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Hallo Gast
Stell Dir vor, es ist Krieg und Du schreibst ein Gedicht
Goedart Palm
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Uhhh exkrementebraun lang---
/Rak 12. März 2003 23:32
frajo rolofs schrieb am 12. März 2003 13:55
> goethe ist kein mass fuer mich. er war ein aristokratenfreund und
> befuerwortete die todesstrafe fuer eine kindsmoerderin.
Goethes Erben haben den Goethe nie lebend gesehen.
Sie haben dafür einige Alben mit schwarzer Musik und tiefgründigen
Texten geschaffen...
[Hint: Goethes Erben sind eine recht bekannte »Gruftikapelle«...]
> alternde menschen koennen schoen sein, ja.
> das ist jedoch nicht ihrem koerperlichen verfall zu verdanken,
> sondern dem licht in ihren augen.
Ich meine hier u.a. auch den Verfall von verlassenen Gebäuden, alten
Wehrmachtsbunkern, Industrieruinen und die Schönheit der alten
Beinhäuser.
Auch körperlicher Verfall eines Menschen kann durchaus ästhetisch
positiv besetzt sein. Sogar ohne das Licht in den Augen.
Der Tod macht dann bald wieder Platz für neues Leben.
Tod ist also Leben.
Und Leben heist irgendwann zu sterben.
Ein ewiger Kreislauf im Chaos des Lebens und des Todes.
[...]
> da draengt sich die frage auf,
> ob nur die von dir verortete friedliche schoenheit ankonditioniert
> ist
> oder auch die von mir verortete rohheit und dummheit.
(Die Beleidigung zwischen den Zeilen ignorier ich jetzt mal)
Sie ist vermutlich auch ankonditioniert, aber auch zum Großteil
Artspezifisch.
Zumindest die Rohheit. Bei der Dummheit ist vor allem die Dummheit
der Masse artspezifisch.
> eine merkwuerdige konstruktion.
> hoert sich an, als ob die voyeure des leidens anderer die einzigen
> nicht obrigkeitshoerigen menschen seien, soeldner inbegriffen.
Nein, »Voyeur des Leidens anderer zu sein« macht dich auch nicht
unbedingt zu einem Obrigkeitsfreien Mensch, genausowenig wie du ein
obrigkeitsfreier Mensch bist wenn du ein "Voyeur der der Freude
anderer" bist. Habe ich aber auch nie behauptet. Rekursive Logik
führt allzuoft in die Irre. Auch wenn sie gerne angewandt wird.
Erst wenn du die Konditionierung ein wenig durchbrichst wirst du ein
Mensch, der auch ohne diese Obrigkeitskonditionierung auskommt und
eben eigene Leitlinien entwickelt. Dabei können dann vorgegebene
Werte eine Orientierungshilfe geben, bindend sind sie aber jedoch
nicht mehr.
Zu deinem Verständnis:
Es ging hier um die einseitige Konditionierung, die mit einem
obrigkeitshörigen Gehorsam einhergeht.
Anstatt Werke, welche eine abweichende ästhetisierung favoritisieren,
einfach mal künstlerische Werke sein zu lassen entscheiden die
vorauseilend Konditionierten was nun Kunst ist und was nicht und
setzen alles daran um eben »entartetes« wie z.B. die »Körperwelten«
oder diverse PC-Spiele oder CDs zu zensieren oder gar zu verbieten,
weil das eben »unästhetische brutal Dinge sind, Schund eben«. Früher
hat man aus ähnlichen Beweggründen »Jüdische Musik« aus dem
Konzertsaal verbannt.
Irgendwie hast du das nicht kapiert. Versuch mal deine
Konditionierung ein ganz klein wenig zu verlassen und wertneutral zu
beobachten und dann erst danach dein Urteil zu fällen. Und rekursive
Logik sollte man besser bleiben lassen.
