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Kurz vor den letzten Weihnachtsfeiertagen war ich in Nürnberg. An einem Schaufenster fesselte mich eine Photographie, nach welcher beifolgender Holzschnitt gefertigt ist. Das Original ist ein Oelbild, welches der Hofrath Fr. C. Mayer, königlicher Professor an der Kunstgewerbeschule zu Nürnberg, im Jahre 1869 gemalt hat. Es stellt ein Nürnberger Patricier-Haus dar, aus der Zeit, wo die gothischen Formen mit der mittelalterlichen Welt bereits im Absterben begriffen waren und sich mit Formen der antiken Culturwelt mischten, welche bald genug die Alleinherrschaft errangen und den Stil des Humanismus – die Renaissance brachten. Für die Zeit, in der es entstanden, von 1533 bis 1544, war es ein Prachtbau, weil ganz in Sandstein ausgeführt, während im Mittelalter und selbst in dem prächtigen und reichen Nürnberg die Wohnhäuser zumeist aus Fachwerk gebaut waren. Die damaligen Häuser hatten nach außen, nach der Straße zu, wenig Fenster, diese klein mit runden, stark verbleiten Fensterscheiben, ein Chörlein mit reichem steinernem Bildwerk und bunten Glasfenstern und daneben ein schmales Pförtlein mit Spitzbogen. Nach außen lebte der Bürger des Mittelalters wenig; nach der Straße schloß er sich ab. Seine Behaglichkeit, seine bequeme Einrichtung, seinen anmuthenden Schmuck zeigte der deutsche Bürger im Innern seines Hauses. Wie sich hier sein ganzes Wesen aufthat, so auch sein Haus, in offenen Gängen und Treppen, in Höfen, über die ein alter Nußbaum sein dichtes Blätterdach spannte und Generation um Generation in seinem kühlen Schatten vor der Gluth des Sommers aufnahm.
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