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doG(sicherheitskopie) schrieb am 16.4. 2002 um 09:15:14 Uhr über

textmaschine

doG(sicherheitskopie) schrieb am 16.4. 2002 um 09:08:09 Uhr über
glasperlenspiel
Lullus,Katalog

Aus der Entfernung von sieben Jahrhunderten ber das Konzept der lullischen
Ars zu schreiben, heiát mehr als nur die Wrdigung eines nahezu vergessenen
Philosophen zu betreiben: Die Ars generalis ultima ist als letzte und
h”chste Kunst zum Begreifen der Offenbarungswahrheit ein Instrument, das
ber die Fachkreise mittelalterlicher Theologen hinweg kaum noch den
Experten der Logiktheorie bekannt sein drfte. Wenn heute im Bereich der
Computerwissenschaften die M„chtigkeit der knstlichen Intelligenz
diskutiert wird, ist der Stammvater aller logischen Expertensysteme l„ngst
im Dunkel des Mittelalters versunken. Dabei hat die Revolution des formali sierten Denkens mit seiner Ars begonnen: Auf dem H”hepunkt der scholast ischen Diskussion um die Theorien des Aristoteles, welche in der arabischen
Vermittlung ber den mediterranen Raum das gesamte Europa zu erfassen began nen, im Zuge dieser so schnellen wie heftigen Aneignung des groáen Logikers
also beginnt Raymundus Lullus sein Werk einer v”llig neuartigen Organisation
logischen Denkens: Er entwickelt die erste abendl„ndische Textmaschine zur
Produktion wahrheitsf„higer Aussagen! Máig darber zu spekulieren, ob seine
Ars in allen Teilen origin„r genannt werden darf, einzelne Kombinations figuren mgen in arabischen Ans„tzen zur Naturwissenschaft oder gar im
Umkreis alchimistischen Denkens entwickelt worden sein. V”llig neuartig aber
ist die Zusammensetzung und Wirkungsweise seiner Kombinationskunst: Mit der
Hilfe von verknpften geometrischen Figuren, die in einem pr„zise definier ten Regelwerk miteinander kommunizieren, sollen alle nur m”glichen gltigen
Aussagen erzeugt und in Zeichenketten repr„sentiert werden. Das Groáe an der
lullischen Logik ist dieser Kern seines Ansatzes, wenn sich die Gesamtheit
darstellbaren Wissens durch eine endliche Menge von Kombinationen weniger
Zeichen produzieren l„át, dann muá es damit gelingen, auch die uns faábare
Offenbarungswahrheit der christlichen Lehre in jeder geforderten Transparenz
zu demonstrieren. Fr die Missionierung aller Andersgl„ubigen wrde diese
logische Kombinatorik Beweise liefern, welche nicht l„nger an den Gltig keitsbereich der natrlichen Sprache des Argumentierenden gebunden wren.
Und somit k”nnte ein gewaltiges Hindernis auf dem Wege der Christianisierung
der Welt zur Seite ger„umt werden. Aus dieser Einsicht zieht Lullus als
erster Denker radikale Konsequenzen und wenn wir nun einen Blick auf den
Bauplan und die Struktur seiner Ars Generalis Ultima werfen, wollen wir
diesen tragenden Gedanken als Leitmotiv verfolgen: Wie aus den beigefgten
Abbildungen ersichtlich ist, bildet eine dreifach gegliederte Kreisfigur das
zentrale Stck seiner Logik. Auf ihren ineinander geschachtelten drehbaren
Kreisen n„mlich sind alle zur Verfgung stehenden Zeichen einzeln in Kammern
angeordnet, so daá ein Drehen der Kreise gegeneinander in beliebiger Lese richtung auf den Mittelpunkt immer neue Zeichenfolgen generiert. Was der gestalt in Kombinationen auftauchen kann, ist der gesamte Zeichenvorrat des
von Lullus auf neun Buchstaben reduzierten lateinischen Alphabets.
