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Wir leiden an einem seltsamen Zustand, sagt Schubert plötzlich halblaut, ein Zustand, den man fast als Krankheit ansehen kann. Eine Krankheit mit dem Namen Sprache. Nichts von alldem läßt sich sagen, was gesagt werden muß. Die Krankheit des Sprechens, des Denkens, die Krankheit der ungeklärten Begriffe. Tod heißt Sprachlosigkeit, Trennung, Abstoßung, Entfernung vom anderen.
Die Krankheit besteht in der Reduktion der menschlichen Möglichkeiten. Die Abstoßung zweier Magnetkugeln. Sprechen heißt Anziehung. Stehen die Pole falsch, das heißt, haben wir die falschen Begriffe, ist eine Berührung unmöglich. Aber auch im umgekehrten Fall ist Sprache nicht mehr als eine kurze Berührung, eine Berührung, die nicht das Wesentliche, nicht die Form ändert. Bekräftigung, Verstärkung, Einreden, Ausreden, Reden. Ein Verstärker definiert sich in der Änderung der Auftrittswahrscheinlichkeit des kontingenten Verhaltens. Das kontingente Verhalten ist die Sprache, das Sprechen. Die Sprache beeinflußt das Sprechen, das Sprechen die Sprache. Ein übler Zirkel.
(Helmut Eisendle, Jenseits der Vernunft oder Gespräche über den menschlichen Verstand, Salzburg 1976)
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