Mein Lieblings-Brief ist derjenige von Machiavelli an Vettori vom Dezember 1513. Er ist ganz leicht zu ergooglen. Um ihn zu verstehen, bedarf es nur weniger Infos, die ich hiermit zuteil werden lassen will:
Machiavelli war ein hoher Beamter einer kurzlebigen Republik Florenz gewesen, der nach der Rückkehr der Medici auf sein »Landgut« ausserhalb der Stadt verbannt worden war, zu dem auch eine »Schenke« gehörte - eine Art Strausswirtschaft - die in dem Brief auch erwähnt wird. Unmittelbare Not litt er nicht, er musste nicht körperlich arbeiten, aber er »stand halt da«, nachdem er zuvor mit Kaisern, Königen und Päpsten verhandelt, »große Politik« gemacht hatte. Das »Gutshaus« inklusive der Schenke ist übrigens erhalten und kann besichtigt werden.
Der Holzeinschlag, den er hatte vornehmen lassen, sollte eine drückende Steuerschuld tilgen.
Sein Freund Vettori hatte es besser getroffen - er war Botschafter des mediceischen Florenz beim Papst.
Das kleine Buch, von dessen Fertigstellung berichtet wird, ist der berühmte »Fürst« - »Il principe«, mit den sich Machiavelli bei den Medici einzuschmeicheln versuchte - erfolglos.
Dieser wunderbare Brief zeigt aber auch, daß der Fortschritt zwischen 1513 und 2020 nur recht relativ erscheint.
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