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Wer der Erste war, wusste schon bald keiner mehr,
Doch wahrscheinlich der bucklige Handelsvertreter,
 Der mitten am Tag seine Kleider zerriss
 Als die schwarz-weiß gestreifte Tarantel ihn biss.
 Er hüpfte und tanzte die Straße entlang
 Wobei er mit Hüfte und Armen schwang:
 Eins und Zwei Drei und Vier Fünf Sechs tadumm
 Und bei Dreißig dann einmal im Kreise herum.
 
 So tanzt man seit jeher die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 So tanzt man seit jeher die Tarantella, die Tarantella.
 
 Der Bucklige biss einer Hausfrau ins Knie,
 Als sie an der Haustür »Ich kaufe nichts« schrie.
 Und die Frau hieb die Zähne in ihren Mann,
 Als er neben ihr lag und zu schnarchen begann.
 Und der Mann schlüpfte diesmal am anderen Tag
 Nicht dem Chef ins Gesäß sondern schnappte danach.
 Und der Chef fuhr mit gläsernem Spinnenblick
 Seiner Ehefrau während sie schlief ins Genick.
 
 Beim Leichenschmauß tanzte man die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 Beim Leichenschmauß tanzte man die Tarantella, die Tarantella.
 
 Die Frau verbrannte bis auf ihr Gebiss,
 Das der Feuerbestatter gleich mitgehen ließ.
 Er brach der Prothese die Goldzähne aus
 Und trug sie ins städtische Pfandleiherhaus.
 Der Pfandleiher, der sie recht schmuddelig fand,
 Zerschnitt sich beim Säubern an ihnen die Hand,
 Und er ließ sich dann abends beim Skatspielen gehn
 Da war's um den Finger des Kiebitz geschehn.
 
 Der tanzte besessen die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 Der tanzte besessen die Tarantella, die Tarantella.
 
 Und er riss dann am Sonntag beim Meisterschaftsspiel
 Als ein Tor gegen die schwarze Vereinsmannschaft fiel
 Dem jubelnden Sportsfreund vom weißen Verein,
 Der vor Freude hochsprang ein Stück Fleisch aus dem Bein.
 Und der fiel dann gleich über den Nebenmann her
 Und da wartete keiner der Sportsfreunde mehr.
 Ob schwarz oder weiß wurde bald einerlei
 Bei der schwarz-weiß gestreiften Tarantelei.
 
 Man tanzte verbissen die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 Man tanzte verbissen die Tarantella, die Tarantella.
 
 Von da an fehlt jede vereinzelte Spur,
 Historiker die berichten uns nur:
 Ein schwarz-weiß gestreiftes Tarantelinsekt
 So groß wie ein Fussballplatz tanzte direkt
 Zur Stadt hinaus weiter und bis an den Rand
 Jenes Kraters, der einmal beim Planspiel entstand.
 Aber achttausend Klafter der Sturz währte lang
 Und so hörte man lange noch den Gesang:
 
 Jetzt tanzen wir wieder die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 Jetzt tanzen wir wieder die Tarantella, die Tarantella.
 
 Nach zwölf Lichtjahren fand dort ein Hirte im Gras
 Einen Schneidezahn, der eine Elle maß.
 Er schnitzte sich gleich eine Flöte damit,
 Die ihm beim Flöten die Lippen zerschnitt.
 Er hüpfte zur Stadt hinein, tanzte und sprang
 Wobei er mit Hüfte und Armen schwang.
 Eins und Zwei Drei und Vier Fünf Sechs tadumm
 Und bei Dreißig dann einmal im Kreise herum.
 
 So tanzt man seit jeher die Tarantella, die Tarantella, die Tarantella,
 So tanzt man seit jeher die Tarantella, die Tarantella.
 
 
 (Franz Josef Degenhardt »Tarantella«)
 
 
 
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