Frühling, im Wind die Weiden, Weiden, zahllose Zweige;
sechshundert Millionen in China - allesamt Shun und Yao.
Roter Regen, nach Herzenslust flatternd im Blütengewoge,
blaue Berge, nach Plänen umgewandelt zu Brücken.
Himmelnahe fünf Firne - Silberhacken drauf fallen,
erdbewegend drei Ströme - Eisenarme dran rütteln.
Erlaub die Frage, Seuchenfürst: Willst wohin denn fortgehen -
Papierboote, Kerzenlicht - leuchtende Himmelsbrände.
Jetzt wird es gänzlich sentimental, aber dieses Gedicht, den zweiten Teil des am 1. Juli 1958 gedichteten Diptychons 'Lebwohl Seuchengott' von Mao Tse–Tung, einem meiner ewigen lyrischen Favoriten, den zu entschlüsseln einem mit der chinesischen Kultur unvertrauten Menschen zuweilen in seinem Anspielungsreichtum ein wenig schwer gemacht wird, dieses Gedicht habe ich 'meiner' Weide mehr als einmal, wenn ich bei den Hundegängen am anderen Rheinufer bei Stromkilometer 748 an ihr vorbeikam, vorgetragen. Und jetzt ist sie nicht mehr, eine zweite große Freundschaft, die ich in diesem Jahr verliere. Jetzt fehlt nur noch, dass sich China zum Kristentum bekehrt.
|