Natürlich gibt es unter den professionellen Folterknechten wohl den
einen oder anderen, der seine Arbeit ästhetisch findet, das dürfte
aber eine äußerst geringe Menge sein, die nichtmal in ppm zu Erfassen
ist.
»Besondere Einsatzkommandos« machen diese üblen Dinge für einen
höheren Zweck.
Ein Soldat tötet nicht für einen ästhetischen Gewinn, er tötet für
Volk und Vaterland.
Ein Polizist foltert nicht um der Ästhetik Willen sondern um etwas
gutes damit zu erreichen.
> schwarz ist die falsche farbe dafuer; schwarz ist die farbe des
> existenzialismus; was du meinst, ist exkrementenbraun.
Schwarz ist nicht ganz die richtige Farbe, aber sie trifft es am
verständlichsten.
Schwarz ist, zumindest in Europa, die Farbe des Todes und die Farbe
der Vergeistigung. Eine Reduzierung der Äußerlichkeiten auf das
Wesentliche.
In Gewisser Weise ist diese Ästhetik ja auch existentialistisch
motiviert.
Besser würde es die Farbe »bunt« beschreiben, würde sie denn
existieren.
Und dein »exkrementenbraun« kannst du dir ruhig wieder sonstwo
hinschieben, wo es hingehört - in einer halbwegs sachlichen
Diskussion hat sowas eigentlich nichts verloren.
> wie gesagt, das ist individuell verschieden.
> aber du sprichst vermutlich aus einer auf eine bestimmte
> gesellschaftsform beschraenkten sicht heraus.
Ich spreche von einem durchschnittlichen Schönheitsideal das sich
heutzutage in der alles entscheidenen Gewaltform, in den Medien,
herausgebildet hat. Und as ist nunmal das »Traummaß 90-60-90« und
nicht 140-120-140 oder sowas.
> der begriff »konservativ« ist hier deplaziert. unter aerzten gibt es
> viele konservativ eingestellte, die dennoch keine probleme haben, mit
> menschlichen koerpern umzugehen.
ästhetisch finden sie es dennoch nicht. Auch wenn sie einer
Wasserleiche den Magen öffnen können ohne sich zu erbrechen.
> und es gibt menschen, die einen horror davor haben. auch das ist zu
> respektieren.
Ja, die werden aber auch nicht gezwungen da rein zu gehen...
> es gibt viele verschiedene menschen. man sieht das bereits mit einem
> blick auf ihre buecherregale.
> nein. aesthetik kann man nicht sehen. du machst dir etwas vor.
Ästhetik kann man sehen.
Du weist was eine Bildersprache ist?
Das kann man ja bekanntlich auch nicht sehen....
> evolutionsmaessig sind die hominiden aas- und pflanzenfresser.
[...]
> sie sind extrem anpassungsfaehig.
> 99% ihrer anpassungsfaehigkeit verdanken sie ihren geistigen
> faehigkeiten,
[...]
> sie sind auch extrem kooperationsfaehig.
> (diese faehigkeiten unterliegen natuerlich einer individuellen
> streuung.)
genau diese »intelligenzgetsteuerte Kooperationsfähigkeit« führt aber
nunmal zu dieser Konditionierungsmöglichkeit durch eine Masse.
> nicht alle; nur ein maxwell-schwanz.
Der Maxwellschwanz entpspricht eher denen, die bedingt durch ihr
hohes Potential nicht so leicht manipulierbar sind.
Für Deutschland 1932/1933 hats jedenfalls gereicht.
Mach dich mal mit der Massenpsychologie vertraut.
Selbst ein entschiedener Kritiker kann durch die positiv eingestellte Masse ganz schnell konditioniert werden.
Sie muss nur eben einen Bifurkationspunkt erreichen, und schon reicht
auch ein einzelener kleiner Impuls, um einen völlig anderen Zustand
zu erreichen.
Die Anwendung der Maxwellverteilung hinkt hier übrigends ein wenig.
Ich würde da eher mal Feigenbaum mit seinen Gabeln bemühen.
