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wuming schrieb am 1.7. 2007 um 00:10:32 Uhr über

Band



Die Tödliche Doris 1983 auf einer angeblichen Kirlianfotografie – v.l.n.r.: Utermöhlen, Müller, KruseDie Tödliche Doris war eine Berliner Gruppe, die 1980 von den Kunststudenten Wolfgang Müller, Nikolaus Utermöhlen und Chris Dreier als Musikband gegründet wurde und im Verlauf ihrer bis zur offiziellen Auflösung 1987 währenden Geschichte auch in Kunst, Fotografie, Filmkunst, Video, Performance und Literatur aktiv wurde.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Besetzung
2 Geschichte
3 Konzept
4 Werk
4.1 Musik
4.2 Kunst
4.3 Film
5 Werke
5.1 Diskographie
5.1.1 Kassetten
5.1.2 Schallplatten
5.1.3 Werkausgaben
5.2 Bibliographie
5.2.1 Primärliteratur
5.2.2 Sekundärliteratur
5.3 Filmographie
5.3.1 Super 8
5.3.2 DVD
6 Einzelnachweise
7 Weblinks



Besetzung [Bearbeiten]
Die Tödliche Doris 1984 in New York City1981 ersetzte Dagmar Dimitroff Chris Dreier. Nachdem diese wiederum 1982 von Käthe Kruse abgelöst wurde, hatte sich die Kernbesetzung um Wolfgang Müller, Nikolaus Utermöhlen und Käthe Kruse konsolidiert, die von 1982 bis 1984 um Tabea Blumenschein ergänzt wurde. Um 1981 war auch Wolfgang Müllers Bruder Max für eine kurze Zeit am Projekt beteiligt.


Geschichte [Bearbeiten]
Die Tödliche Doris 1987 bei ihrer AuflösungAnfangs vom Schwung des Punk, New Wave und ihrer deutschen Manifestation, der NDW, getragen, löste sich die Gruppe schnell von Kategorien und Bewegungen. Sie prägte stattdessen einen eigenen Stil, nämlich den der Genialen Dilletanten (sic), einem Begriff, der auf einen von Wolfgang Müller 1982 veröffentlichten gleichnamigen Merve-Band zurückging. Die bewusste Falschschreibung des WortesDilettantfür den Titel des Merve-Buches geht auf einen ursprünglich unbeabsichtigten Rechtschreibfehler auf dem Programmzettel desFestival der Genialen Dilletanten“ zurück.

Bei ihrer Auflösung Ende 1987das Projekt war von vorne herein auf sieben Jahre beschränkt wordenwar die Gruppe international bekannt. Ausstellungen, Filmvorführungen und Konzerte führten in zahlreiche Städte innerhalb Deutschlands und nach New York, Amsterdam, Brüssel, Basel, Helsinki, Budapest, Warschau, Wien, Paris, Bordeaux, Tokio u.a.

Nach der Auflösung bildete sichDie Schule der Tödlichen Doris“. Auf dem eigenen Label veröffentlichte Nikolaus Utermöhlen die Filmmusik „Karlsbad“ (1989), Käthe Kruse eine 12inch mit ihren Jugendsongs „Elegie im März“ (1989) und Wolfgang Müller eine LPBAT“ (1989), auf der sich die hörbar gemachten Ultraschall-Echolaute einheimischer Fledermäuse befanden. Sowohl Käthe Kruse wie Wolfgang Müller sind weiter musikalisch aktiv und pflegen auch das Werk der Tödlichen Doris. Seit 1991 erschienen in loser Folge im Berliner Martin-Schmitz-Verlag bisher 4 Bände, die das Werk der Tödlichen Doris ausgiebig bearbeiten.

Ab 2002 bot Die Tödliche Doris den größten Teil ihres musikalischen Werkes (8 Stunden) auf einer eigenen Website gratis zum Download an. Wegen neuer GEMA Bestimmungen, die das Verschenken von Musik seitens der Urheber kostenpflichtig machen, musste das Projekt im Jahr 2005 bis auf weiteres eingestellt werden. Auf Anfrage versendet Wolfgang Müller kostenlos nach wie vor, nun »privat« alle Links, die zu den Tracks führen.


