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rf . inder, Produzent und als Inhaber aller Rechte weltweiter ELizenzgeber des Arzneimittelwirkstoffs Thalldomid war die »Chemie Grünenthal GmbH« aus Stolberg bei Aachen, ein Schwesterunternehmen der Dalli-Werke, die seit langem Putzund Körperpflegemittel herstellten. Das Pharmaunternehmen war gleich nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden. Es handelte sich bei dieser Neugründung um ein typisches Unternehmen der Periode der erneuten >Gründerzeit<. Bezeichnend ist, daß dessen Know-how zunächst allein verkörpert war in der Person des Forschungsleiters, Heinrich Mückter, und vier akademischen Mitarbeitern. Der Forschungsleiter fungierte zugleich als Produktionsleiter und war überdies Mitglied der Geschäftsleitung.
Die Dalli-Werke wie das Grünenthal-Pharmaunternehmen waren und sind bis heute im überwiegenden Besitz der Familie Wirtz, die in Stolberg ihren Familiensitz hat. Zur Zeit der Contergan-Katastrophe war Hermann Wirtz (gest. 1973), der anitierende Chef des Famillenclans, geschäftsführender Gesellschafter - faktisch fungierte er wie ein Vorsitzender des Aufsichtsrates. Er war lange Jahre auch Schatzme'ster des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie gewesen. Um die Bedeutung dieses Amtes zu ermessen, muß man sowohl die Rolle der Pharinalobby in der Geschichte des Arzneimittelrechts in Deutschland vor Augen haben als auch das Verhältnis von Wirtschaft und Politik in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Die Contergan-Katastrophe war lediglich, was das Ergebnis anging, ein bedauernswerter Ausnahmefall. Wir bewegen uns hier im Zentralbereich jener Lobby, die eine Hauptverantwortung für den im folgenden zu schildernden, im internationalen Vergleich lange Zeit >exzeptionellen< Zustand des deutschen Arzneiniittelrechts trägt.
Den hatte die erste Bundesministerin für Gesundheit, Elisabeth Schwarzhaupt, nach drei Jahren Anitsführung mit vielsagenden Worten charakterisiert: Ihre Beniühungen um ein Arzneiiiiittelrecht, das internationalen Ansprüchen genüge,
Coiitergan: I)ie (Geschichte von Macht und Nicht-Wiss
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würden von »weiten Kreisen [der CDU/CSUFraktion und auch maßgeblichen Herren der Bun als Sache von Sektierern« abgetan. (Kirk 199 Schwarzhaupt kann als gewissenssensibel gelten, als ehemalige enge Mitarbeiterin von Martin N' letzt Abteilungsleiterin im Außenamt der Evan che in Deutschland (EKD), in die Politik gegan sumee ist auch deswegen überzeugend, da sie d als feminines Feigenblatt am 14. November 196 vor der Aufdeckung des Contergan-Skandals, in 'binett Adenauers aufgenommen worden war wurde das Bundesgesundheitsrninisterium durc rung der entsprechenden Abteilung des damalige steriums Ende Januar 1962 gegründet. Bei der z schätzung handelt es sich um einen Auszug aus ei Akten ausgegrabenen, schon resignierenden Br Jahre 1965, der an den damaligen geschäftsführe zenden der CDU, Josef Hermann l@ufhues au gerichtet war. Hier wird in einem einzigen Worte gefaßt, wiejegliches Aufbegehren aus dem Motiv Schutzes gegen die selbstorganisierte Blindheit in >Stimmung( unter den politischen Spitzen wie an der Macht zum Zerschellen gebracht wird - das an Einzelheiten verdeutlicht.
Vorbereitung und Start des Contergan-Großversuchs
Zu Anfang desjahres 1954 hatte die Geschäftsleitu thals entschieden, die Herstellung von Pharmazeut gleich nach dein Zweiten Weltkrieg aufgenomme lang dominierende Penicillin-Herstellung hinaus a sich ein >zweites Bein< durch Neuentwicklung von teln zuzulegen. Der daraufhin eingestellte Pharma bert Keller entwickelte bereits im März desselben Wirkstoff Thalldomid, der umgehend, am 17. Apri
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