfeldzug und kam mit der „Grande Armée“ im September bis Moskau. Den anschließenden, äußerst verlustreichen Rückzug überstand er unbeschadet. 1813 war er kurz Kaiserlicher Intendant in Schlesien.
Danach wurde er ein nächstes Mal von der Syphilis eingeholt und nahm 1813/14 einen längeren Urlaub, den er zum Teil in Italien, vor allem in Mailand, verbrachte, also der Stadt, die er als jugendlicher Offizier lieben gelernt hatte. Den Zusammenbruch des napoleonischen Kaiserreichs erlebte er in Grenoble. Ob tatsächlich sein Adelsbrief fertig zur Unterschrift auf Napoleons Schreibtisch lag, als jener 1814 besiegt wurde und abdankte, ist eher fraglich. Immerhin schmückte er später sein meistgebrauchtes und bekanntestes Pseudonym, „Stendhal“, mit einem adeligen „de“.
Mailand [Bearbeiten]
Wie so viele hohe napoleonische Beamte fand auch Stendhal 1814 keinen Platz in der naturgemäß stark verkleinerten Beamtenschaft des „Restaurationsregimes“ von König Ludwig XVIII. und wurde daraufhin Napoleon-Nostalgiker und Liberaler, d.h. Oppositioneller. Er ging einmal mehr nach Mailand und wurde hier endgültig zum Literaten mit Biografien, kunsthistorischen Werken und Reisebüchern, die er zunächst unter wechselnden Pseudonymen und schließlich unter dem dauerhaft werdenden Namen „M[onsieur]. de Stendhal“ publizierte. So erschienen 1815 die Lettres écrites de Vienne en Autriche sur le célèbre compositeur Joseph Haydn, suivies d'une vie de Mozart et de considerations sur Métastase, et l'état présent de la musique en Italie (1817 neu aufgelegt als Vies de Haydn, Mozart et Métastase). 1817 kamen die Histoire de la peinture en Italie heraus sowie Promenades dans Rome, Naples et Florence en 1817. Eine Vie de Napoléon, an der er 1817/18 arbeitete, blieb Fragment (und wurde erst postum 1929 gedruckt).
1818 begegnete Stendhal in Mailand seiner großen, unerfüllten Liebe Metilda Dembowski, Gattin eines österreichischen Generals (die Lombardei war damals österreichische Provinz), was ihn sehr absorbierte und zu dem essayistischen Werk De l'amour inspirierte (erschienen 1822). 1819 erlebte er eine andere Enttäuschung, als er beim Tod seines vermeintlich wohlhabenden Vaters feststellte, dass dieser fast nur Schulden hinterließ.
Paris [Bearbeiten]
1821 wurde Stendhal wegen seiner Kontakte mit oppositionellen Intellektuellen wie Silvio Pellico oder Alessandro Manzoni von der österreichischen Polizei als Verschwörer verdächtigt. Er verließ Mailand und verlebte einige unstete Jahre in Paris, London und wieder Italien, bis er sich 1824 in Paris niederließ, wo er sich als Journalist über Wasser hielt (z. B. als Kunst- und Musikkritiker). Daneben bewegte er sich in den Kreisen der „Ideologen“ um ihren Vordenker Destutt de Tracy, aber auch der Romantiker, an deren Kampf gegen den noch vorherrschenden Klassizismus er mit der Streitschrift Racine et Shakespeare (1823) teilnahm. Ebenfalls 1823 erschien seine Vie de Rossini. 1825 mischte er sich auf Seiten der oppositionellen Saint-Simoniens in politische Diskussionen ein mit der Schrift Nouveau complot contre les industriels.
Stendhal, La Chartreuse de Parme. Titelblatt der Erstausgabe, 18461827 publizierte Stendhal seinen ersten Roman, Armance, die zarte, um 1820 in Paris spielende Liebesgeschichte der armen jungen Adeligen Armance und des reicheren, aber offenbar impotenten Octave, der sich nach ihrer Heirat auf einem Schiff in Richtung Griechenland das Leben nimmt.