Konzept [Bearbeiten]Während die meisten Künstler im Laufe ihrer Arbeit ein fest umrissenes Image, eine bestimmbare Identität aufbauen, ging Die Tödliche Doris daran, die Frage nach ihrer Identität immer wieder zu stellen und die Ausbildung dieser Gestalt zum eigentlichen Thema, zum Kern ihres künstlerischen Werkes zu machen. Auf jede registrierte Festlegung reagierte Die Tödliche Doris mit der Frage nach weiteren, anderen Möglichkeiten, gleichzeitig trug sie ihre Vorstellungen in die unterschiedlichsten künstlerischen Medien und philosophierte dabei mit deren vermuteten oder behaupteten Identität.

Das vielfältige Werk der Berliner Gruppe entstand von der Musik ausgehend und besetzte sukzessive alle Sparten der Kunst von den Medien Film, Literatur und Fotografie über Performance und Video bis hin zu Malerei und Plastik.


Werk [Bearbeiten]
Musik [Bearbeiten]Die Tödliche Doris hat in der Zeit ihrer Existenz zahlreiche Kassetten und LPs in Auflagen zwischen 20 und 3000 Stück veröffentlicht, darunter auch eineunsichtbare“, die entsteht, wenn man die LPssechsundUnser Debut“ gleichzeitig auf den jeweiligen A- und B-Seiten abspielt, Text und Musik sind genau aufeinander abgestimmt und fügen sich sekundengleich ineinander. Auch musizierte Die Tödliche Doris mit Gehörlosen oder engagierte Unterhaltungsmusik-Combos von der Künstlervermittlung des Arbeitsamts (die Gerry Belz Showband), die zu Noise-Tapes dann live musizierten (1984). Eines der bekanntesten Stücke der Band, „Tanz im Quadrat“, wurde im Jahr 2001 von der Band Stereo Total als Popversion gecovert. Andreas Dorau coverte 2003 den Doris-Song »Aus dem Hinterhaus«.

Auch nach ihrer Auflösung erschienen regelmäßig weitere Veröffentlichungen der Tödlichen Doris, insbesondere beachtenswert sind dabei zwei Werkausgaben, die die seltenen Kassetten erstmals auf Vinyl zugänglich machten („Angeldustbzw. „Strudelsölle“).

2006 wurde die erste LP der Band » « als DVD wiederveröffentlicht - sämtliche Texte und die Musik nun vollständig in Gebärden umgewandelt. Die Uraufführung der DVD »Gehörlose Musik - Die Tödliche Doris in gebärdensprachlicher Gestaltung« fand im Berliner Gehörlosenzentrum in der Friedrichstraße statt.


Kunst [Bearbeiten]
Die Chöre und Soli-BoxEines der frühesten Kunstwerke der Tödlichen Doris ist die seit 1979 erarbeitete und 1981 in Kiel, Düsseldorf und Wolfsburg ausgestellte Konzeptarbeit „Material für die Nachkriegszeit“. Das Werk besteht aus Hunderten von ursprünglich weggeworfenen und von den Urhebern meist zerrissenen Automaten-Passbildern, die rekonstruiert und wie ein Puzzle zusammengefügt wurden, begleitend entstand dazu auch ein gleichnamiger Film, der erstmals 1981 auf der Pariser Biennale gezeigt wurde. Als Variation dieses Themas entstand 1983 der FilmDer Fotomatonreparateur“, der weggeworfene, abgefilmte Testfotos des für die Reparatur der Passbildautomaten verantwortlichen Mechanikers zeigt. Er nimmt deutlich die Idee ausDie fabelhafte Welt der Amelievorweg.

