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Lion Feuchtwanger (1884-1958)
LIED DER GEFALLENEN (1915)
Ist auferstanden heute.
Mein Sohn ist auferstanden? Es dorrt die Haut von unsrer Stirn.
Wer kann die Hoffnung hegen? Es nagt der Wurm in unserm Hirn.
Sein Name ist zuschanden Das Fleisch verwest zu Ackergrund.
In unsern blutigen Land" . . Stein stopft und Erde unsern Mund.
- Dein Sohn ist auferstanden! Wir warten.
Wir sind des Todes Blumen: Das Fleisch verwest, es dorrt das Bein.
Aus Blut und schwarzen Krumen Doch eine Frage schläft nicht ein.
Des Schlachtfelds wir erstanden. Doch eine Frage wird nicht stumm
Es schweigen breite Weiten, Und wird nicht satt: Warum? Warum?
Wo Feld und Grab sich eihten. Wir warten.
Die Blumen bleich verstummen:
0 helft, ihr ]3enedeiten! Staub stopft und Erde uns den Mund.
Doch unsre Frage sprengt den Grund
Und sprengt die Scholle, die uns deckt,
Und ruht nicht, bis sie Antwort weckt.
Charies Harnilton Sorley (1895-1915) Wir warten.
AN DEUTSCHLAND Wir warten, denn wir sind nur Saat.
Die Ernte reift. Die Antwort naht.
Weh, wen sie trifftl Heil, wem sie frommt!
Auch ihr seid blind wie wir. Denn keiner ",n Die Antwort zögert, doch sie kommt.
Euch Unheil, gierte je nach eurem Land. Wir warten.
Doch in des eignen Raums und Denkens Bann
HintaUmein wir in blindem Unverstand.
Ihr saht nur eure ZLk,nft unverwandt,
Und wir des eignen Wollens steilen Plan -
So stehn wir uns im Weg und, haßentbrannt,
Fall'n wir, Verblendete, uns tödlich an.
Wenn Friede ist, erst dann fischt Trug und Schein;
Dann schaun wir uns're wahrere Gestalt
Verwundert, und, Versöhnte, reichen bald
Wir uns die Hand und lachen alter Pein -
Wenn Friede ist. Bis dahin herrscht Gewalt,
Wird Sturm und Finster, Flut und Donner sein.
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