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Sogenannte Klassefrauen
 
 (Erich Kästner)
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 Plötzlich färben sich die Klassefrauen,
 weil es Mode ist, die Nägel rot.
 Wenn es Mode wird, sie abzukauen, 
 oder mit dem Hammer blau zu hauen, 
 tun sie's auch und freuen sich halbtot.
 
 Wenn es Mode wird, die Brust zu färben, 
 oder, falls man die nicht hat, den Bauch,
 wenn es Mode wird, als Kind zu sterben
 oder sich die Hände gelb zu gerben,
 bis sie Handschuhn ähneln, tun sie's auch.
 
 Wenn es Mode wird, sich schwarz zu schmieren,
 wenn verrückte Gänse in Paris
 sich die Haut wie Chinakrepp plissieren,
 wenn es Mode wird, auf allen Vieren
 durch die Stadt zu kriechen, machen sie's.
 
 Wenn es gälte, Volapük zu lernen
 und die Nasenlöcher zuzunäh'n
 und die Schädeldecke zu entfernen
 und das Bein zu heben an Laternen,
 morgen könnten wir's bei ihnen sehn.
 
 Denn sie fliegen wie mit Engelsflügeln
 immer auf den ersten besten Mist.
 Selbst das Schienbein würden sie sich bügeln!
 Und sie sind auf keine Art zu zügeln
 wenn sie hören, daß was Mode ist.
 
 Wenn's doch Mode würde, zu verblöden!
 Denn in dieser Hinsicht sind sie groß.
 Wenn sie aufhör'n würden, Nerv zu töten,
 and're Leute anzuöden,
 wären wir das ganze endlich los. 
 
 
 
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