Hiernach ließ Stendhal ein neues Reisebuch folgen (Promenades dans Rome, 1829) und versuchte sich, wie sein jüngerer Freund Prosper Mérimée und andere Autoren, in der neuen Modegattung Novelle, mit Vanina Vanini (1829), Le Coffre et le revenant und Le Philtre (beide 1830). Im Oktober 29 hatte er, während einer Reise, in Marseille die Idee zu dem Roman, der sein Meisterwerk werden sollte: Le Rouge et le Noir, das er sofort begann.
Nach der Julirevolution von 1830 schöpfte er wieder Hoffnung auf einen höheren Posten im Staatsdienst, z. B. als Präfekt. Allerdings erhielt er nur den eines Konsuls im damals österreichischen Triest, wo man ihn jedoch bei seiner Ankunft Ende des Jahres als einstigen Verschwörer einstufte und ihm die Zulassung verweigerte. 1831 wurde er schließlich nur Konsul in der kleinen Hafenstadt Civitavecchia im Kirchenstaat.
Ende 1830, einige Monate nach der Juli-Revolution und durch sie eigentlich obsolet geworden, kam Le Rouge et Le Noir (Rot und Schwarz) heraus. Es ist die tragische Geschichte des tüchtigen und ehrgeizigen jungen Kleinbürgers und Provinzlers Julien Sorel, der im (wie der Erzähler es sieht) von reaktionären Adeligen, intriganten Geistlichen und opportunistischen Bourgeois beherrschten Restaurationsregime trotz seiner Talente und Meriten und trotz beachtlicher Zwischenerfolge letztlich weder General (= rot) noch Bischof (= schwarz) zu werden schafft, sondern es nur zum Geliebten einer älteren und danach zum Verlobten einer jüngeren adeligen Frau bringt und schließlich einen heroisch akzeptierten Tod auf dem Schafott erleidet.
Nach einigen weiteren Erzählungen verfasste Stendhal 1832 die autobiografischen Souvenirs d'égotisme (erst postum publiziert) und begann 1834 den Roman Lucien Leuwen, der, obwohl weit fortgeschritten, unvollendet blieb. Er erzählt die Geschichte eines Pariser Bankierssohns, der gewissermaßen die Julien Sorel nicht mögliche Offizierskarriere verwirklichen sollte, unter der Hand jedoch ganz unzeitgemäße Sympathien für den nach 1830 entmachteten Adel entwickelt, sich in eine adelige junge Witwe verliebt, sie aber verlässt, als er sich betrogen glaubt, und danach in Paris als Adlatus eines Ministers die Politik von ihrer schmutzigen Innenseite kennenlernt – wonach er seinem Autor quasi entgleitet.
Auf Reisen [Bearbeiten]
Stendhals Grabstein auf dem Montmartre-Friedhof mit dem Grabspruch »Scrisse-Amo-Visse«Hierauf nahm Stendhal erneut sich selbst ins Visier und schrieb 1835/36 an einer wiederum unvollendet gebliebenen Geschichte seiner Jugend (Vie de Henry Brulard). Eine insgesamt dreijährige Beurlaubung nutzte er zu Reisen, aber auch zu ausgiebigen Aufenthalten in Paris, wo er 1835 zum Ritter der Ehrenlegion ernannt wurde. Im selben Zeitraum verfasste er eine Serie von historischen Novellen, deren Handlung er in die italienische Renaissance verlegte, wo seiner Meinung nach die Menschen noch Leidenschaft und Energie besaßen (Chroniques italiennes, 1837–39).
Im November/Dezember 1838 diktierte er in nur 53 Tagen in Civitavecchia den Roman La Chartreuse de Parme, die spannende Geschichte des jungen lombardischen Adeligen Fabrice del Dongo, der dem 'Napoleon der hundert Tage' zu Hilfe zu eilen versucht und es nach diesem kapitalen Fehler im reaktionären Oberitalien der Restauration lediglich – und auch das nur dank der Intrigen seiner schönen und energischen jungen Tante – bis zum Bischof bringt und zugleich allerdings zum Geliebten seines Jugendschwarms, der schönen Generalstochter Clélia Conti. Der Roman wurde von Balzac begeistert in der Revue Parisienne besprochen (1840) und war der einzige Bucherfolg Stendhals zu seinen Lebzeiten.
