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sauerländer schrieb am 24.4. 2003 um 12:27:52 Uhr über

Jahnn

Jahnn ist ein 'ungeheuerlicher' Dichter. Fast schutzlos in seiner literarischen Unmittelbarkeit, in seinem Schmerz über das kreatürliche Leiden, über die Ungerechtigkeiten, die Zerstörung von Schönheit, wird ihm die Sprache zu einem ungefilterten Aufschrei; dann wieder glättet sie sich zu einem entrückten Pathos, voller Sprünge und Disharmonien, polyphonisch wie seine geliebten vorbachischen Meister. Ein Literaturbetrieb, der sich die Gehrockprosa eines Thomas Mann zur Norm gesetzt hat, mußte fast zwangsläufig an so einem bedroht-bedrohlichen Kraftmenschen vorbeigehen, im Gedächtnis geblieben sind allenfalls die vermeintlichen Kruditäten, wie Knabenliebe, sadomasochistische Rituale, bizarre Hormonforschungen, sein angeblicher Neopaganismus, sein unzeitgemäßes Festhalten an der vorromantischen (getösefreien) Orgel und immer wieder diese überexpressionistische Sprache, etwa der 'Medea'. Daß kleinere Werke wie die 'Nacht aus Blei' sich durchaus den Werken eines Gide oder Genet an die Seite stellen lassen, oder 'Thomas Chatterton', den Grüngens in den 50ern aus der Taufe hob, geradezu Volksstückcharakter haben, wird dabei geflissentlich übersehen. Parallelen zur Jahnn-Rezeption finden sich auch in der Bedeutung Hubert Fichtes für den Literaturmarkt, einem Schützling Jahnns, dessen Forscherleben weitgehend ausgeklammert und dessen Romane oft als schwul, d.h. Klientelliteratur von nicht allgemeinem Interesse abgestempelt werden.



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