Werner Schroeter (* 7. April 1945 in Georgenthal; † 12. April 2010 in Kassel) war ein deutscher Film-, Opern- und Theater-Regisseur.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
1.1 Ausdrucksformen im Film
1.2 Tätigkeit als Filmdozent
2 Werk
2.1 Filmografie
2.2 Photographische Arbeiten
3 Auszeichnungen
4 Literatur
5 Weblinks
6 Einzelnachweise
Leben [Bearbeiten]
Werner Schroeter wurde 1945 als Sohn eines Ingenieurs geboren und wuchs in Bielefeld und Heidelberg auf.[1] Im Alter von fünf Jahren äußerte er bereits den Wunsch, Filmregisseur zu werden.[2] Ein einschneidendes Erlebnis war für ihn im Alter von dreizehn Jahren die Radioübertragung einer Opernarie von Maria Callas, die ihn zum ersten Mal mit dem Thema Oper in Berührung brachte. Die Callas wurde für ihn zum einzigen Idol seines Lebens, er bezeichnete sie in Interviews als Botin zwischen Gott und den Menschen.[2] Nach dem Abitur in Heidelberg studierte er drei Semester lang Psychologie in Mannheim und arbeitete nebenher als Journalist.[3] Ende der 1960er Jahre brachte sich Schroeter das Filmemachen mit ersten experimentellen Arbeiten auf 8-mm- und 16-mm-Film selbst bei. Einige seiner ersten Kurzfilme widmen sich Maria Callas.[4] Ein begonnenes Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film München hatte er bereits nach wenigen Wochen abgebrochen.[1] Ersten Erfolg brachte ihm der über zweistündige Experimentalfilm Eika Katappa ein, der von der Internationalen Filmwoche Mannheim 1969 mit dem Josef von Sternberg-Preis ausgezeichnet wurde.
Seit 1972 erarbeitete Schroeter regelmäßig Theater- und Operninszenierungen in Städten wie Berlin, Bochum, Hamburg, Düsseldorf und Bonn, aber auch an ausländischen Theatern in Paris, Brasilien und Italien. Schroeter gilt neben Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Alexander Kluge, Werner Herzog und Volker Schlöndorff als einer der wichtigen Filmregisseure der deutschen Nachkriegszeit. Mit Palermo oder Wolfsburg gewann er den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele 1980. Er betätigte sich zudem als Produzent, Drehbuchautor, Kameramann und Schauspieler bei zahlreichen Filmen. Partner in seinem Filmschaffen waren unter anderem Magdalena Montezuma, Isabelle Huppert, Produzent Paulo Branco, Kamerafrau Elfi Mikesch, Cutterin Juliane Lorenz und Standfotografin Digne Meller-Marcovicz. Schroeter, der offen zu seiner Homosexualität stand, war eine Zeit lang mit Rosa von Praunheim liiert.[1]
Im Jahr 1972 war Werner Schroeter mit dem Film Der Tod der Maria Malibran Teilnehmer der Documenta 5 in Kassel in der Abteilung Filmschau: Anderes Kino. 2008 erhielt Schroeter für Nuit de chien eine Einladung in den Wettbewerb der 65. Filmfestspiele von Venedig.[5] Das Drama ist eine Umsetzung von Juan Carlos Onettis Roman Para esta noche mit unter anderem Pascal Greggory Amira Casar, Elsa Zylberstein und Nathalie Delon in den Hauptrollen. Schroeter wurde mit dem Sonderpreis der Jury der Filmfestspiele von Venedig 2008 für sein „innovatives, kompromissloses und oft provokantes“ Werk ausgezeichnet.
Schroeter wurde bei der Berlinale 2010 mit dem schwul-lesbischen Teddy Award geehrt, weil er als ein radikaler Experimentierer und großer Außenseiter des Neuen Deutschen Films gelten kann. Mitte März desselben Jahres wurde ihm der Bielefelder Friedrich Wilhelm Murnau Filmpreis zuteil.[6]
Werner Schroeter starb im Alter von 65 Jahren in einer Kasseler Klinik an den Folgen seiner Krebserkrankung.