Ende 1839 arbeitete er an einem neuen Roman, Lamiel, der aber Fragment blieb. Nach einem ersten Schlaganfall im März 1841 starb er bei einer zweiten Attacke ein Jahr später in Paris während einer längeren Beurlaubung.
Beyles Pseudonym Stendhal leitet sich nach allgemeiner Auffassung von Stendal im heutigen Sachsen-Anhalt her, der Heimatstadt von Johann Joachim Winckelmann. Umstritten ist, wie der Autor selbst diesen Namen aussprach, ob (was heute die meisten gebildeten Franzosen tun) mit e-Nasal (so, als würde er Stindal oder Steindal geschrieben) oder mit a-Nasal (wie Standal), was einige Kenner für richtiger halten.
Werke [Bearbeiten]
Zu Lebzeiten veröffentlichte Werke
Histoire de la Peinture en Italie. Paris 1817.
Rome, Naples et Florence. Angoulême 1817.
De l'Amour. Paris 1822.
Racine et Shakespeare. Paris 1823.
Vie de Rossini. Paris 1823.
Racine et Shakespeare. II. Paris 1825.
D'un nouveau complot contre les industriels. Paris 1825.
Armance. Quelques scènes d'un salon de Paris en 1827. Paris 1827.
Promenades dans Rome. Paris 1829.
Le Rouge et le Noir. (Rot und Schwarz). Paris 1830.
Mémoires d'un touriste. Paris 1838.
La Chartreuse de Parme (Die Kartause von Parma). Paris 1839. Verfilmt als La Certosa di Parma 1982.
Chroniques Italiennes. L'Abbesse de Castro (plus Vittoria Accoramboni et Les Cenci). Paris 1839.
Idées italiennes sur quelques tableaux célèbres. Paris 1840.
Postum erschienene Werke
Correspondance. 1855. (2 Bände)
Journal. 1801-1823.
Filosofia nova.
Théâtre.
Molière, Shakespeare, la Comédie et le Rire.
Écoles italiennes de peinture.
Pages d'Italie.
Mélanges de politique et d'histoire.
Courrier anglais.
Mélanges d'art. 1867.
Romans et nouvelles.
Souvenirs d'égotisme. (Erinnerungen eines Egotisten). 1892.
Lucien Leuwen. 1894.
Vie de Henri Brulard, 1890 (Autobiographie).
Voyage dans le Midi de la France.
Lamiel. Unvollendeter Roman.
Mélanges intimes et Marginalia.
Le Rose et le Vert. 1937
Fragmente
Vie de Napoléon. 1875.
Chroniques italiennes. 1885 (L'Abesse de Castro, Les Cenci, Vittoria Accoramboni, Vanina Vanini und La Duchesse de Palliano, teilweise auch separat erschienen)
Nouvelles indites. 1855.
Lettres intimes. 1892.
Souvenirs d'égotisme. 1892.
Werkausgaben
Œuvres complètes. ed. de Victor Del Litto, Genève 1.1966 - 50.1954.
Œuvres romanesques complètes. Édition établie par Yves Ansel et Philippe Berthier. Bibliothèque de la Pléiade. Paris: Gallimard 2005. 3 Bände, Bände 1 und 2 erschienen.
Neuübersetzungen
Rot und Schwarz. Chronik aus dem 19. Jahrhundert. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl. München: Carl Hanser Verlag 2004.
Die Kartause von Parma. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl. München: Carl Hanser Verlag 2007.
