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Message im Werbeblock
Peter Nowak 24.05.2003
Mit eigenwilligen Kurzfilmen soll das Kinopublikum verwirrt werden
Jeder Kinobesucher kennt das Prozedere zu Genüge. Man wartet auf den Beginn
des Films und dabei will der Werbeblock einfach kein Ende nehmen. Jetzt wollen
noch die Berliner Verkehrsbetriebe mit einem Filmspot die
Vorzüge ihres Unternehmens hervorheben. Gähnend will man sich schon abwenden,
dann bleibt das Auge aber doch an der Leinwand kleben. Denn dort demonstrieren
verschiedene BVG-Nutzer, wie sich die zwei Stunden gültige Zeitkarte
kostensparend und kundenfreundlich mehrfach verwenden lässt. Man drückt sie
einfach dem nächsten Fahrgast in die Hand oder deponiert sie gut sichtbar beim
Fahrkartenautomaten.
Bevor sich der Zuschauer so richtig fragen kann, ob die BVG jetzt die soziale Ader
entdeckt hat, ist der Spot schon vorbei. Nicht allen wird das kleine Logo mit dem Kürzel
A-Clip gleich aufgefallen sein. Dabei handelt es sich um ein Projekt
von Filmemachern und Videokünstlern aus verschiedenen Ländern, die im abgedunkelten
Kinosaal zur Zuschauerirritation beitragen wollen.
"Zwischen Produkt- und Lifestylewerbung trifft der Zuschauer auf einen Film, der je nach
Intention des Produzenten eine kritische politische Botschaft oder eine subjektive
künstlerische Aussage platziert", erklärt Ariane Müller vom A-Clip-Team. Dabei
orientieren sich die Künstler an der Ästhetik von Werbefilmen, die sie teilweise
aufgreifen, persiflieren und brechen. Keiner der Kurzfilme ist länger als eine Minute. Der
Zuschauer soll zunächst der festen Überzeugung sein, ein Werbespot auf der Leinwand zu
sehen. Nur so kann die gewünschte Zuschauerverwirrung erreicht werden.
Deshalb besteht das Zielpublikum der A-Clip-Produzenten auch nicht vorrangig bei dem
intellektuellen Besucher der Programmkinos, sondern in den Besuchern der Großkinos.
"Sie werden dadurch zumindest für eine Minute mit Aussagen konfrontiert, die sie
normalerweise gar nicht an sich ranlassen würden", meinte eine Künstlerin. Lautstarke
Proteste löste die Vorführung der kritischen Clips zwar nicht aus. Aber in Berlin fühlte
sich ein Zuschauer von der politischen Message eines Spots derart provoziert, dass das
Bundeskriminalamt anrief, erzählt die Filmerin lachend. Das erklärte sich allerdings
schnell für unzuständig, nachdem es den inkriminierten Film in Augenschein genommen
hatte.
Das Projekt ist mittlerweile in seine Globalisierungsphase eingetreten. 1997 wurde die
erste A-Clip-Ausgabe in Berlin produziert. Die dritte aus 53 Kurzfilmen bestehende
Folge, die ab 25.Mai in den Kinos zu sehen sein wird, wurde in Berlin, London und Los
Angeles produziert.
Ein vielleicht von den Künstlern gar nicht unbedingt gewollter Nebeneffekt könnte
allerdings darin bestehen, dass die Kinowerbung wieder auf mehr Interesse stößt. Denn
sonst könnte man ja den A-Clip verpassen. Deshalb dürfte die Werbeindustrie ihren
künstlerischen Konkurrenten nicht wirklich gram sein. Die aber müssen aufpassen, dass
sie nicht unversehens neue Auftraggeber bekommen. Denn spätestens seit dem Skandal um
die Benetton-Werbung dürfte bekannt sein, dass Witz, Kritik und eine Prise Provokation in
der Werbebranche heute durchaus gefragt sind.
Kommentare:
»besteht das Zielpublikum der A-Clip-Produzenten...« (digitaluhr, 24.5.2003 14:56)
Öffis kostenlos nutzen? Find ich gut! (Holger Voss, 24.5.2003 11:57)
Hatte jahrelang gemacht als ich noch in Berlin lebte. (Guido Seifert, 24.5.2003 7:51)
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last modified: 22.05.2003
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