Als Teilnehmer der Ausstellung Der Hang zum Gesamtkunstwerk von Harald Szeemann performte die Gruppe Silvester 1983/84 im Berliner Delphi-Kino. Mitte 1984 erschien dann unter dem Titel „Chöre und Solieine grüne Box, in der sich acht Miniphon-Schallplatten, ein batteriebetriebenes Abspielgerät und ein Begleitbuch befinden, diese » ... witzige Verfremdung der beiden wichtigsten Geräte des Musikkonsumenten ... « [1] ist heute ein gesuchtes Sammlerstück.

1985 erarbeitete sie eine Serie von 44 abstrakten Gemälden, funktionierend nach dem Daumenkino-Prinzip, die sie zusammenfassend 1987 in einem Band unter dem TitelDie Gesamtheit allen Lebens und alles Darüberhinausgehende“ veröffentlichte. Seit 1991 veröffentlicht der Berliner Martin Schmitz Verlag regelmäßig Bücher mit und über das Werk der Gruppe.

Die Tödliche Doris war Teilnehmer der documenta 8 in Kassel. Das Museum of Modern Art in New York, das Musée d'Art Moderne Paris sowie zahlreiche weitere Museen weltweit luden die Gruppe zu Auftritten und Filmvorführungen ein.


Film [Bearbeiten]Der Berliner Hauptstadtkulturfonds ermöglichte im Jahr 2003 die Restaurierung und Archivierung sämtlicher Super-8-Filme, die die Gruppe zwischen 1980 und 1987 gedreht hat, insgesamt über 7 Stunden Material. Seitdem sind die Filme in digitaler Form wieder öffentlich zugänglich, wenn auch nur in indirekter Form, da die Auflage auf sieben Exemplare begrenzt ist. Als erste öffentliche Sammlung erwarb im Jahr 2004 die Stiftung Moritzburg/Halle die DVD für das Landesmuseum von Sachsen-Anhalt, im Jahr 2005 der Hamburger BahnhofMuseum für Gegenwart in Berlin.

Auch die Super-8-Originale befinden sich zum Teil in Museen. Der FilmTapete“ (27 Min.) befindet sich als 16mm-Kopie in der Sammlung der Design-Universität von Kobe, Japan, „Das Leben des Sid Vicious“ (12 Min.) als Videokopie in der Videosammlung der Hamburger Kunsthalle.


Werke [Bearbeiten]
Diskographie [Bearbeiten]
Kassetten [Bearbeiten]„Der Siebenköpfige Informator“, Berlin 1980
Das typische Ding“, Berlin 1981
„Tabea und Doris dürfen doch wohl noch Apache tanzen“, Berlin 1981
Die Tödliche Doris bewirbt sich um einen Sitz im Berliner Senat“, Berlin 1981
Helgoland 23. Juli 1983“, Berlin 1984
Die Über-Doris/The Super-Doris“, (gesprochen von David Steeves, deutsch / englisch), Berlin 1986
Live SO 36, 19. November 1982“, Berlin 1986, (von der DTD gebootlegtes Bootleg)
„Chöre & Soli live im Delphi-PalastSilvester 1983/84“, Berlin 1986

Schallplatten [Bearbeiten]„s/t“ (bekannt als: 7 tödliche Unfälle im Haushalt), 12" Maxi, Hamburg 1981
s/t“, LP, Hamburg 1982
„Chöre & Soli“, 8 Miniphonplatten mit Abspielgerät, Batterie und Buch in Box, Berlin / Düsseldorf 1983
Naturkatastrophen“, Katalog & Single, Berlin 1984
Unser Debut“, LP, Düsseldorf 1985
sechs“, LP, Düsseldorf 1986
„Liveplaybacks“, LP, Berlin 1986
Unser Debut + sechs“, Doppel-LP, Tokio 1986
Die unsichtbare 5. LP materialisiert als CD“, CD, Berlin 1993
„Kinderringellreihen für wahren Toren des Grals“ (“Nursery Rhymes for true Fools of the Grail”), CD, Washington 2002
„Fallersleben“, LP, Friedrichshafen 2004
Zwei Herzen“, 7inch, Friedrichshafen 2004
Welten – Worlds – Ohontsa'shón:'a“, LP, Friedrichshafen 2005

