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Höflich schrieb am 5.1. 2006 um 19:19:02 Uhr über

SoNichtMeinLieber

Ich will nun etwas aus der Zeit erzählen, in der ich noch Trainer des FC Backnang war.
Das Telefongespräch, nun, als es damals leutete, es war eine Art Hilferuf der Vereinsleitung. Sie brauchten einen, der sie wieder aus dem Keller holen würde, ohne Rücksicht auf Verluste einen Schleifer, kurz: einen wie mich, der ich im Laufe meiner Trainerkarriere schon die halbe Oberliga vorm Abstieg bewahrt hatte. »Lieber Höflich«, so fing es an, »wenn einer sogar sich selbst an den eigenen Haaren aus dem Morast ziehen kann, dann bist du das. Du mußt uns helfen. Der Sponsor macht uns unheimlichen Druck. Wenn wir diese Saison absteigen, dann können wir den Laden dicht machen. Wenn wir die Sponsorengelder nicht mehr kriegen, dann können wir nicht mal unsere Kreditzinsen decken...Du mußt uns helfen, sag nicht nein!«.
Ich überlegte damals gewiß länger als einen Augenblick. Eigentlich wollte ich mich aus dem Fußballgeschäft zurückziehen. Ich hatte doch zu diesem Zeitpunkt schon alles erreicht. Ich hatte Meppen überlebt, habe Fans geschlagen, Spielerfrauen geohrfeigt, war verantwortlich für unzählige Pokale, die nun in speckigen Vereinsheimen hinter Glas stehen. Was sollte ich noch tun. Genau: Backnang retten!. Ich sagte nur: »Kinder, auf mich könnt ihr euch verlassen.« »Morgen um 18 Uhr ist Training!«. Ich legte auf.
Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Backnang. Ich traf kurz vor sechs in der Sportgaststätte »Zum Eber« ein und bestellte mir ein Pils. Einige Spieler wurden auf mich aufmerksam. Die Kunde meiner Ankunft war schon zu ihnen gedrungen, und ich war ja auch bekannt wie ein bunter Hund. Sie kamen zu meinem Tisch und ehrten mich. Ich schüttelte ihnen die Hände und schickte sie schon mal in die Kabine zum Umziehen. Nachdem ich mein drittes Pils fertg hatte, legte ich meinen Mantel ab und ging nun in meinem goldenen Trainingsanzug aus der Gaststätte über die Aschebahn auf das Feld.
»Ich bin Höflich!«. »Ich werde euch retten! Danke, danke...«. Ich lief darauf zur steinernen Stehtribüne, erklomm die oberste der großen Granitstufen und hob an zu meiner kleinen Rede, die ich schon Tags zuvor vorbereitet hatte.

»LIEBE BACKNANGER! FREUNDE! MEINE KINDER! ICH BIN GEKOMMEN, UM EUCH DER GNADE DER RETTUNG TEILHAFTIG WERDEN ZU LASSEN! MEIN GLANZ WIRD ÜBER EUCH KOMMEN, SO WAHR ICH HÖFLICH BIN! JA! IHR HABT VON MIR GEHÖRT! MEINE METHODEN SIND HART! ABER WIR WERDEN SIEGEN! ALLZEIT! WIR WERDEN VERNICHTEN! JEDEN, DER SICH UNS IN DIE QUERE STELLT. HIER WERDEN EINIGE VERÄNDERUNGEN STATTFINDEN. IHR WERDET EUCH DARAN GEWÖHNEN MÜSSEN, DOCH ES WIRD EUCH ZUM EIGENEN VORTEIL GEREICHEN. ICH WILL, DASS IHR MIR VOR UND NACH DEM SPIEL EXOTISCHE SPEISEN UND SÜSSEN WEIN KREDENZT! ICH WILL EINEN PERSÖNLICHEN STAB AUS ZUVERLÄSSIGEN LEUTEN, DIE MICH UND MEINE AUFGABE SCHÜTZEN! ICH WILL EINEN DIENSTWAGEN. ICH WILL, DASS JEDER HIER IM VEREIN, HÖRT IHR MICH, JEDER, DASS JEDER EINEN DIENSTEID AUF MICH SCHWÖRT, VOM HAUSMEISTER BIS ZUM VORSITZENDEN! MIT MIR HÄLT DER KLASSENVERBLEIB EINZUG! ICH WILL, DASS IHR ZEIGT, DASS IHR DIES ZU SCHÄTZEN WISST

Ich hatte geendigt, und blickte nun in eine Runde, deren idiotisches Maulaffenfeilhalten mich aufs äußerste Reizte...
»WAS DENN
Der Vereinsvorsitzende kam von der Seite, er hatte auf den Tribünenstufen meine Rede gewiß andächtig verfolgt. Ich sah ihm ins Antlitz. Doch wie war mir, waren es Widerworte, die er nun hier zu äußern sich anschickte? Ich tat zwei gewaltige Schritte auf ihn zu, riss den rechten Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger nach oben und brüllte: »SONICHTMEINLIEBER !«.
Die Basis für eine prekäre Zusammenarbeit war damit gelegt.



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