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Nanking ist auf Wasser gebaut, wie Rotterdam, umgeben von fruchtbaren Thälern, schwammigen Ebenen und Gewässern, die von Fischen strotzen. In südlicher Richtung weitet sich der Fluß plötzlich und bildet eine Art von See mit unzähligen Paradiesen von Inseln, in deren schattige, blüthenduftige Gartenwälder sich die Villa’s der Mandarinen mit ihrer Herrlichkeit vor dem profanen Volke verbergen. Diese Privatlusthäuser der Großen übertreffen an Ueppigkeit und Feinheit der Genüsse die europäische Raffinerie bei Weitem. Eine besondere Liebhaberei bei ihnen ist es, sich ungeheure Massen seltener, größtentheils weißer Vögel in großen luftigen Häusern hinter Gittern und Netzen zu halten, die so fein sind, daß selbst die Vögel meinen mögen, sie seien nicht gefangen. In diesen Villa’s leben, dichten und lieben die poetischen Damen China’s, Aspasia’s des Ostens, in ihrer naiven, leidenschaftlichen Sprache. Freilich erlaubt ihnen die Eifersucht ihrer Herren nicht, das Licht ihrer Schönheit und das Feuer ihrer Poesie vor der Welt leuchten zu lassen und ihre Töne verhallen in echoloser Abgeschlossenheit. Auf dem Wassergeäder leuchten und laufen die elegantesten Schiffe und Fahrzeuge der ganzen Welt. Tausende von Junken bringen fortwährend die Produkte und Fabrikate dieser Provinz bis in die entferntesten Theile des Reiches durch das ungeheure netzreiche Flußgebiet des Jang-tse-kiang, dessen natürliche Arme noch tausendfach durch wahrhafte Legionen von Kanälen vermehrt wurden.
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