Die Reduktion aber bringt keine Verluste an logischen Aussagem”glichkeiten,
denn jeder der neun Buchstaben repr„sentiert auf je verschiedenen Bedeu tungsebenen einen fest umrissenen Bedeutungsgehalt. In diesem fundamentalen
Alphabet verbirgt sich also eine tabellarische Klassifikation der Totalit„t
unseres Wissens, wenn das lullische Tableau der Bedeutungsebenen seinen
Anspruch auf Vollkommenheit zu Recht erheben kann.Will sagen, mit der Voll z„hligkeit der gesetzten Bedeutungsebenen steht und f„llt letztlich der
Wahrheitsanspruch dieses logischen Systems! Denn kombiniert werden k”nnen
evidenterweise nur Bedeutungsgehalte, die vorher als Material bestimmt und
ausgewiesen wurden. Lullus findet fr dieses Kardinalproblem seiner Ars von
Anfang an eine berzeugende, weil einfach geniale L”sung: Er entwirft eine
logische Grammatik, welche durch ihre Funktion allein die Totalit„t der
Kombination zu garantieren vermag. Gleich welche Datentabellen mittels der
Kreisfiguren auch verknpft werden, die generierten Zeichenketten bilden
immer wahrheitsf„hige Aussagen, solange Atome menschlichen Wissens in
Relation gesetzt werden. Allein, nicht jede erzeugte Zeichenkette markiert
eine wahre Aussage, gerade weil beliebige Bedeutungstabellen verkoppelt
werden k”nnen und die regelgerechte Kombinatorik gegen die Vielfalt ihres
Materials gleichgltig sein muá, um alles generieren zu k”nnen, gerade des halb fordert diese produktive Logik eine Instanz zur Wahrheitsprfung, wie
sie m„chtiger kaum gedacht werden kann! Doch die damit geforderte mensch liche Vernunft hat nun einen ungeheuren Vorteil erhalten die n”tige
Entscheidung ber den Wahrheitsgehalt der generierten Aussage ist immer
schon ein kommunikativer Akt sui generis. Denn wir erinnern uns, diese von
Lullus strategisch entwickelte logische Maschine soll Wahrheit im Vollzug
demonstrieren, soll Ungl„ubige berzeugen, Miátrauen durch Transparenz
besiegen...
In dem Maáe also, wie es dem Entwickler der Ars gelingt, alle ihre
Bausteine in transparenter Funktionsweise zu verbinden, genau in dem Maáe
darf er damit rechnen, ein konkurrierendes Subjekt fr die vorurteilsfreie
Arbeit mit der Maschine zu gewinnen. Die rckhaltlos intendierte Kommunika tion im erkenntnistheoretischen Gegeneinander soll durch ein radikales
Offenlegen aller Vorgaben in ein vertrauenstiftendes Miteinander bergehen.
Und Lullus nimmt diese implizierte Forderung seines Ansatzes ernst: Jeder
einzelne Baustein seiner logischen Apparatur erf„hrt eine detaillierte
Thematisierung, die Vollst„ndigkeit systematischer Reflexion auf Struktur
und Wirkungsweise der Ars korreliert ihrem Anspruch auf letzte und h”chste
Vollendung des Gehaltes. So definiert Lullus am Anfang der Ars das logische
Fundament mit der Explikation seines Alphabets: er entfaltet jede Bedeu tungstabelle anhand der neun verbliebenen Buchstaben. Die erste Tabelle
listet alle g”ttlichen Attribute auf, Pr„dikate und Subjekte umfassender
Beschreibung des christlichen Gottes, wenn wir Lullus folgen wollen. Mittels
der n„chsten Bedeutungstabelle versucht Lullus nun die kategorische Verfaát heit des Seins im Allgemeinen und im Besonderen abzubilden: Er versteht die
unter dem Titel der Relationen angefhrten kategorialen Bestimmungen als die
eigentlichen Binder des logischen Gefges seine Logik ist in der Gestalt
einer Ars Combinatoria grunds„tzlich eine Relationenlogik. Es geht ihm darin
immer um die systematische Reflexion aller Beziehungen zwischen den Polen
erkenntnisbildender Prozesse: das erkenntniskritische Subjekt hat demnach
die Aufgabe, diese Beziehungen auf ihre konstitutive Leistung im Akt der
