Herren

Olle Hegel glaubte, daß sich zwischen Herr und Knecht eine Dialektik entwickelt. Wir warten bis heute auf die Aufhebung der Gegensätze. Warum? Weil einige das herrschen nicht lassen können. Aber:

Der größte Feind der Freiheit ist der Sklave, der seine Fesseln liebt.

»Herren« gibt es eigentlich nur noch als Typenbezeichnung für zumindest halböffentliche Toilettenanlagen und Konfektionsgeschäfte. Der »Herr« als Ausprägung männlicher Lebenskultur ist nahezu ausgestorben. Lediglich in den Parks gewisser von den Krankenkassen sträflich vernachlässigten Kurkliniken in ländlichen Regionen gibt es zur Zeit der Kurkonzerte in den Sommermonaten noch Restexemplare dieser Spezies zu besichtigen, die einmal stilgebend für ganze Generationen gewesen war.

Die beeindruckendste Herren-Toilette habe ich 1990 in Dresden, am Platz der Befreiung (schöner Name) kennengelernt. Ich tippe mal auf wilhelminische Zeit, allerspätestens 1920, schmiedeeiserne Fenstergitter in floralen Motiven und eine bedenklich angeschmutzte Urinalkeramik. Der Geruch? Atembetäubend. Die Besucher? Windjackenträger. Aber in ihrer nostalgischen Pracht jedem McClean überlegen. Hinterher gegürteter Lende zurück zum goldenen Reiter, das Ammoniak auslüften beim Chillout mit Elbeblick.