»Du tust mir leid!« oder »Du kannst einem nur noch leid tun!« ist eine postmoderne Formel der Verfluchung, die etwa dem atavistischen »Fahr zur Hölle!« entspricht - und damit zu einer absoluten Pervertierung ihres semantischen Inhaltes geworden ist. Mitleid kann doch sinnvollerweise nur als eine Ausdrucksform der Liebe verstanden werden: Deus Caritas est - Gott ist Liebe, spricht Benedikt XIV. so wahr. Mich deucht auch, daß der Kern der Liebe wirklich die Caritas ist - die Sorge (»care«) um irgendjemanden, ob es nun der Nächste, der Nächstbeste oder der Allerfernste ist, dem diese Liebe zuteil werden soll. Doch alldies ist Lichtjahre entfernt von dem, der da sagt: »Du kannst mir (oder «einem») nur noch leidtun!« - Denn mit diesem Ausdruck der Zuwendung, Hingabe und Liebe - wendet sich der Sprecher ja gerade von dem Angesprochenen ab, lässt ihn zur Hölle fahren, will nichts mehr mit ihm zu tun haben, verweist ihn auf eine soziale Stufe weit unterhalb der zivilisierten Menschheit ins Prekariat (sic!), mit dem man nicht mehr, sondern nur noch über das man spricht, und das allenfalls noch mit polizeilichen Mitteln verwaltet werden kann.
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