|
Ganz kurz musste ich denken: hätte ich das, was ich von Vera erfahren habe, schon früher gewusst - hätte ich dann vergangene Nacht Friedrich (wir schliefen zum ersten Mal zusammen) nicht noch viel mehr geliebt?
Oscar, Veras Mann, ging gleich nach dem Frühstück (und machte an dem Tag das Geschäft seines Lebens). Auch Friedrich war schon fort (Schule), und so waren Vera und ich allein.
»Ich bin gar nicht seine Mutter!«
(Sondern Mathilde, eine Französin. Erfuhr ich das da zum ersten Mal?)
»Ich muss dich lieben, weil du Friedrich so liebst! - Was er schon alles über dich erzählt hat!«
Ein Chorleiter, der Choräle von Bach oder Pergolesi einstudiert, wird manchmal nach seinem Glauben gefragt.
So erst neulich Carlos-Antonio: »Crees en Dio, Carl?« (Deutsch traut er sich nicht immer zu).
So muss mich auch Friedrich einst gefragt haben. Ich antworte immer mehr oder weniger dasselbe - meine ganze Theologie besteht aus 2 oder 3 Axiomen.
Nie bin ich sicher, ob ich auch verstanden werde.
Friedrich scheint aber exakt berichtet zu haben, und zumindest Vera hat verstanden.
Er hatte Vera auch diesen träumerischen Gedanken vorgetragen, den er auch mir, aber viel später erst, offenbart hat: dass »in seinem früheren Leben« er, Friedrich, meine Mutter war, und ich, Carl, sein Kind.
Eng umarmt saßen wir, Vera und ich; in kürzester Zeit erfuhr ich alles. Mussten wir nicht fast weinen.
|