Werkausgaben [Bearbeiten]„Angeldust“, Doppel-LP in Box, Deutschland 2003
„Strudelsölle“, 6-fach-LP in Box, Friedrichshafen 2004

Bibliographie [Bearbeiten]
Primärliteratur [Bearbeiten]„Chöre & Soli“, Düsseldorf/Berlin 1983 (Begleitheft zum gleichnamigen Tonträger, auch als Einzelveröffentlichung)
„Nahrungszubereitung für den Hungernden“, Berlin 1985 (Mehrsprachige Broschüre mit Texten, Fotos, Zeichnungen und einem Pressespiegel zu allen Veröffentlichungen, Konzerten und Performances bis 1984)
Die Gesamtheit allen Lebens und alles Darüberhinausgehende“, Darmstadt 1987 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung mit 44 Abbildungen)

Sekundärliteratur [Bearbeiten]„Die Tödliche Doris, Band 1“, Kassel 1991
Die Tödliche Doris, Weißer Burgunder aus Schweigen“, dts-engl., Kassel 1993
Doris als Musikerin, Die Tödliche Doris, Band 2“, Berlin 1999
Die Tödliche DorisKUNST (Die Tödliche Doris, Band 3)“, Berlin 1999
Die Tödliche DorisKINO (Die Tödliche Doris, Band 4)“, Berlin 2003

Filmographie [Bearbeiten]
Super 8 [Bearbeiten]„Sabineaus meinem Tagebuch“, 10 Min., 1980
Material für die Nachkriegszeit“, 25 min., 2. dramatisierte und gekürzte Fassung: 9 min., beide 1981
Das Leben des Sid Vicious“, 12 min., 1981
„Energiebeutel und Zeitblase“, 12 min., 1981
Fliegt schnell laut summend“, 10 min., 1981
Niemand sieht die Blindschleiche“, 3 min., 1981
Das Graupelbeerhuhn“, 20 min., 1982
Berliner Küchenmusik“, 5 min., 1982
„Textfilm“, 3,5 min., 1983
Die Tödliche Doris live auf Helgoland, 23. Juli 1983“, 6 min., 1983
Blumen am Grab des Vaters“, 12 min., 1983
Der Fotomatonreparateur“, 2 min., 1983 Hier online.
LIVE“, 2,5 min., 1983
„Wasserballet“, 3 min., 1984
Tapete“, 23 min., 1984
„Mädchenherzen“, 3 min., 1984
Kulisse“, 60 min., 1984
Tanz 2“, 0,5 min., 1984
Zwei Witwen“, 2,5 min., 1984
Die Tödliche Doris“, 9 min., 1984
Zoom“, 2,5 min., 1985
Die unsichtbare 5. LP materialisiert als Super-8-Film“, 3 min., 1985
Städte“, 105 min., 1987 (Der darin enthaltene „Städtefilm New York“ hier online).
Unbefleckte Empfängnis“, 1 min., 1986 (Episode in JesusDer Film)
Die Gesamtheit allen Lebens und alles Darüberhinausgehende“, 1,83 Sekunden, 1987
Eine Frau zur selben Zeit an einem anderen Ort“, 9 min., 1987

DVD [Bearbeiten]„Gehörlose Musik/Deaf Music: Die Tödliche Doris in gebärdensprachlicher Gestaltung“, DVD und Buch, Berlin 2006

Einzelnachweise [Bearbeiten]↑ tell 5, März 1984, zitiert nach: Nahrungszubereitung für den Hungernden, a.a.O.

Weblinks [Bearbeiten] Commons: Die Tödliche DorisBilder, Videos und Audiodateien

Homepage der Tödlichen Doris
Homepage von Wolfgang Müller
Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Die_T%C3%B6dliche_Doris“
Kategorien: Neue Deutsche Welle | Deutsche Band



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