Veranstaltung von Internet-Demonstrationen" dar. Gleich am Anfang begrüßt
einen die Aufforderung »Retten Sie das Herz des WWW!« Woran krankt das
WWW?
ALVAR: Vorneweg muss ich sagen, daß sich zu diesem Thema allgemein
gleich mehrere Bücher schreiben ließen; ja die Thematik ist so umfangreich,
daß ich behaupten möchte: Niemand hat sie in ihrer Gesamtheit erfasst. Ich
natürlich auch nicht. ;-)
Daher ist das Größte Problem am Internet, nicht nur am WWW:
1. Unkenntnis
2. Unkenntnis
3. Unkenntnis
Das Netz hat sich 30 Jahre lang nahezu unbemerkt von der Außenwelt
entwickelt. Leider scheinen die meisten der ins Internet quellenden Konzerne,
Regierungen, Juristen und letztendlich Designer diese Entwicklung nicht
verstanden zu haben. Die einen sehen das Netz als reinen Verkaufsprospekt,
der von vorne bis hinten durchgeblättert werden soll (aber bitte nicht bei der
Konkurrenz). Die zweiten geraten in Panik, weil auf irgend einer Webpage
steht, wie man eine Bombe baut und wollen daher alles zensieren. Die dritten
würden am liebsten Links auf fremde Daten verbieten. Und die vierten
verpacken all das in Unmengen von unhandlichen und unübersichtlichen
Animationen.
All das läuft der Natur des Netzes und seiner Kultur zuwider. Die Daten wollen
weiterverwertbar sein, verknüpft sein, frei fließen. Wer möglichst viele
Schnittstellen öffnet, tut dies zum Wohle aller. Das Wunschdenken der
Medienkonzerne dagegen zielt auf ein »klinisch reines Internet« (mehr zum
Thema Datenschutz, privater/öffentlicher Raum und nochmals
privater/öffentlicher Raum).
AOL/Time Warner oder Bertelsmann wünschen sich das Internet im
Wesentlichen als Distributionskanal für ihre Inhalte und da passt es ihnen gar
nicht in den Kram, wenn es hier Schmuddelecken (wie überall auf der Welt)
gibt (siehe auch in Telepolis: „Die große Filteroffensive"). Geplante
Filtersysteme, die vordergründig für den „Jugendschutz" gedacht sind, erweisen
sich bei genauer Betrachtung als Werkzeug zum Einschränken der
Meinungsfreiheit und ermöglichen eine fundamentale Änderung der
Netzarchitektur. So könnten auch Regierungen mit relativ geringer eigener
Anstrengung die bereits geschaffenen Strukturen für eigene
Zensurbestrebungen nutzen, das Ergebnis aber als „Freiwillige" Kontrolle der
Industrie darstellen, wie es bereits in Australien geschieht.
Oft muß man sich auch fragen, ob die Konzerne nicht schon Zensur ausüben
(siehe auch Telepolis: „Internet-Zensur durch Medienkonglomerate?"). Der
Musikindustrie passen Dienste wie Napster nicht ins Geschäftsmodell,
Informationen darüber sollen möglichst unterdrückt werden und so wurden
Betreiber privater Homepages, die auf Napster verwiesen haben, unter
Androhung einer Klage genötigt, den Verweis zu entfernen.
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