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Die Einträge zum Stichwort Sprachverfall sind ein gutes Beispiel dafür, wie ein Thema zum Anlaß genommen wird, sich in den Dienst der herrschenden Klasse zu stellen oder sein VHS–Wissen doch zumindest einer rückwärtsgewandten Clique von Sprachreinhaltern anzudienen. Ist eine Debatte über Nationalsprachen schon ohnehin stets in Gefahr, Austragungsort gefühliger Schlachten um ein dumpf erahntes patriotisches Erbe zu werden, so fällt als weiteres Merkmal auch die pennälerhafte Arroganz auf, mit der neben den Anglismen, willkommene Spielwiese des Antiamerikanismus dumpfbackigster Prägung, auf die Sprache der Unterschicht, in den letzten Jahrzehnten besonders der ausländischen Jugendlichen Bezug genommen wird. Und da bleibt es auch nicht beim Sichlustigmachen über einen durch soziokulturelle, bildungspolitische und ökonomische Einflüsse teils verknappten, teils gruppendynamische kodifizierten Sprachgebrauch - als Beispiele finden sich stets in vorderster Linie die klassischen Wasgucksu und Ischmachdischplatt-Floskeln, wie sie einer bornierten, doch selbst tagtäglich von der Verelendung bedrohten ungefestigten Mittelschicht seit Jahren über die Hofnarren des Humors in der Idiotenlaterne eingehämmert werden, auf diese Weise ihr Scherflein zu einer Entsolidarisierung beitragend, an deren Ende zur Freude der Mächtigen, in deren Stammbuch mit güldenen Lettern das divide et impera geprägt ist, ein beherrschtes Volk steht, das in Ermangelung relevanter humaner Werte seine Identität in der korrekten Beherrschung einer normierten Hochsprache sieht, die über die Jämmerlichkeit der eigenen Existenz hinweggetäuscht, wenigstens all jene zu verachten gelernt hat, die im Rennen um Juniorprofessur und Ich–AG ohnehin keine Chance hatten; man weiß ja jetzt, warum: es ist die Schuld von dem fehlerhaften Genitiv.
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