Der Mensch als Masse ist zutiefst chaotisch organisiert, und aus
diesem Grund werden wir als Masse auch permanent auf eine Bifurkation
zugesteuert, damit der Steuermann die ihm genehme Position ansteuern
kann. So funktioniert Medienpolitik heutzutage. Sachliche, rationale
Argumente haben ihre Funktion bereits weitgehendst verloren.
(Rein theorethisch könnte ich deine Antworten hier schon hin und
wieder als symptomatisch dafür anführen...)
> evolution heisst veraenderung. zur veraenderung gehoeren kooperation
> und symbiosen. speziell bei den hominiden gehoert dazu auch die
> selbstkonditionierung: »du sollst nicht toeten«.
Diese Konditionierung hat noch nie für den Menschen gegolten.
Gerade in Zeiten in denen diese Gebote das Oberste Gesetz waren.
Krieg war bisher immer ein treuer Begleiter des Menschen, durch alle
Zeitalter hindurch.
> aber nur solange, bis die menschheit euch hinwegkonditioniert hat.
Gewalt und dertartiges ist für jeden Menschen eine Faszination.
Was meinst warum an Autobahnunfällen beide Seiten Staus bilden?
Auf der einen wegen des Unfalls, auf der anderen wegen der Gaffer.
Völlig unspektakulär, im Fernsehen sieht man mehr, aber die Menschen
Gaffen eben.
Das selbe passiert übrigends wenn jemand vom Hochhaus in eine
Fußgängerzone stürzt. Sieht eklig aus, aber die Menschen bleiben
ringsum stehen und bilden eine Traube. Und wenn erst ein par stehen,
dann stellen sich ganz schnell mehr dazu, bis eben eine kritische
Masse erreicht ist und die Attraktion wieder umschlägt.
> nein, es wird asymptotisch gegen null gehen.
> das ist ein ganz normaler evolutiver selektionsvorgang.
> (kannibalismus hat sich ja auch nicht durchsetzen koennen.)
Wird es nicht.
GW Bush ist auf dem besten Wege dich zu wiederlegen : ).
Mindestens 135 Menschen hat der Führer der einzigen Weltmacht schon
höchstpersönlich auf dem Gewissen, die hat er nämlich eigenhändig
ermorden lassen.
Die Geschichte der Menschen wird mit Kriegen und getöteten Menschen
geschrieben.
Eben mit Gewalt. Nimm dein Geschichtsbuch und schlag mal nach wann in
der Geschichte des Menschen eigentlich Frieden war.
Dass wir jetzt über 50 Jahre keinen Krieg in Europa hatten ist mehr
oder weniger ein Unikium in der Geschichte. Allerdings angesichts des
letzten heftigen Krieges auch kein Wunder.
Und Kannibalismus hat sich nie den Weg in die menschliche Evolution
gebahnt.
Der tritt nur als Notmaßnahme (Stalingrad, Schiffsbrüchige, etc.)und
eben als krankhafter Einzelfall auf.
> ich frage mich, ob ein mensch, der den verfall eines menschseins als
> aesthetisch empfinden kann, nicht selbst opfer eines
> zerfallsprozesses ist.
> jedenfalls ringt er mir kein aesthetisches empfinden ab.
Muss es auch nicht.
Und ich bin in der Tat »opfer eines Zerfallsprozesses«.
Ich lebe in vollem Bewustsein, dass ich in spätestens 60 bis 70
Jahren, wenn sich die medizinische Versorgung bessert möglicherweise
auch erst in 100 Jahren, wenn ich einen Unfall habe möglicherweise
schon in ein par Tagen, verrottenderweise Futter für die Würmer sein
werde und so eben Grundlage für ein neues Leben bilden werde.
Nebenbei habe ich mit keinem Wort gesagt, dass ich selbst das Leiden
anderer Menschen ästhetisch finde.
Es gibt aber Menschen, die das tun.
Ich sagte dir vorher schon: Versuch mal objektiv zu Denken, und bilde
erst dann dein Urteil.
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