„Dein Lippenstift ist verwischt… du hast ihn gekauft und ich habe es gesehen… zu viel Rot auf deinen Lippen… und du hast gesagt: »Mach mich nicht an«… aber du warst durchschaut… Augen sagen mehr als Worte… du brauchst mich doch, hmmmh?… alle wissen, dass wir zusammen sind ab heute… jetzt hör ich sie!… Sie kommen!… Sie kommen dich zu holen.. Sie werden dich nicht finden… Niemand wird dich finden!… Du bist bei mir!“
Jeanny ist eine mehrteilige Liederserie des österreichischen Sängers Falco, die einen der größten Skandale in der Geschichte der deutschsprachigen Popmusik auslöste. Bisher sind fünf Teile in der Öffentlichkeit aufgetaucht.
Der Text ist vieldeutig und kann daher auf mehrere Arten interpretiert werden. Er besteht aus zwei deutschsprachigen Strophen, wobei der Refrain auf Englisch gesungen ist. Allerdings gibt es auch eine Version, die ausschließlich auf Englisch gesungen ist. Diese wurde im deutschsprachigen Raum erstmals auf der Kompilation Greatest Hits II veröffentlicht.
Bei der Veröffentlichung von Jeanny als Single kamen Vorwürfe auf, der Titel verharmlose oder verherrliche eine Vergewaltigung, obwohl im Text nicht ausdrücklich von Gewalt die Rede ist. Allerdings wird stark die Sichtweise gezeigt, die ein Vergewaltiger gegenüber seinem Opfer haben könnte. Die Weise, in der der Text vorgetragen wird, lässt auch den Schluss zu, dass es sich um einen Stalker handelt, der sein Opfer der verschmähten Liebe wegen entführt und sie in seinem Wahn umbringt.
Der Teil Newsflash des Liedes, gesprochen von dem damals sehr populären Tagesschau-Nachrichtensprecher Wilhelm Wieben, berichtet von einem „dramatischen Anstieg der Zahl der vermissten Personen“ und „einem weiteren tragischen Fall“ eines seit 14 Tagen verschwundenen 19-jährigen Mädchens, bei der die Polizei die Möglichkeit eines Verbrechens nicht ausschließen könne.
Der Text erweckt somit den Eindruck, an die Serienmorde von Jack Unterweger angelehnt zu sein. Außerdem wurde Falco vorgeworfen, mit dem Lied die Forderungen auf Freilassung des Mörders zu verstärken. Zur damaligen Zeit saß Unterweger seit 1974 wegen Mordes an einer 18-jährigen Deutschen in lebenslanger Haft. Allein das Alter, welches im Text von Jeanny erwähnt wird, ließ auf diese Anspielung schließen.
Der dazugehörige Video-Clip verstärkt den Eindruck, beim Sänger handle es sich um einen psychotischen Mörder; Falco wird am Ende in Zwangsjacke innerhalb einer Gummizelle gezeigt, wo er von einer jungen Frau, dargestellt von der damals 15-jährigen Theresa Guggenberger[2], geneckt wird. Obwohl keinerlei Verfremdungseffekte benutzt werden, kann der Eindruck entstehen, bei dem Mädchen handle es sich um die Halluzinationen des geisteskranken Mörders - der Blick eines Wärters in die Zelle zeigt Falco allein. Das Video spielt zudem auf den Filmklassiker M, der 1931 veröffentlicht wurde, an, in dem ein Serienkindermörder von einem blinden Ballonverkäufer identifiziert und mit einem „M“ aus Kreide auf dem Mantelrücken markiert wird. Falco trägt ein aufgemaltes „F“ auf dem Rücken, und auch ein blinder Ballonverkäufer ist zu sehen. Zu den Videolocations gehören zum Beispiel die bekannte und denkmalgeschützte ovale Opernpassage aus den 1950er-Jahren in Wien und ein Teil des Wiener Kanalsystems, bekannt aus dem Film Der dritte Mann. Dieser Teil befindet sich heute im Bereich Karlsplatz/Esperantopark. Des Weiteren finden sich Anspielungen auf die Filme American Graffiti und Psycho.
Verschiedene Fraueninitiativen riefen zum Boykott des Liedes auf. Der Norddeutsche Rundfunk, der Sender Freies Berlin sowie der Bayerische Rundfunk schlossen sich „aus ethischen Gründen“ dem Boykott an und spielten das Lied nicht mehr, andere Sender sendeten das Lied nur noch in Hitparaden. Auch von DDR-Rundfunksendern wurde Jeanny nicht mehr gesendet und ebenso der Einsatz des Liedes in Diskotheken untersagt.
Die deutsche Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften lehnte am 17. April 1986 einen Antrag ab, das Lied als „jugendgefährdend“ zu indizieren.
ZDF-Nachrichtensprecher Dieter Kronzucker zeigte sich empört und äußerte dies auch im heute-journal. Daraufhin schlossen sich weitere Radiostationen dem Boykott an. In Hessen wurde der Song mit einem Warnkommentar gespielt. Bei Formel Eins wurde er allerdings, solange er auf Platz eins der Charts war, jede Woche zumindest ausschnittsweise gezeigt. Thomas Gottschalk nannte Falco in einem Zeitungskommentar ein „Wiener Würstchen“, das „Schwachsinn“ produziere: „Falcos Fieselton und die Latrinenansichten des Videos sind einfach zuviel verlangt.“[11] Falco selbst sagte dazu in der Sendung Heute Abend mit Joachim Fuchsberger: „Ich kann doch einem ehemaligen Lehrer nicht übelnehmen, wenn er ein Wiener Würstchen nicht von einer Bockwurst unterscheiden kann.“
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