Nein, mit der Liebe ging es nicht. Wie er gleich bei seiner Ankunft richtig geahnt hatte: auf diesem Kalkboden wächst keine Liebe. Versuchen wirs mit der Freundschaft. Ein gewisser Andreas Wixel, Archivar, war ihm hiefür besonders empfohlen, deshalb, weil ihn Frau Direktor Wyß nicht ausstehen konnte; einen scheuledernen Andreas pflegte sie ihn zu nennen. Für diesen Andreas verspürte er jetzt, unbekannterweise, plötzlich eine stürmische Zärtlichkeit, eilte, ihn aufzusuchen, und freundete sich ihm an, ganz gerührt von seinem scheuledernen Anblick. Der Wixel wiederum war gerührt von Viktors jäher Freundschaft, und um den Freundschaftsbund einzuweihen, verabredeten die beiden auf nächsten Sonntag nachmittag einen Ausflug auf die Guggisweld. Von dort stierten sie dann den unendlichen, schauerlichen Sonntagnachmittag auf die Stadt hinunter, zwischen einem kegelnden Turnverein und einer weinerlichen Blechinusik; Viktor stockstumm, die Blicke auf die Münstergasse geheftet, der Wixel querköpfiges Zeug über den Unterschied von Goethe und Schiller von sich gebend, in unerbittlichem Klavadatsch, daß es einen zum Erbrechen hätte erbarmen mögen. Es half nichts, Pseuda mochte sagen, was sie wollte, er war wirklich ein scheulederner Andreas, der Wixel.
Carl Spitteler, Imago
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