Literatur [Bearbeiten]
Robert Alter: Stendhal. Eine Biographie. Rowohlt, Reinbek 1992. ISBN 3-499-13024-6
Michel Crouzet: Stendhal ou Monsieur moi-même. Flammarion, Paris 1990. ISBN 2-08-067923-6
Béatrice Didier: Stendhal autobiographe. PUF, Paris 1983. ISBN 2-13-038064-6
Paul Hazard: Stendhal, wie er lebte, schrieb und liebte. Hoffmann & Campe, Hamburg 1950.
Heinrich Mann: Stendhal. In: Geist und Tat. Franzosen von 1780 bis 1930. Essays, Berlin 1931. Ausgabe: Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M. 1997, ISBN 3596128609
Michael Nerlich: Stendhal. Rowohlt, Reinbek 1993. ISBN 3-499-50525-8
Johannes Willms: Stendhal. Hanser Verlag, München 2010. ISBN 978-3446234192
Stefan Zweig: Drei Dichter ihres Lebens. Casanova – Stendhal – Tolstoi. Insel, Leipzig 1928
Weblinks [Bearbeiten]
Wikiquote: Stendhal – Zitate
Commons: Stendhal – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wikisource: Stendhal – Quellen und Volltexte (Französisch)
Wikisource: Stendhal – Quellen und Volltexte
Werke von Stendhal als Online-Texte. In: Project Gutenberg.
Literatur von und über Stendhal im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Stendhal • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)
Werke von Stendhal. In: Zeno.org.
Artikel Stendhal in »Namen, Titel und Daten der französischen Literatur« (Hauptquelle für den Abschnitt »Leben und Schaffen«)
Les manuscrits de Stendhal
Einzelnachweise [Bearbeiten]
↑ Stendhal: Zeugnisse aus und über Braunschweig (1806-1808), herausgegeben von Hans von Mattauch, Verlag für Regionalgeschichte, 1999, ISBN 978-3-89534-283-7
Normdaten: PND: 118617648 – weitere Informationen | LCCN: n78095494 | VIAF: 17823
Personendaten
NAME Stendhal
ALTERNATIVNAMEN Beyle, Marie Henri (bürgerlicher Name)
KURZBESCHREIBUNG französischer Schriftsteller
GEBURTSDATUM 23. Januar 1783
GEBURTSORT Grenoble
STERBEDATUM 23. März 1842
STERBEORT Paris
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Kategorien: Mitglied der Ehrenlegion | Freimaurer (19. Jahrhundert) | Französischer Freimaurer | Literatur (19. Jahrhundert) | Literatur (Französisch) | Roman, Epik | Person (Stendal) | Autor | Geboren 1783 | Gestorben 1842 | Mann
wuming schrieb am 7.1. 2007 um 00:28:46 Uhr zu
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Raymond Queneau (* 21. Februar 1903 in Le Havre, † 25. Oktober 1976 in Neuilly bei Paris) war ein französischer Dichter und Schriftsteller
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Werke
2.1 Romane
2.2 Lyrik
2.3 Essays, Aufsätze und Artikel
2.4 Diverse
3 Literatur
4 Weblinks
Leben [Bearbeiten]Schon in seiner Jugend hatte er Kontakt zu den französischen Surrealisten. 1949 gehörte er zu den ersten Unterzeichnern des Manifestes des 'Collège de Pataphysique' Künstlergruppe 'Pataphysik', das auf den Dichter und Dramatiker Alfred Jarry zurückgeht. In der Folge gründete er zusammen mit François Le Lionnais die Künstlerbewegung OuLiPo, zu deren Mitgliedern u.a. auch die Schriftsteller Georges Perec und Italo Calvino zählen.
Gleichzeitig arbeitete er als Direktor der Encyclopédie de la Pléiade für den angesehenen Verlag Gallimard. 1951 wurde er Mitglied der Akademie Goncourt.
Mit seinem 1959 erschienen und 1960 von Louis Malle verfilmten Roman »Zazie dans le métro« (Zazie in der Metro, deutsche Erstaufführung 23. Dezember 1960), der die Abenteuer eines Landmädchens in Paris beschreibt, wurde Queneau berühmt.
Werke [Bearbeiten]Die Übersetzungen von Queneaus Werken ins Deutsche wurden größtenteils von Eugen Helmlé besorgt.