Ausdrucksformen im Film [Bearbeiten]
Sein Schaffen wird dem Neuen Deutschen Film zugerechnet. Oftmals bedient Schroeter sich in seinen Filmen opulenter, expressiver Mittel, in denen seine Verbundenheit zu Oper und Theater offensichtlich wird. Auch in seinen Dokumentarfilmen setzt er solche Mittel ein, beispielsweise in Form von Montage inszenierter expressiver Sequenzen mit den dokumentierenden Passagen des Films. So gesetzte Kommentare geben der Dokumentation einen vordergründig subjektiven Charakter, veranschaulichen letztlich jedoch auf künstlerische Weise zentrale Aspekte des jeweiligen Themas. Als Beispiel für diese Herangehensweise lässt sich der Film Abfallprodukte der Liebe nennen, in dem verschiedene Opernsänger und Ausschnitte ihrer Arbeit porträtiert werden. Hier ist es u. a. die geschickte Montage von persönlichen Interviews und inszenierten Dialogen und Arien, die den Film dazu bringt, die Künstlichkeit des Opernmilieus zu durchbrechen und die Menschen dahinter nahbar zu machen.
Tätigkeit als Filmdozent [Bearbeiten]
Um die Jahrtausendwende führte Werner Schroeter Übungen zur Regie- und Schauspielerführung an der Münchener Hochschule für Fernsehen und Film durch: Abschied im Bett – Übung zum postorgasmischen Abschiednehmen und im Folgejahr Krieg – Deine Männer, Deine Frauen – Ohne Frauen kein Krieg.
Werk [Bearbeiten]
Filmografie [Bearbeiten]
1967: Verona
1968: Aggressionen
1968: Callas Walking Lucia
1968: Callas-Text mit Doppelbeleuchtung
1968: Faces
1968: Grotesk – Burlesk – Pittoresk
1968: Himmel hoch
1968: La morte d'Isotta
1968: Maria Callas Porträt
1968: Mona Lisa
1968: Paula – Je reviens
1968: Übungen mit Darstellern
1968: Virginia’s Death
1969: Argila
1969: Eika Katappa. Eine Kollage aus Spielszenen und Musik
1969: Neurasia
1969: Nicaragua
1970: Anglia
1970: Der Bomberpilot
1971: Macbeth
1971: Salome
1972: Der Tod der Maria Malibran
1973: Willow Springs
1975: Der schwarze Engel
1975: Johannas Traum
1976: Goldflocken
1978: Neapolitanische Geschwister / Neapolitanische Geschichten
1980: Die Generalprobe
1980: Palermo oder Wolfsburg
1980: Weiße Reise
1981: Tag der Idioten
1982: Liebeskonzil
1983: Der lachende Stern
1986: Auf der Suche nach der Sonne
1986: Der Rosenkönig
1986: Zum Beispiel Argentinien
1991: Malina
1996: Poussières d'amour – Abfallprodukte der Liebe
2000: Die Königin – Marianne Hoppe
2002: Deux
2008: Diese Nacht
Photographische Arbeiten [Bearbeiten]
Anfang 2009 wurden zum ersten Mal Photographien Schroeters in einer Ausstellung unter dem Namen autrefois et toujours in München öffentlich ausgestellt. Seit 1973 bildete der Regisseur die Gefährten seines Kunst- und Lebenswegs ab, wie zum Beispiel Magdalena Montezuma, Christine Kaufmann und Antonio Orlando. Die Arbeiten sind mit Polaroid-, Minox- und Einwegkameras entstanden und ohne digitale Manipulation vergrößert worden.
