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wuming schrieb am 12.5. 2003 um 01:43:35 Uhr über

Empire

flektiert. Das können wir weniger ihm übei nehmen, als vielmehr den im Umgang mit Ideologien geschulten H/N, die allerdings den Bemäciitigungscharakter weder von Spinozas Philosophie, noch ihres eigenen Maclitprojekts reflektieren.
Produktivität: Spinoza beschreibt die Substanz Gottes, wie sie sich in den Handlungen der Individuen zu ihrer Selbsterhaltung und -verwirklicliung ausdrückt. Man kann das als produktiven Vorgang im umfassenden Sinne des Hervorbringens seiner selbst begreifen. »Produktivität« in seiner fetischisierenden Verengung ist kein Begriff Spinozas, geschweige denn »Produktivkraft«. Die Macht zur Selbsterhaltung wird von ihm viel umfassender konzipiert und ist von der Systemanlage her grundsätzlich offen auch für eine Selbstverwirklichung gegen und im Antagonismus zu den »Produktivkräften«. Es sind H/N, die Spinoza in den Dienst der »Produktivität« und »Produktivkraft«, gar der »Produktivkräfte« stellen. In Negris Spinozabuch (»Die wilde Anomalie«) wird dessen Philosophie auf die »höchste metaphysische Bestätigung der Produktivkraft« reduziert, auf die »Befreiung der Produktivkraft als konstitutiver Schub«, auf »Verherrlichung« und »Bejahung der Produktivkraft als Gebiet der Befreiung«."' Es ist dies eine überscliwängliclie Form der Fetischisierung, die keine Grundlage bei Spinoza findet. Sie gebraucht ihn, wie sie ihn sich wünscht.
Die absolute Macht kommt nur Gott zu. Die Inanspruchnahme der Verwirklichung absoluter Macht und der Projektion totaler Einvernahme der gesamten menschheitlichen Maclitpotentiale für ein partikulares Projekt, das sich zudem auf eine partikulare Teclinologie gründet, ist in Spinozas Theorie eine totalitäre Anmaßung.
Dies weniger als Gotteslästerung, sondern weil ein partikulares Projekt das Ganze natürliclier Machtentfaltung nicht erscllöpfen kann. Ebenso die Einvernahme seiner Philosophie in dessen Dienst durch HIN.
Der kämpferische Widerspruch, in dem sich Menschen lustvoll gegen ein solches Projekt zur Geltung brächten, würde machttheoretisch als affektiv positive Selbstverwirklichung figurieren. Negri und Hardt dagegen vereinnahmen ihn einseitig für die Produktivkräfte und damit die in ihnen inkorporierten Unterwerfungsfunktionen. Ich will Spinoza nicht in Schutz nehmen, aber ich halte es für unzulässig, ihn aus der Offenheit der historischen Situation

A. Negri, Anomalie op.cit., S. 157-164, 161, 245, 248.


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des 17. Jahrhunderts in den Dienst an einem postmodernen Projekt zu pressen und geradezu faschistoid aufzurüsten. Jedenfall versteht Deleuze, ein pathetischer Spinoza-Enthusiast aus de Buche, offenbar den Kampf gegen die Bemächtigungsstrategien der informations- und kommunikationstechnischen Unterjochun als Ausdruck positiver Kräfte.
H/Ns normative Vellikel: Wie sehr die Übernahme des Standpunkts einer Revolution von oben an Spinozas Vorstellungen von Macht, Selbstverwirklichung und Recht vorbeigeht, zeigt deutlich die Zuflucht 1-1/Ns zu normativen Krücken, Forderungen und Sollenssätzen: die Forderung, sich in die biopolitische Perspektive einzubringen, konstruktive Beiträge zu leisten und auf nichtkonstruktiven Widerstand und Widerspruch zu verzichten. Spinoza lehnt jede normative Fundierung grundsätzlich ab, er begrei Reclitsgeltung allenfalls als taktische Machtverstärkung. Regelrecht frivol ist der Gedanke, die ontologische Maschinerie des biopolitischen Zusammenhangs »zum eigenen Ursprung werden zu lassen«. (55) Die »causa sui«, die Ursache seiner selbst als di Gesamtheit aller Machtentfaltung, ist Gott oder dem Weltganzen als unendliclier Substanz vorbehalten - im Ineinanderfallen vo natura naturans und natura naturata. (erster Satz der Etliik). Di verkürzende Inanspruchnahme dieses Gedankens für eine post moderne Epoche zeugt zumindest von einem bemerkenswerten Ausmaß gewalttätiger Beschränktheit. Gott mag zwar tot sein, und Spinoza meinetwegen Atlieist pantlieistischer Prägung, wie H/N behaupten. Dennoch wird weder ein historisches Mengenprojek zu einem Gott im Sinne Spinozas, noch H/N zu seinem Propheten.
Damit soll es hier gut sein. Es gehtja nicht wirklich um Spinoza, es geht um seine Zuriclitung für die philosophiepolitisclie Aufrüstting der postmodernen Revolution von oben. Nicht nur die offene Propaganda im Spiiioza-Buch für eine Erneuerung der bürgerlicilen Revolution in der historischen Kette, die von der ersten bourgeoisen Selbstentfesselung im 17. Jahrhundert über 1789, 1848, 1896 bis zum Umbruch in die Postmoderne reichen, zeig dies. Der politische Kontext seines Erscheinens im ersten Mutationsscliubs der 68er Avantgarden zu postmodernen Avantgarden der Bourgeoisie wird uns unten noch beschäftigen. 113


Schon hier sei angemerkt, dass die damalige Kritik von Negris Buch sich zu sehr auf seine Funktion iii seinem Strafverfahren verkürzte.


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