Vielleicht kreiste diese Betrachtung auch hinter der Stirn der Gräfin Schliersen. Sie nahm lächelnd den Kranz vom Polster, und ehe Gisela sich dessen versah, fühlte sie die schweren, kalten Steine auf ihrer Stirn. … Sie ahnte nicht, daß ihr in diesem Moment der Preis der Schönheit und des höchsten Liebreizes von Allen stillschweigend zuerkannt wurde – sie sah auch nicht, wie ein unbezähmbarer Ausbruch leidenschaftlicher Zärtlichkeit secundenlang die düsteren Züge Oliveira’s durchstrahlte – unfern stand die schöne Hofdame, sie schüttelte unwillig die braunen Locken, der tiefste Verdruß spiegelte sich in ihren Augen und schmollte in den herabgesenkten Mundwinkeln – sie hatte bereits Rechte an das Eigenthum des Mannes dort, aber sie waren noch nicht öffentlich anerkannt; und nun mußte sie es stillschweigend leiden, daß eine fremde Stirn mit dem Diadem geschmückt wurde! Bei diesen Gedanken griff Gisela hastig nach den tödtlichkalten Steinen und legte sie mit zitternden Händen auf das Polster zurück – in Gesicht und Geberden lag der Ausdruck einer heftigen, energischen Protestation.
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