logischen Bestimmungen eines Gegenstandsbereiches zu prfen. Sind diese
neun Relationen vollst„ndig und Lullus wird nicht mde, darauf zu
insistieren, dann ist mit ihnen das Kernstck der klassischen Logiktheorie
aristotelischer Pr„gung eingeholt. Weil sich jede Relation noch in drei
Untertitel auff„chern l„át, ergibt sich fr die Auslegung eines gew„hlten
Subjektes ein entsprechend feines Aussagengewebe. Diese stufenweise
voranschreitende Differenzierung im Erkenntnisvolluzg erweitert Lullus in
der neuen Tabelle aller Frageformen; sie k”nnen dazu dienen, den Prozeá der
Aussagenbildung von verschiedenen Positionen aus zu starten. Das g”ttliche
Attribut der Gte z.B. lieáe sich mit dem bisher dargestellten Teil der
logischen Apparatur unter zahlreichen Gesichtspunkten er”rtern, bercksich tigt man alle Relationen mit ihren dreifach unterteilten Formen und s„mt liche Fragen. Neben den g”ttlichen Attributen setzt Lullus eine Tabelle
von Subjekten an, deren Geltungsbereich alle Bezirke klassischer Theologie
und Metaphysik abzudecken hat: Von Gott als dem ausgezeichneten obersten
Subjekt ber den Menschen bis zur anorganischen Materie sind die Begriffe
gespannt. Die Leiter der Erkenntnis reicht vom Himmel bis zur Erde, weil
das h”chste und das erkl„rte niedrigste Subjekt, Gott und die Materie
gleichberechtigt beschreibbar sein mssen nach denselben kombinatorischen
Regeln. In einer stetig wachsenden Erkenntnis durch Produktion und Prfung
neuer Kombinationen sorgt Lullus selbst fr deren Konsistenz und Transpa renz: Er gibt den g”ttlichen Attributen, den kategorialen Bestimmungen und
den Subjektbegriffen jeweils pr„zise formulierte Definitionen, welche ihre
Anwendung als Prinzip reflektierender Vermittlung im Vorgang der prozessu alen Erkenntnisbildung sichern hilft. Derart sucht Lullus das wissenschaft liche Denken zu zwingen, immer mit den selben Bausteinen in konsequenter
Verknpfung zu arbeiten und dabei auf die Identit„t ihrer Inhalte zu achten,
um die Stringenz des Erkenntniszuwachses im urteilenden Schluámechanismus
des Denkens selbst zu garantieren. Gleichwohl darf das best„ndige Wieder holen von nuancierten Kombinationen kein regelloses Erzeugen von Aussagen
sein, diese Ars ist entschieden kein Werkzeug blinder Zuf„lle, in allen
Formen einer mechanisch facettierten Kombinatorik muá eine spezifische
Ordnung der Produktion gew„hrleistet bleiben! Ein Maximum an Subtilit„t und
Differenzierung fordert die vollkommene Selbstdisziplin des kombinierenden
Denkens, soll es gelingen, die sichere Erkenntnis der Totalit„t im mensch lichen Wissen zu erlangen, eine zweite Schpfung der Welt aus dem Denken
allein zu begrnden und in der offenen Kommunikation zu behaupten. Offenbar
fungiert die Ars also keineswegs als Instrument zur mechanischen Beant wortung aller nur denkbaren Fragen, wie viele Gegner des lullischen Systems
polemisiert haben, um den gewaltigen Anspruch dieser innovativen Logik dann
leichter dementieren zu k”nnen. Diese logische Maschine ist vielmehr ein
Werkzeug zur Produktion von interpretationsbedrftigen Aussagen, ein Instru ment zur Entfaltung komplizierter Fragestellungen, zum kritischen Prfen und
Bestimmen m”glicher Wahrheitsgehalte durch kommunikative Entscheidung allein.
Im Entwerfen und Erobern neuer Rume fr das christlich orientierte Denken,
liegt das erkl„rte und ersehnte Ziel der Ars: eine scharfe Waffe des
erkennden und um Erkenntnis streitenden Verstandes, wie sich jede genuin
scholastisch angelegte Philosophie verstanden hat.


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