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Camargue-Pferd
Das Camargue-Pferd lebt im Rhônedelta im Süden Frankreichs, einem rauhen Land, das im Sommer glühend heiß ist, während
der Boden in den anderen Jahreszeiten immer mit kaltem Salzwasser bedeckt ist. Der Mistral, der rasende, salzige Wind, läßt
die spärlich wachsenden Sträucher, die harten Riedgräser, Schilf und Salzpflanzen, die den Pferden als Nahrung dienen,
verkümmern. Die Menschen, die hier leben, sind stolz auf ihr ödes Sumpfland und nennen es "das erhabenste Land, das der
Mensch erobert hat». Die Pferde dieses Landes werden schon seit eh und je schwärmerisch «Pferde des Meeres" genannt.
Neben den wilden, schwarzen Kampfstieren, sind die Camargue-Pferde das Sinnbild der Camargue.
Das Camargue-Pferd ist eine alte Rase und hat sehr wahrscheinlich schon in prähistorischer zeit inder Camargue gelebt.
Dennoch läßt sich wie bei den meisten anderen älteren Rassen nichts Genaues über die ursprüngliche Herkunft sagen. In der
Tat ähnelt es stark den Pferden auf den Höhlenmalereien in Lascaux und Niausx, die auf etwa 15000 vor Christus datiert
werden. Was die Proportionen angeht, so ähnelt es auch dem sogenannten Solutré-Pferd, einem prähistorische Pferd, dessen
Überreste im 19. Jahrhundert in Solutré gefunden wurden und auf 50000 Jahre geschätzt werden.
In vorchristlicher Zeit nahmen die Ostgoten und Wandalen auf asiatischen oder mongolischen Pferden bei ihren Invasionen
diesen Weg nach Europa. Später, im 7. und 8. Jahrhundert, gab es einen starken Einfluß des Berbers, der durch die maurischen
Eroberer von der iberischen Halbinsel eingeführt wurde. diese Verbindung läßt sich auch an Sattelzeug und allgemeinen
Pferdekenntnissen der Guardians, der französischen Cowboys, erkennen. Seither hat die isolierte Lage der Camargue
garantiert, daß die Pferdeherden, die »manades«, von äußeren Einflüssen verschont blieben.
Zur Ausrüstung der Guardians bei der Arbeit mit den Rindern gehören ein Seil und ein Dreizack. Das Seil, ein Lasso aus
Pferdehaar von 11m Länge, wird in den Korrals vom Boden aus eingesetzt, während der Dreizack für ungeregelte oder
aggressive Stiere da ist oder um die Kälber zum Brennen umzuwerfen.
Wahrscheinlich aufgrund der großen Unabhängigkeit der Guardians wurde die RAsse erst 1968 offiziell registriert, als ein
Zuchtverband gegründet wurde und jährliche Hengstbesichtigungen unter der Ägide des Staatsgestüts von Nimes organisiert
wurden.
Heute sind große Gebiete von der Camargue trockengelegt und dienen als landwirtschaftliche Anbauflächen für Reis und
Weintrauben. Die Arbeit mit den Rindern oder während der traditionellen Volksfeste die Stiere durch die Dorfstraßen zu
treiben, das ist immer noch Aufgabe der Camargue-Pferde. Ein riesiges Gebiet der Camargue- die 6880ha große Lagune Etang
des Vacarés - ist heute ein Naturschutzgebiet. Der Tourismus zeigt neue Wege zur Nutzung der Camargue, und es gibt nichts
Besseres, als die natur vom Pferderücken aus zu betrachten.
Der Anblick einer Herde weißer Pferde, die durch spritzendes Wasser galoppiert, hat sicherlich etwas romantisches an sich. die
Pferde sind jedoch eigentlich eher unattraktiv. Der Kopf ist oft grob und schwer, der Hals ist kurz, und die Schultern sind meist
steil. Der Gesamteindruck ist der eines »primitiven« Pferdes mit leichter Prägung durch den nordafrikanischen Berber.
Diese Schwächen werden wettgemacht durch Rumpftiefe und einen guten Rücken. Die Kruppe ist abgeschlagen, aber trotzdem
kurz und stark. Die Gliedmaßen sind im allgemeinen gut geformt, und obwohl die Hufe breit sind (wegen des sumpfigen
Bodens), sind sie so hart und gesund, daß die Pferde so gut wie nie beschlagen werden. Es sind unglaublich harte Pferde mit
großer Ausdauer und sehr genügsam. Sie brauchen, oder besser gesagt, sie bekommen nicht mehr Futter als das, was sie im
Schilf finden.
Das Camargue-Pferd mißt gewöhnlich um 1,42m, kann aber auch kleiner sein. Es ist spätreif und erst zwischen fünf und sieben
Jahren ausgewachsen. Bekannt für seine Langlebigkeit erreicht es oft ein Alter von mehr als 25 Jahren. Die weiße Fellfarbe ist
wahrscheinlich sein größtes Plus. Seine Gänge sind charakteristisch. Der Schritt ist lang mit hoher Aktion und besonders aktiv.
Der Trab jedoch ist so kurz und abgehakt, daß es kaum in dieser Gangart geritten wird. Kanter und Galopp sind wiederum
außergewöhnlich frei. Agil, trittsicher und äußerst mutig arbeitet das Camargue-Pferd mit den Stieren, so instinktiv wie ein
Schäferhund eine Schafherde kontrolliert.
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