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Es war nicht der Klassenlehrer, Herr Seinsdorfer, sondern Herr Hochleitner, dem ich am Elternsprechtag zugeführt wurde. Ersterer war an dem Tag verhindert, nun weiß ich nicht, war der Hochleitner das Sprachrohr sozusagen von Seinsdorfer, oder war es dessen eigene Beurteilung von Adrian, meinem Donnerstagsbuben? Denn letzterer, der Deutschlehrer, war mir positiv aufgefallen früher schon, indem er originelle Aufsatzthemen zu erfinden imstande ist.
„Hat er all diese Worte und Wendungen von Ihnen, Xaver? Das Wort ‚fatal‘ etwa oder ‚es ist mir einleuchtend‘ ?“ So Hochleitner. Indem diesem ganz offenbar Sprache ein besonderes Anliegen ist, ist es ihm auch bedeutend, ob ein Kind seine Mutter „Mutti“ nennt oder „Mama“ oder geradeswegs „Mutter“ oder, was er ganz ablehnt, „Mom“ und dazu den Vater „Dad“ oder „Daddy“. Übrigens, die Eltern beim Vornamen zu rufen, das hat er früher ebenfalls abgelehnt, inzwischen aber stimmt er dem voll und ganz zu. Und, um auf meinen Buben zurückzukommen, der sagt von mir ja auch „der Xaver“ und nicht „mein Vater“.
Nun war ich von dem, was Hochleitner zu berichten hatte, so bewegt, dass es mir gar nicht in den Sinn kam, zu gestehen, dass ich ja gar nicht der Vater bin, und als er sich mit einem „servus, Herr Wasserbauer“ verabschiedete - sollte ich da noch offenbaren, dass mein Name Innsbruckner ist, nicht Wasserbauer?
Wie verwandelt sei der Adrian seit Beginn des Jahres, hörte ich, begabt zwar war er schon immer, faul aber auch und bockig oft, nun sei er aber geradezu ein Muster an Friedfertigkeit, und übersprudelnd oft von guter Laune, die sogar ganz verbiesterte Kameraden anstecken kann. Das habe er, Hochleitner, selbst beobachtet zum wiederholten Mal. Da müsse sich Entscheidendes geändert haben in seinem Umfeld, auch sei am Elternsprechtag ja weder Vater noch Mutter jemals erschienen zuvor.
Aufs äußerste bewegt bin ich hinterher gleich zum Sacher, wo ich ja sonst nie hingehe, um mich zu sammeln und mir ein paar Notizen zu machen, wie es meine Art ist, indem mir all dies als zu viel des Guten, Wahren und Schönen erschien. Ja ich habe ganz darauf vergessen, zu bestellen, und als dann serviert wurde, war ich ganz überrascht, dass ich ja wohl doch bestellt haben musste bereits, und zwar einen Guglhupf, was ich noch nie bestellt habe, im ganzen Leben noch nicht, soweit es mir erinnerlich ist.
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