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Mcnep schrieb am 15.8. 2001 um 13:45:47 Uhr über

Proust

Die Natur scheint kaum befähigt zu sein, etwas anderes als verhältnismäßig kurze Krankheiten hervorzubringen. Aber die Medizin hat die Kunst erworben, sie in die Länge zu ziehen. Die Heilmittel, die Linderung, die sie verschaffen, das Unbehagen, welches sich einstellt, wenn man in ihrem Gebrauch nachlässig wird, bringen eine Kopie der Krankheit zustande, welcher die Gewöhnung des Patienten eine gewisse Festigkeit und Form verleiht, ebenso wie Kinder regelmäßig noch lange an periodischen Hustenanfällen leiden, nachdem sie vom Keuchhusten geheilt sind. Dann wirken die Mittel weniger, man steigert die Dosis, man erreicht nichts Gutes mehr damit, sondern in Gestalt jener nun Dauer gewordenen Indisposition etwas Schlechtes. Die Natur hätte diesen Zuständen eine so lange Dauer nicht zugestanden. Es ist ein großes Wunder, daß die Medizin, die hierin der Natur gleichkommt, uns zwingen kann, das Bett zu hüten und bei Todesstrafe den Gebrauch eines Medikamentes unbedingt fortzusetzen. Von da an schlägt die künstlich aufgepfropfte Krankheit Wurzel und ist zu einer sekundären, doch wirklichen Krankheit geworden mit dem einzigen Unterschied, daß die natürlichen Krankheiten heilen, niemals aber die, welche die Medizin hervorbringt, denn das Geheimnis der Heilung ist ihr nicht bekannt.

Marcel Proust: AdSndvZ (Die Gefangene), S. 3002 ff


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