Auszeichnungen [Bearbeiten]
1969: Josef-von-Sternberg-Preis des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg für Eika Katappa
1978: Preis des Fernsehfilm-Festivals Baden-Baden für Neapolitanische Geschichten
1979: Filmband in Gold (Beste Regie) für Neapolitanische Geschichten
1980: Goldener Bär der Internationalen Filmfestspiele Berlin für Palermo oder Wolfsburg
1981: Filmband in Silber für seinen im Auftrag des ZDF gedrehten Dokumentarfilm Die Generalprobe über das Theaterfestival Nancy
1982: Filmband in Gold (Beste Regie) für Tag der Idioten
1982: Einladung in den Wettbewerb um die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes für Tag der Idioten
1983: Kritikerpreis des São Paulo International Film Festival für Liebeskonzil
1987: Rotterdam Preis („Works Award“) des International Film Festival Rotterdam
1991: Einladung in den Wettbewerb um die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes für Malina
1991: Filmband in Gold (Beste Regie) für Malina
1996: Preis der Stadt Hof auf den Internationalen Hofer Filmtagen
1996: Ehrenleopard des Internationalen Filmfestivals von Locarno
1997: Preis der deutschen Filmkritik für Poussières d'amour – Abfallprodukte der Liebe
2000: Dokumentarfilmpreis der Duisburger Filmwoche für Die Königin – Marianne Hoppe
2000: Arte-Preis für Die Königin – Marianne Hoppe
2008: Einladung in den Wettbewerb um den Goldenen Löwen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig für Diese Nacht sowie Sonderpreis („Spezial-Löwe“) für sein Gesamtwerk
2010: Spezial-Teddy
2010: Friedrich Wilhelm Murnau Filmpreis
Literatur [Bearbeiten]
Peter Berling (Hrsg.), Oskar Panizza und Werner Schroeter: Liebeskonzil-Filmbuch. Schirmer-Mosel, München 1982, ISBN 3-921375-93-2
Gérard Courant: Werner Schroeter. Goethe Institut/La Cinémathèque Française, Paris 1982
Sabina Dhein: Werner Schroeter. Reihe: Regie im Theater. Fischer, Frankfurt a.M. 1991, ISBN 3-596-10543-9
Stiftung Deutsche Kinemathek, Peter W. Jansen und Wolfram Schütte (Hrsg.): Werner Schroeter. Reihe Film, Nr. 20, Carl Hanser Verlag, München u. Wien 1980. Beiträge v. Sebastian Feldmann (Kommentierte Filmographie), Hans Jansen (Theater), Dietrich Kuhlbrodt, Daniel Schmid (Interview mit W. S.), Walter Schobert (Daten), W. Schütte, ISBN 3-446-12855-7
Elfriede Jelinek: Malina-Filmbuch. Nach dem Roman von Ingeborg Bachmann. Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1991, ISBN 3-518-40285-4
Ute Seiderer: Film als Psychogramm. Bewußtseinsräume und Vorstellungsbilder in Werner Schroeters Malina. Diskurs Film, München 1994, ISBN 3-926372-57-5
Weblinks [Bearbeiten]
Offizielle Website von Werner Schroeter
Werner Schroeter in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Werner Schroeter. In: filmportal.de.
Literatur von und über Werner Schroeter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Werner Schroeter • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)
König der Nacht – Porträt von Ralph Eue im Tagesspiegel, 26. Oktober 2008, S. 25
»Fragen Sie das Universum« – Interview in der ZEIT vom 16. Oktober 2008
Michelle Langford: Werner Schroeter
Photographien Werner Schroeters in der Jörg Heitsch Galerie München
„Spätes Meisterwerk“ – Porträt von Daniel Kothenschulte in Frankfurter Rundschau, 1. April 2009
»Der Tod der Maria Malibran« (1972)
»Man tut es oder man tut es nicht. Das ist alles« - Gespräch mit Irene Bazinger in der Berliner Zeitung, 20. März 2010
»Die Idee der Herzensbildung« – Interview von Rüdiger Suchsland in der FAZ, 18. April 2010
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ a b c vgl. Werner Schroeter. In: Internationales Biographisches Archiv 37/2002
2.↑ a b Interview mit Werner Schroeter in: Die Zeit 43/2008
3.↑ vgl. Profil bei adk.de (aufgerufen am 26. Oktober 2008)
4.↑ Ausführlich zu dieser Zeit Werner Schroeter, Reihe Film, Hanser, 1980.
5.↑ vgl. Vivarelli, Nick: Venice Film Festival announces Slate, 29. Juli 2008 (aufgerufen am 30. Juli 2008)
6.↑ vgl. dpa: Murnau-Filmpreis: Schroeter und Mikesch geehrt bei n-tv.de, 14. März 2010 (aufgerufen am 15. März 2010)
Normdaten: PND: 118610902 – weitere Informationen | LCCN: n81088322 | VIAF: 79121057
Personendaten
NAME Schroeter, Werner
ALTERNATIVNAMEN Schröter, Werner
KURZBESCHREIBUNG deutscher Film-, Theater- und Opernregisseur
GEBURTSDATUM 7. April 1945
GEBURTSORT Georgenthal
STERBEDATUM 12. April 2010
STERBEORT Kassel
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Schroeter“
Kategorien: Theaterregisseur | Opernregisseur | Filmregisseur | Drehbuchautor | Kameramann | Cutter | Schauspieler | Künstler (documenta) | Homosexualität in der Kunst (Person) | Deutscher | Geboren 1945 | Gestorben 2010 | Mann
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