Worterklärungen für den nachfolgenden Text.
* Biographie (griech.) Lebensbeschreibung (beispielsweise in einem Roman)
* Hierarchie (griech.) Stufe, Treppe, Leiter, Rangordnung, Leitbild
* Historie (griech.) 1 früher: Erzählung, Bericht; 2 heute: Geschichte, Geschichtswissenschaft
* Kasbah (arab.) »Altstadt«
* Kollektiv (lat.) Produktions-, Arbeits- und Wohngemeinschaft
*Mode (lat.) Sitte, Brauch, Geschmack einer Zeitspanne; aus modus »Maß, Art und Weise«
* Oase fruchtbares Gebiet mit natürlichem oder künstlichem Wasservorkommen in Trockenzonen; aus griech. oasis, aus altägypt. wahe »Niederung«
* Pathalogie (griech.) Wissenschaft von den Krankheiten
* Peter Spieler Eine literarische Gestalt des 20. Jahrhunderts. Er trägt wertvollen Schmuck, eine große Pistole und schreckenerregend einschüchternde Maßanzüge. Er spricht viel und oft vom Schmggel, vom Drogen-, Waffen-, Aktien- und Devisenhandel, von gefährlichen Abenteuern und engen Gefängniszellen. In Wirklichkeit interessiert er sich aber nur fürs Fliegen, für Zug- und Schifffahrt, für schöne Knaben, reife Frauen, kiffen, essen, trinken und macht sich beim geringsten Versuch ihn in dunkle Geschäfte zu verwickeln sofort aus dem Staub (Quelle: Hans-Peter Kossaj: »Hoheitliche Gewalt«. Erstauflage 1988. Das Buch ist zur Zeit nicht im Handel).
* Roumi (arab./Tuareg) ein Fremder, der von außen kommt und noch (fast) gar nichts weiß
* Synthese (griech.) 1 Aufbau, Verbindung von Teilen zu einem Ganzen; 2 Verbindung zweier gegensätzlicher Aussagen oder Begriffe (These und Antithese) zu einer höheren Einheit; 3 die so gewonnene höhere Einheit; 4 Herstellung einer chemischen Verbindung aus zusammengemischten Stoffe
* These (griech.) 1 wissenschaftlich beweisbarer Lehrsatz; 2 Behauptung
* Vision (lat.) Traumbild, Traumgesicht; Trugbild; Erscheinung vor den geistigen Augen
* Vitalität (lat.) Lebendigkeit, Lebenskraft, Lebensfähigkeit
* Zitadelle (lat.-ital.) Befestigungsanlage in einer Stadt, oder am Rand einer Stadt; Kernbau einer Festung
TEXT
Fliegt eines meiner Bücher zu dir hierher, lasse es ohne Säumen ins Haus hinein. Mit ihm wird meine Seele dann bei dir sein.
Hermann Hesse: »Das Glasperlenspiel«
Es ist unsere Absicht in diesem Heft oder Buch das Wenige festzuhalten, das wir über Michael Rot (Rote? Rod? Rode?) finden konnten. Wir sind nicht blind gegenüber der Tatsache, daß wir damit den in Abankor herrschenden Anoubis und Boujadis widersprecehn. Ist doch geradezu das Auslöschen der Roten, Gelben und Grünen und das möglichst vollkommene sich-einordnen der Schwarzen in die Hierarchien* ihrer Dörfer, Städte, Zitadellen* und Burgen eines der obersten Prinzipien Abankors. Auch gehört es nun einmal zu unseren Merkmalen, daß wir das Ideal der Anonymität haben und der Verwirklichung dieses Ideals sehr nahe kommen. Wenn wir trotzdem Details, Fragmente und Vermutungen aus dem Leben der Nürnberger Glasperlenspieler und ihres Meisters Michael Rot hier andeutend skizzieren, dann tun wir das nicht aus Personenkult - und auch nicht aus Ungehorsam gegenüber dem alten Kossaj. Wir wissen, daß das, was wir heute unter dem Begriff Persönlichkeit verstehen, etwas anderes ist als das, was die Biographen* und Historiker* früherer Zeiträume gemeint haben. Für sie war das Abweichende, das Normwidrige und Einmalige, ja oft geradezu das Pathalogische*, das Wesentliche einer Persönlichkeit, während wir Heutigen Punkern und Skinheads erst dann Beachtung schenken, wenn sie den Stern oder die Sterne der Boujadis an ihrer Kleidung tragen.
Boujadis These* - »Ich war, ich bin, ich werde sein.« - schreit nach Gegenthese und Synthese*. Nur daher und deshalb geben wir jetzt und hier den Grünen, Gelben und Roten Informationen. Auch sie kommen aus den Verunreinigungen durch Materie und besitzen die Fähigkeit den Sprung in die Antimaterie zu wagen.
Wir schreiben die Geschichte Medinas und sahen keine Stadt schöner, als Abankor.
Ihre Straßen waren bezaubernd wie der Liebreiz eines scheu lächelnden Knaben, der Strand faszinierend wie das rotznasige Grinsen eines mit Sand werfenden Mädchens. Wie die Sonne, der Regen, der Kreislauf war Abankor erdverbunden und himmelhochjauchzend. Stolz und selbstbewußt, die Bewohner. Über die man anderswo die Nase rümpfte. Da der Schweiß ihrer Achselhöhlen Geruch ausströmte und ihre Schuhe erdverkrustet waren. Die aber nicht mit der Mode* gingen, weil sie Mode machten. Abankor war schön wie die Schildwachen, die auf den Festungsmauern der Kasbah* ihre Runden drehten. Abankor hatte die atemberaubende Vitalität* junger Ratten. An der Schwelle eines Stelldicheins. Abankor war verschleiert mit dem Make-up im Gesicht eines Knaben, der, da der Wind ihn liebkoste, mit kurzen Wimpern, wehenden Haaren und einer Gitarre aufpeitschende Visionen* in die Nacht hinausschrie. Wild, überschäumend und ungebändigt wie die Brandung, die an die Felsen donnerte. Abankor war eine Festung am Meer, mit Kanonen, Erweiterung einer Burg, eines Seeräubernestes, das seine Gesichter schamvoll mit den Tüchern der Krieger, Dealer und Spieler verhüllte, die sich - offen und ehrlich - als anschmiegungsbedürftige Lustknaben an die Mauern ihrer Häuser lehnten. Abankor war Schild und Panzer eines Kollektivs*, dessen Roumis*, Anoubis und Boujadis glanzvoll und mächtig, weit ausstrahlend, über Mauern, Türme, Wüsten, Oasen*, Schiffe und Barrieren hinweg, feudal in das noch Unbekannte wirkten.
Feudal?
So, wie der Peter* auf der Jagd ein Buch ergreift, irgendeines, und der, der es ihm gab, es wieder fand, als wär es keines?
Der englische Arbeiterführer Harold Wilson schildert in der Illustrierten Stern die »Hochzeit des Jahres«: »Charles hat mit Diana wirklich Glück gehabt. Alle Engländer sind ein bißchen in sie verleibt, und das nicht nur, weil sie jung und schön und aus bester Familie ist.«**
Meine Braut ißt Sauerkraut und tanzt sehr gerne Polka. UND DARUM IST DIE Edeltraut die richtige Frau für mich.
** Quelle: Hermann L. Gremliza: »Wie Hannelore Kohl die Russen bezauberte«; Konkret Literatur Verlag 1987, S. 6
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