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Zeitenbummler schrieb am 2.8. 2017 um 16:44:14 Uhr über

Von-Ewigkeit-zu-Ewigkeit

04 – Gladiatorenkampf

Mein Ausflug führte mich in das alte Rom. Ich tauchte niemals direkt in einer Stadt auf sondern außerhalb, wo niemand meine Ankunft wahrnimmt. Auf dem Weg nach Rom fangen mich zwei Häscher einer Gladiatorenschule ein. Regelmäßig benötigt man unerfahrene Männer, die die Gladiatoren leicht abschlachten können. Diese sollen sich dabei etwas erholen, ohne dass es den Zuschauern langweilig wird. Es geht also nicht darum, ob so ein Mann gegen einen routinierten Gladiator überlebt, sondern wie lange er die Tortur durchsteht. Häufige Opfer sind einsame Wanderer wie ich.

Ich werde also in die Gladiatorenschule geschleppt und kaum auf meinen Kampf vorbereitet. Natürlich hätte ich kurz entschlossen wieder verschwinden können. Ich lasse es aber darauf ankommen, weil ich mich in jede besuchte Zeit so gut wie möglich einfüge.

In derartig eindeutigen Paarungen müssen beide Kämpfer nackt gegeneinander antreten, um die sadistischen Lustgefühle des Pöbels anzuheizen. Schließlich wollen die Zuschauer das Blut auch sehen. Meine Aufgabe ist es also von einem Nachwuchs-Gladiator systematisch massakriert zu werden. Er trägt seine normalen Waffen, Schwert und Netz. Mir gesteht man lediglich einen kleinen Dolch zu, damit ich nicht mit völlig leeren Händen antrete.

Weil ich recht schnell bin, hätte ich mit einigem Training gegen den schwerfälligen Muskelberg sogar eine Chance. Weil mir das Training aber völlig fehlt, kann ich mich nur auf meinen besonderen Status als Zeitreisender verlassen. Ich kann z.B. kurzzeitig verschwinden und darauf an anderer Stelle wieder auftauchen. Damit muss man aber recht vorsichtig umgehen. Ein Mensch, der konzentriert auf ein Ereignis wartet, braucht ungefähr 0,2 Sekunden Reaktionszeit. Mit Überraschungseffekt sind es ungefähr 0,4 sec. Damit die Zuschauer meine Zeitmanipulationen nicht wahrnehmen, sollte ich mir nicht mehr als 0,3 sec dafür leisten.

Der Koloss stürmt mit vorgestrecktem Schwert auf mich zu, ich springe zur Seite und tauche kurz darauf hinter ihm wieder auf. Im spanischen Stierkampf wird der Nackenmuskel des Stiers durch kurze Stiche systematisch geschwächt, bevor sich der Matador an ihn heran traut. Ähnlich geht es meinem Stier. Das erste Blut rinnt über seinen Rücken und es bereitet ihm etwas Mühe, mit erhobenem Kopf weiter zu Kämpfen. Der Muskelberg wirbelt herum, um mir sein Schwert in die Brust zu rammen. Derweil erhält er von hinten einen Stich in seinen rechten Schultermuskel. Sein Schwert sinkt herab, aber mit antrainierter Disziplin hebt er es wieder. In blinder Wut versucht er, mich mit dem Netz einzufangen, das natürlich ins Leere gleitet. Dafür hält er sich kurz seinen getroffenen Oberarmmuskel. Obwohl ich ihn nicht schwer verletzt habe, ist er doch deutlich geschwächt. Jetzt möge er sich selbst eine Weile verausgaben. Jeder seiner Angriffe kostet ihn viel Kraft, und der leichte, aber ständige Blutverlust tut das seine.

Die Handlungen meines Gegners werden immer unkonzentrierter. Der Pöbel brüllt und feuert jetzt mich an. Er kann es gar nicht erwarten, dass der Muskel-Koloss in die Knie geht. Noch aber habe ich keine reelle Chance gegen ihn. Selbst mit halber Kraft ist er mir noch deutlich überlegen.

Um ihn in die Knie zu zwingen, muss ich seine Beine schwächen. Die Sehnen der Kniekehlen von hinten zu durchtrennen, würde das Ende seiner Laufbahn bedeuten. Das wäre zu brutal. Ich sollte mich also auf die Muskeln beschränken. Dafür wiederum ist mein Dolch zu kurz. Der nächste Stich gilt deshalb erneut seinem Schwert-Arm. Im gleichen Moment entreiße ich ihm das Schwert, hole seitlich aus und lasse es in seinen rechten Oberschenkelmuskel krachen. Während er taumelt, muss auch sein linkes Bein daran glauben. Das Volk grölt, endlich hat es, wonach es verlangt.

Ein Schlag mit dem Schwert in einen Muskel verursacht keinen unheilbaren Schaden. Aber mein Gegenüber wälzt sich kampfunfähig vor mir im Sand. Ich werfe alle Waffen so weit weg, dass sie außer Reichweite sind. Jetzt werde ich das letzte Mal Hand anlegen. Kurz darauf liegt er mit gespreizten Beinen vor mir auf dem Rücken, und ich habe ihn an den Eiern. Immer, wenn ich zudrücke, brüllt der Stier wie ein Stier. Das gefällt besonders den Damen im Publikum. Plötzlich brüllt auch eine ganze Reihe der Zuschauer, weil ihre Partnerinnen sie ebenfalls gut im Griff haben.

Was soll ein Gladiator in seiner Situation machen? Ohne weiteres Blutvergießen zwinge ich ihn zur Aufgabe. Er hat sich maximal unbeliebt gemacht, lässt sich aber wieder zusammen flicken. Ich dagegen bin der Held des Tages. Natürlich will das Volk mehr von mir sehen. Tief in meinem Innern reizt es mich, an meiner Karriere als Gladiator zu basteln.

Ich erledige einen professionellen Gladiator nach dem anderen. Jedes Mal tobt der Pöbel vor Begeisterung. Aber dem Betreiber der Gladiatorenschule wird der Spaß zu teuer. Für jeden Gladiator, der gesund gepflegt wird, muss er einen neuen her fördern. Ich feilsche mit dem Betreiber um einen Haufen Geld, für den Fall, dass ich mich aus dem Staub mache. Es wäre zu auffällig, wenn ich von heute auf morgen kommentarlos verschwinde. Ganz diskret trete ich darauf die Heimreise mit einem Beutel voller Goldstücke an.



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