Es war ein warmer Spätsommerabend. Wir saßen auf dem hohen eisenumgitterten Granitvorbau, welcher als gemeinsame Estrade vor den beiden alterthümlichen Hansahäusern, meinem und ihrem Elternhause, hinlief. Der Abendsonnenschein fiel röthlich durch Giebel und Erker auf die breite, helle Straße herab, und vom nahen St. Marienthurm klang bei jedem Stundenschlag – wir hatten gar so lange geplaudert und geträumt – das prächtige mittelalterliche Glockenspiel helltönig zu uns hernieder. Von den Tagen der frühesten Kindheit hatten wir geplaudert, da wir noch in traulicher Winterstille in der engen Mansarde oder, wenn der lustige Frühling kam, auf dem geräumigen hallenden Hofe hinter dem Hause gespielt, von den seligen Tagen der Kindheit, die nun längst dahin waren – längst; denn wir waren ja vernünftige, große Menschenkinder geworden, ich sechszehn- und sie vierzehnjährig. „Ja, was jetzt nur kommen mag?“ fragten wir uns heute; lag doch die Welt geheimnißvoll, wie ein fernherwinkendes Fragezeichen, vor uns – und was da kam, das war etwas Großes, Welterschütterndes – der erste Ball. Werner’s Fritz gab einen Thé-dansant, und wir waren dazu geladen.
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