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FerdinandRaimund:
 »Hobellied« aus »Der Verschwender«
 
 
 Da streiten sich die Leut' herum
 oft um den Wert des Glücks;
 der Eine heißt den Andern dumm,
 am End' weiß keiner nix.
 Da ist der allerärmste Mann
 dem Andern viel zu reich,
 das Schicksal setzt den Hobel an
 und hobelt alle gleich.
 
 Die Jugend will halt stets mit G'walt
 in allem glücklich sein;
 doch wird man nur ein bisserl alt,
 dann find't man sich schon drein.
 Oft zankt mein Weib mit mir, oh Graus,
 das bringt mich nicht in Wut.
 Da klopf' ich meinen Hobel aus
 und denk': Du brummst mir gut!
 
 Zeigt sich der Tod einst mit Verlaub
 und zupft mich: „Brüderl, kumm!“,
 da stell' ich mich am Anfang taub
 und schau mich gar nicht um.
 Doch sagt er: „Lieber Valentin,
 mach' keine Umständ', geh!“,
 dann leg' ich meinen Hobel hin
 und sag' der Welt ade.
 
 Ein Tischler, wenn sein War' gefällt,
 hat manche frohe Stund',
 das Glück ist doch nicht in der Welt
 mit Reichtum bloß im Bund.
 Seh' ich soviel zufried'nen Sinn,
 da flieht mich alles Weh.
 Da leg ich nicht den Hobel hin,
 sag nicht der Kunst Adje!
 
  
 
 
 
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