Nach einem Schlaganfall mit daraus resultierender Schlucklähmung war mein erster Chef in der Buchhandlung auf die Ernährung mittels Magensonde angewiesen. Diese hatte auch zu festgelegten Zeiten zu erfolgen und noch während meines Bewerbungsgesprächs kam seine rund 40 Jahre jüngere Freundin mit einem Infusionsgalgen, an dem eine Plastiktüte trüben Inhaltes mitsamt Schlauch hing, den er recht routiniert mittels Öffnen eines Hemdknopfes mit einem ventilartigen etwas oberhalb des Nabels verband. Natürlich hatte er einige vorbereitende Worte vorausgeschickt und besonders eklig war das auch wirklich nicht, wie der moribunde Greis so vor mir saß, seine Reval ohne rauchte und dabei das Abendessen einnahm - für jemand wie mich, dem die Zigarette und der Schnaps danach ohnehin das schönste am Essen ist sogar ein fast zu neidendes Glück.Aber ein Satz ist mir doch im Ohr geblieben, als er nämlich während des Vorgangs nach oben zum Beutel schielte und sagte: »Na, was essen wir denn eigentlich heute? Ach, schon wieder Vanillegeschmack...«