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Bettina Beispiel schrieb am 8.2. 2004 um 21:16:06 Uhr über

totschlagattraktiv

Liebe Else!

..., 9. 11. 1941.

Ihr anderen Lieben werdet nicht böse sein, wenn ich diese Zeilen mit obiger Überschrift versehe. Aber ich habe soeben durch Ria die beiden lieben Briefe von Dir, Du gute Else, erhalten, die so persönlich an mich gerichtet sind, daß ich sie auch nur persönlich beantworten kann. -

Liebe Else, meine mütterliche Freundin, Du sollst heißen Dank haben für all Deine Sorgen und Mühen um mich. Der Krieg löst so viel Liebe und Mitgefühl mit uns Soldaten aus, die uns ungeheure Kraftquellen sind. Manche Briefe aber sind uns noch mehr, sie gehen ans Herz, sie erschüttern uns zutiefst. So mich die Deinen! - Wie es manchmal in uns aussieht, wissen nur wir selbst. Der Frau, der Mutter dürfen wir es nicht offenbaren - sie dürfen nur Briefe erhalten, die von unserem Wohlbefinden, von unserem unerschütterlichen Mut und von unserer Zuversicht erzählen. Briefe anderen Inhalts würden sie zu sehr belasten, würden sie in ihren Sorgen einfach erdrücken. Eine »mütterliche Freundin« aber darf man einmal in sein Inneres blicken lassen. Sie ist so groß und steht außerhalb, und ist doch mit einem zutiefst verbunden, daß man einmal sprechen darf: man möchte einmal ausruhen, nicht körperlich, nein seelisch! Man möchte sich einmal in einen Schob betten und alles vergessen können, nur geborgen sein - wie ein Kind. Und doch! Schon bei dem Gedanken verwirft man ihn wieder, räumt ihn hinweg und sieht nur den Krieg, seine Pflicht! Pflicht, das ist das ehernste Wort für uns Deutsche, dies Wort ist für uns alle so heilig und groß, daß an ihm alle Versuchungen und Schwierigkeiten abprallen. Hinter diesen Begriff stellen wir alles, selbst Liebe, Freundschaft und Leben. Ja, dieses Wort reibt uns so weit, daß wir keine Gefahr mehr kennen, daß wir Freiwillige werden, ganz gleich, wo und wie und zu allem! Und aus diesem Pflichtgefühl heraus bin ich stolz und froh über meine Beförderung und will noch mehr, noch höher, will noch mehr Verantwortung und bin glücklich in dem Bewußtsein, sie fragen zu können. Ich kenne nur ein Gebet: "Herrgott, verleihe mir immer die Kraft, meine Verantwortung zu tragen, gib mir die Stärke wie seither, auf daß ich ein ordentlicher Führer bleibe! - Und ein zweites trägt uns - genau so sicher wie die Pflicht: der Glaube! Unser Glaube ist so innig und gefestigt, daß ihn kein Teufel auszurotten imstande wäre. Und so einfach ist dieser Glaube, in nur zwei Worte ist er ganz eingeschlossen: Führer und Deutschland! -

An diesem ehernen Bollwerk zerschellen unsere Feinde, und wenn der Krieg noch zwei Jahre dauern sollte: Glaube und Pflicht! - Und doch sind wir Menschen mit einem weichen Herzen und möchten den Kopf einmal in einen Schoß betten...

24 Stunden später. Wieder ist es Nacht, nach einem ereignisreichen Tag. Meinen Arbeitstag mußte ich heute mit einer Erschießung beenden. Da bekomme ich Befehl, mit drei Soldaten zwei Rotarmisten zu erschießen, auf daß sie uns nicht mehr gefährlich werden können. Stumpf und verlumpt, Tieren gleich, werden sie mir übergeben. Ich drücke jedem einen Spaten in die Hand und dann beginnen sie, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. ich beruhige mich mit einer Zigarette. Kein Laut fällt, Russen sind seelenlos, sind Tiere. Besser, man hat sie durch die vergangenen Jahre dazu gemacht. Sie betteln nicht um ihr Leben, sie lachen nicht und schreien nicht, sie schaufeln. Drei Gewehrläufe sind auf sie gerichtet, dann sind sie fertig, sollen sich in ihr Grab stellen. Da macht einer kehrt und flieht. 20 Meter weit kommt er, und da fällt er... Der andere steht regungslos. Dann steigt er in das Loch und fällt auch... Zwei Minuten später hat die gute Erde alles verdeckt. Wir stecken uns eine neue Zigarette an...

Ich frage mich, sind wir Landsknechte geworden, haben wir schon die Scheu vor dem Letzten, dem Tod verloren? Nein! Wir sind ja so weich, möchten unseren Kopf in einen lieben Schoß betten... Nur das haben wir gelernt. furchtbar hart zu sein, wenn es gilt! Rußland hat uns gelehrt: unerbittlich und eiskalt ein Menschenleben auszulöschen, hat uns die mechanischen Handgriffe dazu gelehrt - das Herz, die Seele aber ist die gleiche geblieben, und alles in uns sehnt sich nach Frieden und Ruhe!

Ich sehe manchmal Wildungen vor mir: Die alten, lieben Fachwerkhäuser, Eure ruhige Ecke hinter dem Haus, einen sauber gedeckten Tisch, trautes Lampenlicht und darüber einen sternenklaren Sommerhimmel - und uns zusammen. Und nirgends schießt es, nirgends droht eine Gefahr, alles atmet nur Liebe und Frieden und Ruhe. War das wirklich einmal? Gibt es das heute auch noch? Ich weiß es fast nicht! Ich sehne mich nur danach! Was heißt hier schon »sehnen«? Pa! Pflicht und Glaube regieren hier allein, du oder ich, einer muß fallen, das ist die Parole - und ich lache dazu und bin ganz dabei und will jung bleiben. jung wie einstmals bei Dir und Euch! - Du hast einen Blick in mein Inneres getan, ich weiß, Du hast mich ganz verstanden. Und nun weißt Du auch, daß ich hier niemals verzage, immer zuversichtlich und stark bleiben werde. Bleibe auch Du die gleiche!

Ich grüße all Deine Lieben recht herzlich, wünsche Anneliese immer wieder nur Glück und Segen und drücke Dir ganz besonders die Hand.

Ich bleibe
Dein Heiner.

[SS-Untersturmführer]



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