Romane [Bearbeiten]Le Chiendent, 1933, dt.: Der Hundszahn
Gueule de pierre, 1934
Les Derniers Jours, 1936, dt.: Die kleinen Geschäfte des Monsieur Brabbant
Odile, 1937, dt.: Odile
Les Enfants du Limon, 1938, dt.: Die Kinder des alten Limon
Un rude hiver, 1939, dt.: Ein strenger Winter / Ein Winter in LeHavre
Les Temps mêlés (Gueule de pierre II), 1941
Pierrot mon ami, 1942, dt.: Mein Freund Pierrot
Loin de Rueil, 1944, dt.: Die Haut der Träume »Fern von Rueil«
On est toujours trop bon avec les femmes, 1947, dt.: Man ist immer zu gut zu den Frauen
Saint-Glinglin, 1948, dt.: Heiliger Bimbam
Le Journal intime de Sally Mara, 1950, dt.: Intimes Tagebuch der Sally Mara
Le Dimanche de la vie, 1952, dt.: Sonntag des Lebens
Zazie dans le métro, 1959, dt.: Zazie in der Metro
Les Fleurs bleues, 1965, dt.: Die blauen Blumen
Le Vol d'Icare, 1968, dt.: Der Flug des Ikarus
Lyrik [Bearbeiten]Chêne et chien, 1937
Les Ziaux, 1943
L'Instant fatal, 1946
Petite cosmogonie portative, 1950, dt.: Taschenkosmogonie
Cent mille milliards de poèmes, 1961, dt.: Hunderttausend Milliarden Gedichte
Le Chien à la mandoline, 1965
Courir les rues , 1967
Battre la campagne, 1968
Fendre les flots, 1969
Morale élémentaire, 1975
Essays, Aufsätze und Artikel [Bearbeiten]Bâtons, chiffres et lettres, 1950, dt.: Striche, Zeichen und Buchstaben
Pour Une Bibliothèque Idéale, 1956
Entretiens avec Georges Charbonnier, 1962
Bords, 1963, dt.: Mathematik von morgen
Une Histoire modèle, 1966, dt.: Eine Modellgeschichte
Le Voyage en Grèce, 1973
Traité des vertus démocratiques, 1993
Diverse [Bearbeiten]Exercices de Style, 1947, dt.: Stilübungen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, ISBN 3-5182-2053-5
Die Anekdote »Autobus S« wird in 99 Varianten erzählt und dient dem Experimentieren Queneaus mit der französischen Sprache durch alle Stile, Slangs und Dialekte bis hin zur Lautschrift. Die Lektüre muss wegen der Sprach- und Lautspiele im französischen Original empfohlen werden, wenngleich die deutsche Übersetzung als kongenial gilt.
Contes et propos, 1981, dt.: Vom Nutzen und Nachteil der Beruhigungsmittel
Journal 1939-1940, 1986
Journaux 1914-1965, 1996
Literatur [Bearbeiten]Bourdette Donon, Marcel: Queneau. – Paris : Harmattan, 2003
David, Pierre: Dictionnaire des personnages de Raymond Queneau. – Limoges : PULIM, 1994
Debreil, Daniel: Raymond Queneau et les spectacles. – Margency : Noésis, 2004
Kritisches Lexikon der fremdsprachigen Gegenwartsliteratur KLfG, Artikel von Eugen Helmlé. München: Edition text und kritik (fortlaufend)
Weblinks [Bearbeiten]Literatur von und über Raymond Queneau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
http://www.queneau.net/ (französisch)
Interview: http://www.centerforbookculture.org/interviews/interview_queneau.html (englisch)
Artikel: http://www.themodernword.com/scriptorium/queneau.html (englisch)
kommentierte Bibliographie: http://www.creighton.edu/~chaskest/queneau.html (englisch)
Queneaus »Bibliothèque Idéale«: http://planet.tvi.edu/rswigger/QBibliothIdeale.htm
Texte im Internet
Biografie, Bibliografie (französisch)
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