Die Menschenrechte waren erdacht und verkündet worden als die Rechte der Grundbesitzer (ob adelig oder nicht), der Bankiers, Fabrikanten, Kaufleute, Reeder, und der Akademiker, die sich der Privilegierung des Hochadels und des Klerus entgegensetzten.
Das sie von Gestalten wie Negern, Dienstboten, Knechten und Mägden, Fabrikarbeitern, Türken, Indianern, Frauen und sonstigen Wilden in Anspruch genommen werden könnten, daran dachte niemand ernstlich.
Dementsprechend formulieren die Menschenrechte einen Anspruch, der von vorneherein nur von einer Elite einzulösen gewesen war. Man war sich einig darüber, daß sie für 80-90 % der Bevölkerung überhaupt nicht erst infrage kämen.
Das Paradoxon in der Geschichte der Menschenrechtsideologie der späten Neuzeit liegt darin, daß nunmehr dererlei Ansprüche an jeden herangetragen werden, der rein biologisch der Spezies des homo sapiens sapiens angehört - und umgekehrt von diesem an »die Gesellschaft«. In der Zeit der Auflösung der DDR war ein Transparent recht verbreitet, das »Privilegien für alle!« forderte - und damit jenes Paradoxon auf den Punkt brachte: es ist völlig unmöglich, Essentialia der Elite zu Akzidenzien des Proletariats zu machen.
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