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Ich war es nie. Ich hatte schon als Student immer Jobs, wurde dann Referendar und Assistent, und schon vor meiner letzten mündlichen Prüfung hatte ich schon meine freiberufliche Existenz begründet. Seit 15 Jahren bin ich ein Mensch, der viel zu tun hat. Meine jobs im öffentlichen Dienst hatten nominal fast 70 Wochenstunden, und als Freiberufler erreichte ich selbst in den schlechtesten Jahren etwa das Durchschnittseinkommen meiner Kollegen - das zugegebenermaßen nicht sehr hoch ist. Aber immerhin. Und in den guten Jahren erreichte ich bis zum vierfachen des Durchschnitts. Also immer viel zu tun. Immer das schlechte Gewissen der unerledigten Sachen, die Ausflüchte, wenig richtig freie Zeit.
Ich wäre eigentlich ganz gerne mal ein bischen arbeitslos, so ein, zwei Jahre. Ich würde wieder zurückfinden zu den einfachen Dingen des Lebens, die mir so weit entrückt sind - ich kann kaum noch einen Überweisungszettel ausfüllen, und ein Blatt Papier in den Locher schieben: machen alles meine Damen, seit nunmehr fast 10 Jahren. Ich würde meine Autos verkaufen, nur das Motorrad behalten, und wieder viel Fahrrad fahren. Natürlich würde ich wegziehen von hier - dieses öde Ossi-Land ist nur wegen der Kohle erträglich. Wieder zurück nachhause, wahrscheinlich.
Wieder den ganzen Sommer am Baggersee abhängen, auf einer Waldlichtung ein paar Cannabis-Pflänzchen anpflanzen, und den Regentropfen zuschauen, wie sie das Fenster hinab kullern.
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