Adam von St. Victor (gest. um 1192) Gau Tsching-Tschiu (1336-1374) SEQUENZ VON DER GEBURT DES HERRN ICH HALTE AUSSCHAU 0 Maria, stern der meere, Ich steige auf den stadtwall und blicke in die Ferne. Nach Gott einzige hoffnung, wehre Von Wind und Staub umdunkelt, Dieser zeiten untergang. verschwimmt das weite Land. Sieh, wie viele widersacher Der Strom und die Berge Schädigen mit listigem schachern umschirrnen unsere Stadt. Quälen uns mit bösem drang. Die Feuerzeichen flackern Durch dich sei uns tugend eigen, von allen Mauertürmen. Durch dich, teure Mutter, neigen Wann werden denn Sich des dämons stolz und gift: die übergriffe eingestellt? Deines sohnes huld vermehre, Von hundert Toten bleibt Daß nicht der entsetzensschwere nur eine Handvoll Erde. Kurze urteilsspruch uns trifft. Bei Tau und Regen gedeihen jetzt ringsum nur wilde Disteln auf den Hirse-Äckern. Die fernen Schlachtfelder sind nicht zu sehen. und doch begreife ich die Not der Menschen. Die Pferde scheuen im pfeifenden Westwind. Die Trommeln dröhnen bei Sonnenuntergang. Das Wasser rauscht am Fuß der Mauer hin: So strömt das Leid durch alle Zeiten fort. 43 42